Acornas Heimkehr
weiß wie ihre weltraumfahrenden Reisegefährten, sondern hatte eine tiefrote Körperfarbe, mit einer stattlichen schwarzen Mähne. Andere in der Menge waren schwarz, braun, golden mit weißem Haar, oder grau mit Haupthaaren, die leicht mit einer dunkleren Tönung gesprenkelt waren.
Neeva lächelte ihr zu, als sie ihren Gedanken auffing. »Du hast nicht gewusst, dass es uns in verschiedenen Farben gibt?«
Mehrere der Grasenden warfen ihnen verdutzte Blicke zu und sahen dann höflich wieder weg.
»Wir sollten uns jetzt entweder mit gesprochenen Worten unterhalten, oder du musst deine Gedanken enger bündeln und ganz auf mich konzentrieren, mein Liebes«, forderte Neeva Acorna auf. »Du sendest nämlich ziemlich stark, weißt du, und wirst den halben Planeten an deinen innersten Gedanken teilhaben lassen, wenn du nicht aufpasst.«
»Entschuldigung. Es wird wohl noch eine Weile dauern, bis ich mich daran gewöhnt habe, meine Gedanken so im Zaum zu halten, dass nicht jeder mithören kann. Ich weiß immer noch nicht so recht, was oder auch nur wann ich sende.«
»Du bist eine sehr starke Telepathin, Liebes, auch wenn dir das alles noch ziemlich neu ist. Du neigst dazu – nun, manchmal brüllst du ein bisschen. Die meisten Leute werden zwar nicht absichtlich in deine Gedanken eindringen, aber du musst versuchen, deine telepathische Signalkraft besser zu kontrollieren. Hier ist es nicht mehr so wie an Bord unseres Raumschiffes, wo wir anderen auf Grund der langen Zeit, die wir in enger Gemeinschaft verbracht haben, in ständigem telepathischem Einklang miteinander standen. Die Leute hier auf Narhii-Vhiliinyar hingegen pflegen die Gedankensprache meist nur innerhalb ihrer eigenen Verwandtschaftsgruppen oder unter engen Freunden zu benutzen. Bei Ereignissen wie diesem hier verwenden sie in der Regel die Lautsprache, sowohl um ihre eigene Privatsphäre zu wahren, als auch um zu vermeiden, unfreiwillig in die Gedanken von anderen einzudringen. Die meisten würden ebenso wenig versuchen, deine privaten Gedanken mitzuhören, wie sie versuchen würden, deine laut ausgesprochenen, aber privat gemeinten Kommentare zu belauschen.«
»Ich werde versuchen, künftig besser aufzupassen«, versprach Acorna bedächtig und beobachtete, wie sowohl weiße als auch farbige Linyaari sich mit überkreuzten Beinen auf die Wiese setzten oder sich einfach flach auf den Boden legten und sich weiterrollten, um an einem neuen Fleck zu knabbern, wenn sie ihren alten Platz abgegrast hatten.
Niemand schien sich auch nur im Mindesten daran zu stören, wenn dabei seine Kleidung schmutzig wurde. Acorna beschloss, dass es Zeit für einen Themenwechsel war.
»Niemand hat mir gegenüber je erwähnt, dass es die Linyaari in verschiedenen Farben gibt. Ich war etwas überrascht, das ist alles. Du und alle anderen Linyaari, denen ich bis heute begegnet bin, sind weiß, genau wie ich. Deshalb habe ich einfach angenommen, dass wir alle die gleiche Farbe hätten.«
Neeva machte ein missmutiges Gesicht. »Die Färbung unserer Körper, oder besser, deren Farblosigkeit, bei jenen unter uns, die den Weltraum bereisen, war noch bis vor kurzem etwas, worauf wir sehr stolz waren. Es zeigt unseren Leuten, wer und was wir sind und wo wir gewesen sind. Die Weißfärbung wird bei uns auch ›das Sternenkleid anlegen‹
genannt, denn wir tragen dadurch das Weiß und Silber der fernen Sterne. Ein Raumfahrer oder eine Raumfahrerin legt seine oder ihre einstige Naturfarbe ebenso stolz ab, wie ein heranwachsendes Kind seine oder ihre Spielsachen beiseite legt. Wir wissen zwar nicht genau warum, aber die natürliche Körperfarbe eines Liinyar bleicht im Laufe seiner oder ihrer ersten Fahrt zu den Sternen stets zu Weiß aus.«
»Das ist also nicht genetisch bedingt, wie die Hautfarbe bei den Menschen?«, fragte Acorna.
»Nicht die weiße Färbung, nein«, bestätigte Neeva. »Seit der Evakuierung allerdings, während derer auch viele Linyaari, die es vorgezogen hätten, ihre ursprüngliche Pigmentierung beibehalten zu können, diese unfreiwillig verloren haben, wurde das Sternenkleid, zumindest in manchen Kreisen, zunehmend als eine Abnormität angesehen, die man behandeln müsse. Unsere Wissenschaftler wurden sogar aufgefordert, die Entfärbung als ein ›Leiden‹ zu erforschen. Soweit ich gehört habe, vertreten sie inzwischen die These, dass der Farbwechsel durch eine Kombination mehrerer Faktoren bewirkt wird: der während einer interstellaren Raumreise über
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