Acornas Heimkehr
»Und, sag mal, ich dachte, ich hätte dich auch wieder erkannt. Aber wenn du der Kerl bist, den ich meine, dann siehst du ein bisschen verändert aus. Du bist doch Joe Becker, oder?«
»Joe, Jonas, wie du willst«, antwortete Becker. »Stimmt, der bin ich: Becker. Weißt du, was? Gerade ist mir eingefallen, warum mir die Namen dieser Steine da, die ich mir erst vor ein paar Stunden angeschaut habe, so bekannt vorkamen. Was hießen die noch mal? Giloglit, Bairdit und Nadezdit?«
»Stimmt genau«, sagte Reamer. »Die stammen aus neuen Gesteinsablagerungen, die von diesen Kindern da oben auf Maganos entdeckt wurden, und sind nach den Onkeln der Dame benannt. Siehst du den hier, mit dem Rot und Gelb drin, das ein bisschen wie ein Schottenkaro aussieht? Der ist nach Calum Baird benannt, der ist ein kaledonischer Kelte, genau wie ich. Wir waren mal im selben Geologiekurs. Der serpentinfarbene Stein heißt nach diesem irischstämmigen Partner von Calum, Declan Giloglie. Und der Auffällige hier hat den Namen seiner Neureichheit höchstselbst, des Erben und jetzigen Geschäftsführers des Hauses Harakamian, Rafik Nadezda.«
Becker grinste. »Hab ich’s mir doch fast gedacht! Also hat ihn Rafiks Onkel jetzt endgültig zum Erben eingesetzt, wie?
Dabei habe ich nie sagen können, ob er den alten Mann nun eigentlich gehasst oder bewundert hat.«
»Ein bisschen von beidem, schätze ich. Du kennst die Burschen also?«
»Klar doch, wir sind einander schließlich jahrelang um dieselben Felsbrocken herum hinterhergejagt. Allerdings haben sie nach unbewohnten Planeten gesucht, während ich nach bewohnten oder früher mal bewohnten Welten Ausschau gehalten habe. Insofern sind wir einander nicht allzu sehr in die Quere gekommen.«
SB hatte den Edelstein, mit dem er die ganze Zeit gespielt hatte, inzwischen vom Tisch hinuntergefegt und vergnügte sich nun mit einem Bindfaden, den Deeter vor ihm herumbaumeln ließ.
Becker hob den Kristall vom Boden auf. »Und wie hast du den hier genannt?«
»Das ist Acornit.«
»Woher stammt er? Von einem Planeten, auf dem alles pflanzliche Leben gleichzeitig auch mineralisch ist? Kann man daraus womöglich bereits versteinerte Eichen wachsen lassen?«
Eine Sekunde lang war Reamers Gesicht völlig Verständnis-und ausdruckslos, dann grinste er und gluckste.
»Nein, du Dummkopf«, antwortete an seiner Stelle das kleine Mädchen. »Weißt du denn gar nichts? Der iss natürlich nach unserer Dame benannt!«
»Ich dachte, sie heißt Epona…«, wunderte Becker sich.
»Sofern wir dieselbe Dame meinen, heißt das. Mir hat man nämlich erzählt, dass das auf Maganos die Dame Epona gewesen sei, und ihr habt doch gesagt, dass Gill und Calum und Rafik sich dieser Tage auch dort rumtreiben.«
Auf diesen Einwand hin wirkte das kleine Mädchen plötzlich etwas verunsichert und wandte sich Hilfe suchend zu ihrem Vater um, der erläuterte: »Nicht doch, das ist sozusagen nur einer ihrer Titel. Siehst du, sie und der alte Herr Li – er ist übrigens dieses Jahr gestorben, wusstest du das?«
»Delszaki Li ist gestorben? Verdammt, und ich dachte, der würde ewig leben, trotz des Schwebestuhls.«
»Nein, am Ende hat es ihn doch erwischt. Wie sich herausgestellt hat, war er der Kopf der Befreiungsbewegung, der wir Kezdets Rettung verdanken. Li hatte schon einiges an Grundlagenarbeit für die Revolution geleistet, aber richtig Bewegung kam erst in die Sache, als Gill und seine Kumpel die Herrin hier runterbrachten. Sie wusste zwar nicht viel über Politik, aber eines wusste sie genau: dass sie es einfach nicht mit ansehen konnte, wie Kinder in die Sklaverei verkauft wurden. Sie hat gerade mal etwa ein Jahr gebraucht, um die Schmuddelhäuser und den Rattenfänger zu Fall zu bringen und das Ausbildungs- und Bergbauzentrum auf Maganos hochzuziehen. Natürlich hat es geholfen, dass sie außerdem ein Bündnis zwischen den Häusern Harakamian und Li geschmiedet hat, sodass sie fast unbegrenzte Finanzmittel zur Verfügung hatte. Jedenfalls sind die Kinder regelrecht abergläubisch, was sie betrifft, und einige von ihnen haben sogar geglaubt, sie wäre eine Art Göttin – je nachdem, was für eine Religion es da gegeben hat, von wo sie hergekommen waren. Also nennen sie sie Epona, Dame Lukia oder die Herrin des Lichts. Ihr richtiger Name aber ist Dame Acorna Harakamian-Li.«
»Vielleicht sollte ich mal bei meinen alten Kumpels vorbeischauen«, meinte Becker. »Diese Dame würde ich zu gerne kennen lernen. Ich
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