Acornas Heimkehr
mir die Folter der Khleevi zugefügt hat, bestand in dem Wissen, dass sie ihre Grausamkeit beabsichtigt hatten und sich an meinen Schmerzen weideten.
Sie haben die Schmerzen sogar vorsätzlich vergrößert. Bei dir hingegen weiß ich, dass du sie mit mir teilen und mir helfen wirst, sie zu ertragen.«
»Vielleicht sollten Maati, Sie und die anderen Damen jetzt besser gehen«, riet Becker Acorna.
Die Antworten brauchte sie nicht zu übersetzen. Maati schüttelte den Kopf und klammerte sich an Aari fest.
Großmama verkündete schlicht, in klarer Gedankensprache, ohne zu zögern oder irgendwelche Einwände gelten zu lassen, sodass sogar Becker sie verstehen konnte: (Ihre Rücksichtnahme auf unser Zartgefühl ehrt Sie, Kapitän. Aber Aari wird unseren Beistand jetzt mehr denn je brauchen. Wir werden in ständiger telepathischer Verbindung mit ihm bleiben, während Sie Ihre Aufgabe erfüllen. Auf diese Weise wird er womöglich sehr viel weniger Schmerzen spüren.) Becker nickte. Die anderen Ärzte begannen heftig zu protestieren, doch Bidiila rief sie scharf zur Ordnung, und obwohl sie entsetzt den Blick abwendeten, als Becker seine Brechstange in die Hand nahm, blieben sie daraufhin doch in der Nähe. Aari legte sich auf einen Tisch. Großmama, Acorna und Maati blieben dicht bei seinem Kopf stehen; ihre Hörner berührten sein Gesicht und seinen Hals, und ihre Hände lagen auf seinen Armen und Schultern. Becker ließ ohne jede Furcht oder Zimperlichkeit und mit der gleichen Effizienz, mit der er irgendein verbogenes Blech in Form gehämmert hätte, das schwere Werkzeug zielsicher auf den verwachsenen Teil von Aaris Bein niedersausen. Mit einem von einem schrillen Pfiff begleiteten Aufstöhnen stieß Aari die Luft wieder aus, die er angehalten hatte. Doch da waren die Mediziner auch schon zur Stelle, legten ihre Hörner auf die frische Bruchstelle und drückten das Bein fachgerecht in die richtige Stellung, sodass es sauber ausgerichtet wieder neu zusammenwachsen konnte.
»Alles in Ordnung, Kumpel?«, fragte Becker Aari mit sanfter Stimme.
Unter großen Mühen antwortete Aari: »Ja.« Und schon einen Augenblick später, nachdem er ein paar Mal tief Luft geholt hatte, fügte er hinzu: »Jetzt mein linkes Bein bitte, Joh.«
Maati hatte ihr Gesicht in seiner Mähne vergraben, und Acorna sah, dass ihn die Reaktion seiner Schwester weitaus mehr beschäftigte als seine Schmerzen. Dank ihres gemeinsamen Hornauflegens erreichten ihn diese nur stark gedämpft und waren ohnehin verschwindend kurz, verglichen mit den Qualen, die er hatte erdulden müssen, weil er mit schief zusammengewachsenen Knochen, verdrehten Sehnen und atrophierten, überbeanspruchten Muskeln hatte herumlaufen müssen. Jeder weitere Korrekturbruch und die nachfolgende Heilung ließen ihn leichter atmen, obgleich ihnen allen, insbesondere Aari und Becker, der Schweiß in Strömen aus jeder Pore rann. Schlimmer war fast, dass das schreckliche Geräusch von Aaris brechenden Knochen stets von dem hohen, unheimlichen Wehklagen des Makahomanischen Tempelkaters übertönt wurde, der sich unter den Tisch gekauert hatte, auf dem Aari litt.
Die ganze Behandlung dauerte mehrere Stunden, und Acorna war mittlerweile sehr erschöpft, genau wie Großmama. Acorna konnte sehen, dass Großmamas Horn und die Hörner der Ärzte allmählich immer durchsichtiger wurden, genau wie es bei ihrem der Fall gewesen war, als sie nach der Schlacht um Rushima all die im Kampf gegen die Khleevi Verwundeten geheilt hatte.
Aari schlug die Augen immer erst wieder auf, wenn er sich von dem vorangegangenen Knochenbruch erholt hatte. Becker funktionierte wie eine Maschine, zwar mit zusammengebissenen Zähnen, jedoch stets mit eisern beherrschter, allzeit sanfter und besorgter Stimme, wenn er mit Aari oder irgendeinem der anderen sprach. Er wusste, dass er seinem Freund nur Schmerzen bereitete, um seine Heilung zu ermöglichen, und musste sich eisern im Griff halten, damit ihm nicht jeder Schlag fast ebenso viele Qualen bereitete wie Aari.
Als sie schließlich fertig waren und Aari sich aufsetzte, jetzt aufrecht und einen Kopf größer, ging Acorna zu Becker und legte ihm ihr Horn auf die Stirn.
»Danke, Khornya«, sagte Aari. »Ich wünschte, ich könnte das auch tun. Du bist ja völlig ausgelaugt.«
»Wir sind alle ausgelaugt«, stellte Großmama fest.
Der Kater schoss unter dem Tisch hervor. Maati fing ihn ein, nahm ihn fest in die Arme und besänftigte ihn mit einer Berührung
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