Acornas Welt
umgeben von einem sehr hellen Licht, als hätte sie vielleicht Strahlung aufgenommen, und schaute ihn mit einer Sehnsucht an, die jener gleichkam, die er immer verspürte, wenn er sie ansah.
»Khornya«, sagte er, als sie nichts sagte. »Khornya, ist alles in Ordnung? Greifen die Khleevi an?« Er drehte sich nach Thariinye um, weil er ihn wecken und warnen wollte, doch dieser lag nicht auf seiner Matte. Das war nicht ungewöhnlich für Thariinye. Er war in letzter Zeit häufig weg gewesen, war mit Übersetzungen und Evakuierungsplänen beschäftigt, und offenbar auch damit, mit Frauen zu schäkern, auch wenn sie der falschen Spezies angehörten – nur, um in Übung zu bleiben, sagte er.
Khornya antwortete ihm nicht direkt, sondern sagte stattdessen etwas sehr Seltsames. Aari dachte, es könnte vielleicht ein Code sein, doch wenn dem so war, dann hatte ihm niemand den Schlüssel dazu gegeben.
»Wie ich dich liebe?«, fragte sie auf Linyaari. »Lass es mich dir sagen. Ich liebe selbst die Ionen, die sich hinter deinem Schiff streuen. Ich liebe den Duft der Körner, an denen du dich labst. Ich liebe die – «
»Wirklich?«, fragte Aari, der begriff, dass ihre Äußerungen irgendwie als Kompliment gemeint waren, wenn auch nicht sonderlich verständlich. Offensichtlich handelte es sich nicht um einen Code, sondern um ihre eigenen aufgestauten Gefühle. Sie deklamierte mehr, als dass sie sprach, und er konnte ihre Gedanken überhaupt nicht lesen. Andererseits war das ohnehin öfter der Fall. »Aber… ich habe doch kein Horn.«
»Ich liebe das Horn, das du nicht hast, und das Horn, das du einmal hattest, und das Horn, das du wieder haben wirst«, fuhr sie fort, statt ihm zu antworten. »Komm, Liebster, gehen wir in eine abgeschiedene Laube und machen es uns dort schön, wenn du verstehst, was ich meine.« Sie zwinkerte ihm zu, was überhaupt nicht zu ihr passte, und zog die silbrig weißen Brauen hoch. Er fragte sich, ob jemand in Hafiz’ Gärten vielleicht aus Versehen das Zeug angepflanzt hatte, das in den antiken Zane-Grey-Romanen vom Wilden Westen immer als
»Narrenkraut« bezeichnet wurde.
Entweder das, oder das hier war ein seltsames weibliches Paarungsritual, von dem seine Mutter ihm versehentlich nichts erzählt hatte. Nun, jetzt war keine Zeit mehr, sie zu befragen.
Khornya schwebte bereits davon, und er konnte sie auf keinen Fall in einem solchen Zustand durch diesen riesigen fremden Gebäudekomplex irren lassen. Jemand würde das vielleicht ausnutzen. Er stand auf und folgte ihr.
Sie trieb vor ihm her wie eine jener ektoplasmischen Wesenheiten der von Gespenstern heimgesuchten Ruinenwelt von Waali Waali, zu der ihn seine Eltern einmal mitgenommen hatten, als er noch klein gewesen war. In der Frühzeit der Terraform-Technologie hatte eine mächtige Firma Planeten hastig einer Terraformung unterzogen, große Städte errichtet und ganze Zivilisationen dorthin transplantiert, wo sie dann für Äonen wuchsen und gediehen, liebten und Kriege führten. Und dann wurde die Terraformung instabil, Polkappen schmolzen, Meere gefroren, Vulkane brachen aus, und der Boden riss auf und bebte. Die Städte wurden zerstört, die Bewohner getötet, doch die Schwerkraft hielt sie an der Oberfläche fest, die selbst noch in den Ruinen eine unauslöschliche Erinnerung an die ehemalige Großartigkeit ihrer Städte wahrte. Eine ähnliche, greifbarere Erinnerung gab es auch an ihre Bewohner, nunmehr körperlose Geister, die ein Gefäß für ihre Wiedergeburt suchten und auf dieselbe Weise durch die Ruinen flackerten, wie Khornyas weiße Gestalt abwechselnd aufglühte und dann wieder beinahe verblasste, während sie durch die kunstvoll angelegten Gassen von Hafiz’ Anlage schwebte.
Aari konnte nichts tun, als ihr zu folgen. Wind und Regen von Dr. Hoas künstlich geschaffenem Monsun durchtränkten seine Mähne, seine Schritte klickten rasch über Kopfsteinpflaster, durch schmale Gassen und an Türen vorbei, die von dunkelsamtigen Teppichen und Decken verhängt waren, deren Muster im Licht der Holo-Fackeln der Hauptstraßen kurz golden aufblitzten. Plötzlich sah er, wie Khornyas Gestalt in einem Eingang verschwand, der von einem Wasserfall schimmernder Perlen verborgen war. Schnell schritt er selbst hindurch.
Er fand sich in so etwas wie einem Labyrinth wieder, nur dass es hier statt kahler Wände Vorhänge, Decken, Teppiche und Perlenschnüre gab, und einmal die Flanke eines großen grauen Tieres mit flappenden Ohren,
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