Acornas Heimkehr
Probe!) Hoppla! Sie war sich sicher, dass sie ihre Mutmaßung weder besonders laut gedacht noch sie bewusst ausgestrahlt hatte, und es schien auch niemand anderes ihren Gedanken aufgefangen zu haben. Die Ahnin aber, auf der Acorna ritt, wandte den Kopf ein Stück weit um, verdrehte ein Auge zu ihr her, starrte sie ziemlich herausfordernd an und schnaubte.
Der Betreuer der Ahnin bemerkte das Augenrollen. Er beschleunigte seinen Schritt, begab sich von der Seite zum Kopf seines Schützlings, streichelte die Nase der Ahnin und warf Acorna einen vorwurfsvollen Blick zu.
In diesem Moment erreichte die Reiterschar die ersten Bauten der Linyaari-Siedlung. Da der Raumhafen in so unmittelbarer Nähe lag und sie zur Viizaar gebracht werden sollten, nahm Acorna an, dass dieser Ort wohl die Hauptstadt des Planeten sein musste, obwohl er gar nicht besonders groß zu sein schien.
Die zirkuszeltähnlichen Gebäude der Stadt ballten sich um ein noch größeres, zentrales Zirkuszelt. Rings um die hohe Mittelspitze dieses Zelts erhoben sich wiederum zeltähnliche Türme aus dem Hauptdach, die genau aus der Mitte der jeweiligen Dachbahndreiecke entsprangen. Aus unmittelbarer Nähe betrachtet, ähnelten die Behausungen von Kubiilikhan jedoch weniger Zelten als vielmehr Pavillons, wie Acorna sie in Vids über mittelalterliche Nomadenlager auf der antiken Erde gesehen hatte. Jeder Pavillon war, genau wie die Gewänder der Einhornbetreuer und der Ahnen selbst, in einem anderen leuchtenden Farbton gehalten und verschwenderisch mit Schleifen, Bändern, Bannern, Bordüren, Fransen und Quasten aus kontrastierenden Metallen, Geweben oder Tauen geschmückt.
Die Pavillons besaßen keine Fenster der Art, wie Acorna sie gewohnt war. Doch jede Wandfläche der vieleckigen Rundformzelte war von einem großen, bogenförmig überdachten, nach außen hin offenen Zugang durchbrochen, und bei manchen Pavillons hatte man einige Wandabschnitte sogar ganz entfernt.
»Schauet das wundervolle Kubiilikhan, unsere größte Stadt, geehrte Dame«, forderte der Einhornbetreuer sie auf.
»Sie ist – sehr farbenprächtig«, antwortete Acorna höflich.
Und versuchte auch haargenau das Gleiche zu denken. Der Betreuer legte seine Stirn dennoch ein wenig in Falten, was bedeutete, dass ihr einige ihrer geheimen Erwägungen offenbar doch entschlüpft sein mussten. »Aber bei Regen müsst ihr doch schrecklich unter der Feuchtigkeit leiden.«
Maati, die an der Spitze der Prozession dahingetrabt war, hatte sich etwas zurückfallen lassen und lachte nun auf: »Nicht doch, warte nur, bis du absteigst. Verzeih mir, Urgroßmutter, aber das muss sie einfach sehen!«, meinte das Mädchen mit einem liebevollen, aber nicht übermäßig ehrerbietigen Klaps auf die Nase von Acornas Einhorn. Die Ahnin schnaubte, allerdings recht warmherzig, dachte Acorna. Ganz so, wie eine nachsichtige Großmutter sich einem geliebten, wenn auch ungestümen Enkelkind gegenüber verhalten würde.
Acorna stieg mit einem dankbaren, an das Einhorn gerichteten Hornnicken ab, das sie ihrerseits jedoch ignorierte.
Sie folgte Maati, die jetzt mit der Hand über eine Wand des großen purpurnen Pavillons strich, die wie Seide aussah. »Fühl mal!«, forderte Maati sie auf.
Acorna streckte die Hand aus und berührte das Gewebe.
Überrascht stellte sie fest, dass es hart und unnachgiebig war.
Als sie mit einem Fingerknöchel dagegen klopfte, vernahm sie einen metallisch hellen Klang. »Es ist fest?«, fragte sie.
»Ja, und man kann seine Poren so öffnen, dass es mühelos Luft durchlässt – aber keine Feuchtigkeit.«
»Und euch wird nicht kalt, im Winter – ihr habt doch eine kalte Jahreszeit hier?«
»Sicher, uns wird kalt, wenn wir draußen grasen. Aber danach können wir einfach wieder reingehen, die Zeltklappen schließen und die Wandgewebeporen so einstellen, dass sie die Luft erwärmen, wenn sie ins Innere strömt. Sehr wissenschaftlich, das alles«, erläuterte sie, als hoffte sie, dass dies Acorna gefallen würde.
»Das ist es gewiss«, pflichtete ihr Acorna bei.
Neeva winkte sie ins Zelt. »Komm mit, Khornya. Liriili ist keine sonderlich geduldige Person.«
Acorna folgte ihr, mit Melireenya und Khaari im Schlepptau.
Maati hastete nach vorne, um sich vor Neeva an die Spitze zu setzen, und während sich Acornas Augen noch an das trübere Licht im Innern des Pavillons gewöhnten, hörte sie Maati bereits sagen: »Große Viizaar Liriili, ich bringe Ihnen Visedhaanye ferilii Neeva, die
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