Acqua Mortale
schaute ihn fast spöttisch an. Den Deutschen. »Schade«, sagte sie. »Sie sollten es sich überlegen. Und was haben Sie sonst zu bieten?«
Lunau listete auf, welche Hinweise er gefunden hatte. Dany war enttäuscht. Sie verabschiedete sich gegen Mitternacht, umarmte Lunau und sagte: »Sie sollten es sich noch einmal überlegen.«
»Gute Nacht.«
Nachdem sie gegangen war, fing er an, verschiedene Wörter und Silben aus Zappaterras Audiofiles zu kombinieren. Mit Hilfe der Digitaltechnik konnte man sogar einzelne Laute kopieren und verschieben, Hall und Raumwirkung korrigieren. Lunau setzte einen Satz zusammen, hörte ihn sich immer wieder an, feilte noch ein bisschen an den Obertönen, und am Ende war dieManipulation perfekt. Er bouncte das File und kopierte es in ein neues Sequenzer-Projekt. Nun waren auch alle Spuren der Bearbeitungsschritte getilgt.
»Ihr wisst, wie ihr das Problem Lunau zu lösen habt. Eliminiert ihn«, sagte Zappaterra.
Es war halb zwei, als Lunau mit der Arbeit fertig war. Er steckte noch einmal seinen Internet-Stick an, um seine Mails zu kontrollieren. Von der Sekretärin aus dem Sender waren inzwischen vierzehn Nachrichten eingegangen. Er hatte nicht den Mut, sie zu öffnen. Er surfte eine Weile auf Nachrichtenseiten, las ein paar Meldungen von Solidarnews , und als sich endlich ein Gefühl von Müdigkeit einstellte, ließ er sich auf das Bett fallen und schlief sofort ein.
Am nächsten Morgen wurde er von einem Anruf geweckt. Dany.
»Und, haben Sie noch gearbeitet letzte Nacht?«
»Ja.«
»Ist es etwas geworden?«
Er brummte nur.
»Spielen Sie es mir einmal vor.«
»Nein. Ich bleibe dabei. Wir verwenden es nicht.«
»Es ist unsere einzige Chance.«
»Nein.«
»Ich habe dafür noch etwas für Sie.«
Sie verriet nicht, worum es ging, wollte es per Mail schicken. Er gab ihr die Adresse und ging frühstücken. Als er später die Mail öffnete, fand er eine weitere Verbindungsübersicht, die mit der aktuellen Festnetzrechnung gekommen war. Wieder viele Telefonate mit Pirri, Gasparotto und Di Natale. Wieder kein Beweis. Er schrieb ihr zurück, dass er in dem Material keine neue Qualität entdecken konnte. Dann schlug sein Virenschutz Alarm und meldete eine Phishing-Datei, die angeblich sein Betriebssysteminfiziert habe. Man empfahl ihm, die Datei zu löschen, aber er traute dieser Empfehlung nicht. Er fuhr den Rechner herunter und rief Balboni an. Er fragte nach neuen Hinweisen. Es gab keine. Nur das graphologische Gutachten, das bestätigte, dass Pirri den Brief selbst geschrieben hatte. Unter großer Anspannung, aber das sei bei bevorstehendem Suizid nur verständlich.
76
Die Corelli-Brüder saßen in ihrem Büro, nebeneinander, mit verschränkten Armen, in milchigem Licht. Die Scheibe, die Lunau eingeschlagen hatte, war mit Plastikfolie verklebt.
»Kommt nicht in Frage«, sagte der um drei Minuten Ältere.
»Es ist Ihre einzige Chance, jemals an Geld zu kommen.«
»Wenn die Mühle bezahlt ist, dann kann sie meinetwegen vom Gelände, vorher nicht.«
»Sie haben über zwei Jahre in dieses Projekt investiert.«
»Eben. Wir haben gratis geschuftet, man hat uns den Hangar abgefackelt. Bei uns bekommt keiner mehr Kredit. Vito stieg als Süditaliener bei der Mentalität hier nicht durch, wie wollen Sie da etwas bewerkstelligen?«
»Seine Frau will zu Ende bringen, was Di Natale angefangen hat.«
Die beiden schauten sich an. »Und warum ist sie dann nicht hier?«
Lunau hatte der Wahrheit ein bisschen auf die Sprünge geholfen. »Sie müssen nichts weiter tun als mich bis in die Flussbiegung bei Polesella zu schleppen. Dort verankern Sie die Mühle mit mir, und dann sind Sie raus aus dem Spiel. Es ist völlig ungefährlich. Oder haben Sie selbst dafür den Mut nicht?«
Die Miene der beiden wurde grimmig. »Sie nehmen das Maul ein bisschen voll.«
»Zappaterra hat bei Ihnen einen Brand gelegt, Zappaterra hat Giuseppe Pirri und Vito Di Natale umgebracht, das kann Ihnen doch nicht gleichgültig sein.« Lunau wurde laut.
»Ist es uns nicht«, sagte der Jüngere, der einen Brieföffner auf der Spitze kreisen ließ, indem er den Griff zwischen den Fingern drehte.
»Das ist Sache der Polizei«, sagte der Ältere, »und damit basta.« Er stand auf, um zu signalisieren, dass die Unterredung beendet war.
»Die Polizei hat nicht einmal den Brand bei Ihnen aufgeklärt. Ich muss Zappaterra aus der Reserve locken.«
»Sie meinen, er soll auch noch die zweite Mühle abfackeln?«
»Das
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