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Acqua Mortale

Acqua Mortale

Titel: Acqua Mortale Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Foersch
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im Querformat, die nicht funktionierende Klingelanlage,die unverschlossene Metalltür am Treppenaufgang D. Der Aufzug funktionierte, Lunau fuhr hinauf in den siebten Stock. Ein Geruch von billigem Waschpulver und Hühnerbrühe hing in der Luft.
    Lunau drückte auf die Klingel. Laute Discomusik aus den Achtzigern drang durch die Furniertür. Lunau klingelte erneut, die Musik verstummte. Schritte, Dany schaute wohl durch den Türspion, dann öffnete sie einen Spalt.
    »Was wollen Sie denn hier?«
    »Ich muss Ihnen etwas beichten.«
    »Ach ja?«
    »Ich bin kein deutscher Kollege Di Natales. Mein Name ist Kaspar Lunau, ich bin Journalist und recherchiere zu Vitos Tod.«
    Sie winkte ab. »Geschenkt.«
    Lunau war erstaunt, dass sie ihm die Lüge nicht übel nahm. Sie trug einen schwarzen Kimono aus Kunstseide, auf dem Rücken einen Drachen, der sich wild gebärdete und Feuer spie. Die dünnen blassen Waden endeten in rosa Pantoffeln. Sie ging den kurzen Weg voraus. Vorbei an einer Kochnische in das einzige Zimmer, Wohn- und Schlafraum in einem.
    Am Fenster stand ein großes Doppelbett, mit bunten Fliegennetzen, die zum Baldachin angeordnet waren. In der Zimmermitte ein Esstisch mit zwei Stühlen, davor eine Sitzecke, Flachbildfernseher und Stereoanlage. Danys Leben spielte sich auf 32 Quadratmetern ab.
    »Ich brauche nicht viel«, sagte sie wie zur Entschuldigung.
    Lunau nickte. Er selbst wohnte in einer ehemaligen Remise. Die Dependance auf einem Villengrundstück im gutbürgerlichen Westen der Stadt. Ein einziger großer Raum, ohne Komfort. Aber groß genug für einen Menschen, und vor allem still. Wenn er morgens aufwachte, sah er den Kiesplatz, alte Bäume und manchmal den Fahrer, der den weißen Rolls Royce für den einstigenBühnenstar aus der modernen Doppelgarage holte. Dany sah auf ein verlassenes Gewerbezentrum, dessen sämtliche Scheiben man eingeworfen hatte. Auf der Umgehungsstraße staute sich der Verkehr. Samstag nachmittag, die Leute fuhren einkaufen.
    »Wie lange ging das schon so zwischen Ihnen und Di Natale?«
    Sie zuckte mit den Achseln. »So anderthalb Jahre.«
    »Die Sache war also unwichtig für Sie?«
    »Wie kommen Sie darauf ?«
    »Die Frauen, die ich kenne und schätze, können sich an bestimmte Details ganz genau erinnern.«
    »Es fing vorletztes Jahr nach dem Sommer an. Er kam aus dem Urlaub, aus seinem sizilianischen Heimatdorf, und auf einmal war alles ganz anders.«
    »Inwiefern?«
    »Sein Blick, seine Stimme, wenn er mir einen Auftrag gab. Und dann …«
    »Ja?«
    »Plötzlich schienen unsere Körper anders aufeinander zu reagieren. Wissen Sie, was ich meine?«
    Lunau nickte. Er dachte an Kerstin, eine rothaarige Praktikantin, die man zu ihm ins Büro gesetzt hatte. Eine von vielen. Aber die erste nach dem Bruch mit Jette. Er merkte damals, wie sich seine Arme oft unwillkürlich in ihre Nähe bewegten. Kleine, unscheinbare Gesten, keine Zudringlichkeiten, kein bewusstes Austarieren von Grenzen. Es geschah wie von selbst. Papiere, an denen man gemeinsam arbeitete, wanderten besonders oft von Hand zu Hand, die Ellbogen berührten sich häufiger, die Blicke verweilten ein wenig länger auf dem anderen. So als hätte man allem, was man sagte, noch etwas hinzuzufügen. Er war sich damals sicher, das beruhe auf Gegenseitigkeit, heute war er es nicht mehr.
    »Setzen Sie sich doch. Wollen Sie einen Kaffee oder Tee?«
    »Gern.«
    Sie verschwand in der Diele, Lunau betrachtete die Kunstdrucke an den Wänden. Klimt und Renoir. Selbst die Originale hätten Lunau auf die Stimmung geschlagen. Das Sofa war weich, die Kissen bunt. Auf dem Doppelbett lag eine Tagesdecke, deren Pastelltöne sich mit allem anderen bissen.
    Dany kam mit einem Tablett wieder, auf dem eine kleine Espressokanne, eine Teekanne sowieso drei Schüsseln mit verschiedenen Kekssorten standen.
    »Ich kann Ihnen auch etwas Deftiges zubereiten.«
    Lunau lachte. »Danke, nein.« Ihr magersüchtiger Körper stand in Widerspruch zu dieser kulinarischen Freizügigkeit.
    »Di Natale war verheiratet.«
    »Ich weiß«, sagte sie, »aber die Sache ging nicht von mir aus.«
    »Wie stellten Sie sich Ihre Zukunft vor?«
    »Nicht als die Mätresse eines verheirateten Mannes.«
    »Also gab es Streit?«
    »Es war vorbei.«
    Irgendetwas störte Lunau. Dany war so entgegenkommend. Warum sprach das Mädchen so rückhaltlos über ihr Intimleben? Noch dazu gegenüber einem Fremden, der sie hintergangen hatte?
    »Seit wann?«
    Plötzlich war das Pfeifen

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