Acornas Heimkehr
wiederholte: »Ich bin sicher, dass du das bist, mein Liebes. Aber du bist in unseren Sitten und Gebräuchen noch nicht bewandert genug, um eine so delikate Mission wie diese zu unternehmen, die großes Fingerspitzengefühl verlangt. Und auf der Rückreise wird wahrscheinlich ohnehin kein Platz für dich an Bord sein. Oder für Thariinye, was der Grund ist, warum wir auch ihn nicht mitschicken werden. Deshalb könnt ihr zwei jungen Leute ebenso gut gleich hier bleiben und euch eine schöne Zeit machen. Den Empfang zu verschieben ist zudem schwerlich möglich. Hier haben sich alle so sehr abgemüht, ihn vorzubereiten, dass viele, viele Leute bitter enttäuscht sein würden, wenn du nicht zugegen wärst. Geh also jetzt mit Maati, sei ein braves Mädchen.«
»Entschuldigen Sie meine Beharrlichkeit, Viizaar, aber worum geht es denn bei dieser Mission?«, ließ Acorna sich nicht beirren. »Vielleicht könnte ich helfen. Ich habe viele gute Freunde in hohen Stellungen.«
Die Viizaar bedachte sie mit einem übertrieben geduldigen Blick. »Das mag ja alles sein, Khornya. Aber wen auch immer du kennst und was auch immer du vorher getan hast, ist ohne jeglichen Belang für diese Mission, deren Natur ich nicht mit dir besprechen kann, weil du in der Kunst der mentalen Verständigung einfach nicht erfahren genug bist. Man hat mich nämlich verlässlich informiert, dass du in unbedachten Momenten sogar deine flüchtigsten Überlegungen über den ganzen Planeten ausstrahlst. Du könntest auf diese Weise Informationen enthüllen, die ich zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht verbreitet wissen möchte. Während der Abwesenheit deiner Tante kann Thariinye deine Ausbildung in unseren Kommunikationsarten und -sitten fortsetzen. Jetzt geh bitte mit Maati und mach dich frisch. Es ist nicht mehr viel Zeit, bevor deine Schiffskameraden wieder fort müssen, und ich muss sie noch einweisen. Vertraulich.«
»Jawohl, Herrin«, fügte sich Acorna widerwillig, wobei sie sich mehr wie ein Schulmädchen fühlte, als sie dies jemals in dem Alter getan hatte, in dem sie eines hätte sein können.
»Entschuldigen Sie, Liriili«, meldete sich Neeva zu Wort und unterschlug in ihrer Verärgerung den Amtstitel der Würdenträgerin. »Ich würde mich gerne noch von meiner Nichte verabschieden, ehe wir wieder in den Weltraum zurückgeschickt werden – sofern Sie noch ein paar Augenblicke erübrigen könnten, bevor Sie uns unseren Auftrag erläutern. Ich habe dreieinhalb Ghaanyi darauf warten müssen, sie zu finden, und wer weiß, wie viel Zeit nun abermals vergehen wird, bevor ich sie wieder sehe!«
»Na schön, aber machen Sie’s kurz, bitte. Wir haben viel zu besprechen«, gab Liriili nach und wandte ihre Aufmerksamkeit sodann den anderen Anwesenden zu.
Nachdem sie Acorna aus dem Pavillon nach draußen begleitet hatte, berührte Neeva mit ihrem Horn das ihrer Nichte, und Acorna umarmte ihre Tante impulsiv so fest, als wolle sie sie nie mehr loslassen, was sie in der Tat auch am liebsten getan hätte.
Neevas Augen waren voller Tränen, als sie schließlich doch wieder eine Armeslänge voneinander entfernt standen. »Oh, diese unerträgliche Frau!«, verwünschte sie die Viizaar.
»Wenn das hier nicht eine wirklich wichtige Mission ist, werde ich sie vor dem Rat zur Rechenschaft ziehen lassen!«
»Du meinst wirklich, dass sie dich ohne guten Grund wieder hinausschicken würde?«, wunderte Acorna sich. »Wo du doch gerade erst so lange fort warst?« Sie runzelte die Stirn. »Ich dachte, dass man, wenn doch jeder die Gedanken und Gefühle des anderen lesen kann, freundlicher miteinander umgehen würde.«
»Das tun wir auch, aber mit den Eifersüchteleien und Unsicherheiten und dem ganzen anderen Ballast, den man eben so mit sich herumschleppt, wenn man ein empfindungsfähiges Intelligenzwesen ist, müssen wir uns gleichwohl immer noch herumschlagen. Und Liriili hat von diesen Gefühlen erheblich mehr abbekommen als nur einen gerechten Anteil. Sie ist zwar keine wirklich schlechte Person und kann außerdem sowieso nicht viel anstellen, ohne dass es vorher vom Rat abgesegnet werden muss. Aber sie ist unserer Familie ganz und gar nicht wohl gesonnen. Ich bezweifle zwar, dass sie versuchen würde, dir vorsätzlich Schaden zuzufügen, aber zähle andererseits auch nicht darauf, dass sie dir helfen wird. Geh ihr einfach so weit wie möglich aus dem Weg, bis wir wieder zurück sind, wenn du kannst.«
»Ich werde mir Mühe geben, Neeva. Aber komm bitte
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