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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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was Lunau nervös machte. Eine Geste, die Italiener so häufig verwendeten, dass sie wie ein Tick wirkte. Dany fing zu weinen an. Die dürren Schlüsselbeine zittertenin dem Kimono, und dann wurde sie von heftigen Konvulsionen geschüttelt.
    »Es tut mir so leid. Er war ein großartiger Mensch.«
    Lunau spürte das Bedürfnis, sie in den Arm zu nehmen oder sie zu schütteln. Er berührte ihren Nacken.
    »Haben Sie das der Polizei gesagt?«
    »Wozu sollte ich?«
    »Es ist für die Ermittlungen wichtig. Mit was für einem Auto war Di Natale an den Lido gekommen?«
    Sie hob den Blick und zögerte.
    »Er muss doch einen Wagen dabeigehabt haben.«
    Wieder dieses Achselzucken.
    »Als ich wegfuhr, war Vito noch unten am Wasser. Ich habe kein Auto gesehen.«
    »Und wo sind Sie danach hingefahren?«
    »Ich habe mich mit jemandem getroffen.«
    »Mit wem?«
    Sie biss sich auf die Lippen und schüttelte den Kopf. »Mit dem Mann, dessenthalben Sie sich von Vito getrennt haben?«
    Sie reagierte nicht.
    »Ich finde alleine raus«, sagte Lunau und schaute sich noch einmal die Arbeitsplatte in der Diele an, auf der Dany in wenigen Minuten eine ganze Palette an Gaumenfreuden bereitet hatte. Freuden, die sie sich versagte. Warum?
    »Eine Frage noch.«
    Dany war hinter ihn getreten und hielt inne. Im Gegenlicht, das aus dem Zimmer kam, zeichnete sich die Silhouette ihres grazilen Körpers unter dem Kimono ab. Lunau dachte wieder an das Tablett mit dem Imbiss, den Zappaterra ihm angeboten hatte. Kaffee und Tee.
    »Arbeiten Sie auch für Zappaterra?«
    Sie nickte.
    »Auch an jenem Donnerstagabend?«
    »Ich arbeite jeden Vormittag beim Schifffahrtsamt, nachmittags in der Sandgrube.«
    »Ist das erlaubt?«
    Wieder Danys Achselzucken. »Offiziell sind Nebenbeschäftigungen von Angestellten öffentlicher Behörden verboten oder genehmigungspflichtig. Aber wie soll dir eine Behörde, die dir 520 Euro zahlt und keine Festanstellung gibt, verbieten, dass du etwas dazuverdienst? Unsere Chefs bekommen das Zehn- oder Fünfzehnfache und sitzen außerdem in einem Dutzend Aufsichtsräten.«
    »Haben Sie zu Zappaterra ein rein professionelles Verhältnis?«
    Sie runzelte die Brauen.
    »Er war der Grund, dass Sie mit Di Natale gebrochen haben?«
    »Ich war sehr offen zu Ihnen, wie ich finde.«
    Lunau schaute ihr in die Augen, der Lidschatten war dick aufgetragen, die Wimpern geschwärzt, die Brauen gezupft. Ihr Blick war unsicher, Lunau musste nur ein bisschen grob werden, und sie würde vielleicht alles preisgeben.
    »Keine Antwort ist auch eine Antwort«, sagte er.
    Sie widersprach nicht. Als Lunau auf den Hausflur trat, verstummten die beiden Klatschweiber und lächelten ihn verlegen an. Er lächelte zurück, mit so viel Erleichterung und Dankbarkeit, dass die Damen den Kopf schüttelten, als er im Aufzug verschwunden war.
32
    Amanda wartete in ihrem Minicooper und ließ das Seitenfenster herunter. Sie hatte vierzehn Zigaretten geraucht und bekam jetzt Kopfschmerzen. Sandro Massari war Brigadiere, er war bei dem Einsatz der Dienstälteste gewesen. Sein Haus lag direkt über dem schilfbewachsenen Kanalufer, an dem tagsüber die Rentner auf Klappstühlen saßen und angelten. Massaris Familie war zu Hause, Massari nicht.
    Amanda stellte Musik an, ließ den Sitz ein wenig nach hinten klappen und schloss die Augen. Wenn Massari zu Hause zu Abend essen wollte, musste er langsam kommen. Der Bass pochte in Amandas Bauchmuskeln und an ihrem Hinterkopf. Marcos Stimme drang aus den Lautsprechern in den Seitentüren, und sie sah die Falte, die sich an seiner Nasenwurzel bildete, wenn er rappte, die Backen, die rot glühten und ihn fast pummelig aussehen ließen.
    Durch ihre geschlossenen Lider wanderte ein Lichtschein. Sie öffnete den Wagenschlag und sah, wie sich ein ferngesteuertes Tor öffnete, ein Auto in die Einfahrt rollte und in einer Garage verschwand. Der Mann, der unter der Laterne an der Haustür erschien, wirkte ebenso muskulös wie speckig, und er wirkte älter als 35 Jahre.
    »Herr Massari!«, rief Amanda vom Törchen aus.
    Der Mann drehte sich blitzschnell um, starrte Amanda aus zusammengekniffenen Lidern an und sagte barsch: »Wer sind Sie?«
    »Kann ich kurz mit Ihnen sprechen?«
    »Sie haben meine Frage nicht beantwortet. Was wollen Sie?«
    Er hatte mit einem Blick kontrolliert, ob Amanda allein war. Dann entspannte er sich ein wenig und kam durch den Vorgarten.
    »Du bist doch die kleine Schiavon! Hast du nicht schon genug Ärger

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