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Acornas Heimkehr

Titel: Acornas Heimkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne McCaffrey , Elizabeth Ann Scarborough
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vermissten Linyaari, als ihre Verwandten und Lieben sich vorstellten, wie sie auch diese zu Grabe tragen müssten. Der Kummer um die längst verstorbenen Artgenossen machte nur einen Teil des hier betrauerten Verlustes aus. Die auf dem Planeten zurückgebliebenen Linyaari weinten ebenso ob künftiger wie ob vergangener Tode, ihre Trauer mischte sich mit der Angst um die vermissten Ehemänner und -frauen, Väter und Mütter, Söhne und Töchter, Brüder und Schwestern. Acorna verspürte plötzlich eine allumfassende Fürsorge für ihr Volk, fühlte sich für ihren Schutz verantwortlich, wünschte sich, dass sie etwas, irgendetwas, tun könnte, um zu helfen.
    Aari stand wie versteinert da, während in stillem Gedenken Hornberührungen ausgetauscht wurden. Und dann begann, unverkennbar auch für ihn selbst völlig überraschend, ein Wehklagen aus ihm aufzusteigen, leise zuerst, dann jedoch anschwellend und wieder abfallend, bis es sich in eine Melodie verwandelte und Acorna erkannte, dass er sang. Als er zur ersten Chorzeile gelangte, erhoben sich auch andere Stimmen, um in sein Lied einzufallen, die Stimmen der älteren Linyaari, und dann, etwas zögernder, auch ein paar der Jüngeren, um ihr Klagelied für die Vermissten wie für die Toten gemeinsam zum Himmel emporschallen zu lassen.

    Wo wirst du äsen, da dein Heim nun ist leer?
    Ich seh dich nicht länger, wir spielen nimmermehr.
    Nie mehr zusammen bei Tag und auch nicht bei Nacht.
    Fort ist dein Lachen, fort deiner Augen Macht.

    Dein Horn, nun so stumpf, nicht erfreut mehr mein Herz, vermag nicht zu lindern dieser Trennung Schmerz.
    Ich such dich in der Stille und in der Menge Lärm und such dein Antlitz in der Wolken Form.

    Ist das dein Lachen, das des Baches Plätschern erhellt, aus dem wir gemeinsam tranken, als grün war unsere Welt?
    Meine Farben sind dunkel nun, da du bist fort und ich nicht mehr kann hören deiner Stimme Wort’.

    Es heißt, du lebst in den Gedanken und Träumen mein und dass eines Tages du wirst wieder geboren sein.
    Meine Tränen aber fließen, bis du wieder bist bei mir, und schwellen an zum Strom, den ich benenne nach dir.

    Der Gesang setzte sich während des gesamten Begräbnisses fort, und auch beim Nächsten und wieder Nächsten, bis die Toten auch des letzten Klans bestattet waren. Der Trauerzug endete schließlich vor dem Hinterausgang von Großmamas Pavillon, wo sie und Maati neben den Begräbniskörben von Großvater Niciirye und Aaris und Maatis Bruder Laarye standen. Großmama stimmte in den Gesang ein und Maati auch. Ihre Tränen waren nicht von dem Regen zu unterscheiden, der an ihren Gesichtern herunterrann, als die Körbe schließlich sanft in den Boden hinabgelassen wurden.
    Auch Acorna hatte mit ihrem Volk gesungen, als die Strophen ein ums andere Mal wiederholt wurden, von keiner anderen Musik begleitet als dem rhythmischen Stapfen der harten Linyaari-Füße über den durchweichten Boden und dem Aufprall des Schlammes, den sie auf die in die Gruben versenkten Körbe hinunterfallen ließen.
    Sie weinte ebenfalls, um die Eltern, die sie nur so kurz gekannt hatte, um Delszaki Li und um all die Kinder, die sie nicht hatte retten können. Vor allem jedoch vermochte sie nun endlich nachzuempfinden, was diesen Ort so kalt und fremd und unnahbar gemacht hatte: dass ihrem Volk das Herz aus der Brust gerissen worden war, als die Linyaari die Kontinuität ihrer Ahnenreihen im Stich hatten lassen müssen, als sie gezwungen waren, ihre alte Heimat zu verlassen. Acorna weinte für die kleine Maati, die, abgesehen von Großmama und ihrem seltsamen, traurigen Bruder, ganz allein auf der Welt war. Am meisten jedoch weinte sie für Aari selbst. Für Aari, dem Qualen widerfahren waren, die kein anderer Linyaari jemals erlitten hatte, und der sie doch überlebt hatte, der allein gelassen worden war und alles verloren hatte, was ihm jemals lieb und teuer gewesen war, einschließlich eines lebenswichtigen Teils seiner selbst. Und dessen größte Sorge, als sich ihm endlich die Chance geboten hatte, sich in Sicherheit zu bringen, nicht ihm selbst gegolten hatte, sondern der Rettung der Gebeine seines Volkes. Acorna war sich ziemlich sicher, dass er, wenn er sich nicht dieser Aufgabe verpflichtet gefühlt hätte, möglicherweise nie zu seinem Volk zurückgekehrt wäre.
    Als die letzten Takte des Totenlieds zusammen mit dem Regen im Boden versickerten, stellte Acorna fest, dass die Leute jetzt dichter beieinander standen; Männer und Frauen

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