Adam 01 - Die letzte Chance der Menschheit
und hupte zweimal.
»Ich finde es unverantwortlich, dass ich nicht weiß, wo sie dich hinbringen.« Tante Vanessa schob die Gardine zur Seite und musterte das Fahrzeug. »Ich sollte mal den Fahrer fragen. Vielleicht kennt er ja das Ziel.«
»Das geht schon in Ordnung«, erwiderte Adam und griff nach seiner Reisetasche. Er drückte seiner Tante einen flüchtigen Kuss auf die Wange und beeilte sich, das Haus zu verlassen. Er befürchtete, dass Tante Vanessa sonst wohl tatsächlich noch mit hinauskommen würde, um den Mann nach dem Ziel der Mission auszuquetschen.
Als Adam in den Kleinbus stieg, wurde ihm klar, warum sich der Fahrer verspätet hatte. Zuvor war nicht nur Shawi abgeholt worden. Zu seiner Überraschung hockten auch Delani und Shawis Freundin Nia auf den Sitzbänken.
Delani begrüßte Adam überschwänglich, klopfte ihm auf die Schulter und drückte ihm, kaum dass er Platz genommen hatte, eine Tüte in die Hand.
»Süße Nüsse«, kommentierte er. »Extra für dich. Von meiner Großmutter. Ich habe ihr gesagt, wie sehr du die magst.«
Nia winkte ihm schüchtern zu. Shawi blickte schweigend aus dem Fenster. Ihre Augen verbarg sie hinter einer dunklen Sonnenbrille.
Der Fahrer, ein junger Uniformierter, nur wenig älter als Adam, wandte sich um. »Ehe du mich nervst wie alle anderen: Ich weiß nur, dass es zum Flughafen geht. Mehr nicht.«
Er legte knirschend den ersten Gang ein und fuhr los.
»Zum Flughafen!«, staunte Adam.
Delani nickte begeistert. »Ist das nicht Wahnsinn? Kaum sind wir angekommen, besteigen wir schon wieder ein Luftschiff.«
»Hoffentlich geht es nicht noch einmal in die Kalahari-Wüste«, bemerkte Nia. Sie trug wie alle ihre Uniform. Nur mit dem Unterschied, dass Nias Uniform immer wie neu aussah und perfekt gebügelt war. Ihr langes Haar hatte sie auch heute zu einem kunstvollen Zopf geflochten. Adam musste sich eingestehen, dass sie sehr hübsch aussah. Bisher war ihm das nie aufgefallen.
Der Wagen überquerte die Betonbrücke über dem Black River, und Adam versuchte, wenn auch erfolglos, einen Blick auf das Haus seiner Tante zu werfen.
Die Fahrt zum Flughafen dauerte fast zwei Stunden, obwohl er sich nur zweiundzwanzig Kilometer östlich des Stadtzentrums befand. Abertausende Menschen verstopften die Straßen. Sie waren unterwegs auf Fahrrädern, zogen Handkarren hinter sich her oder trugen schwere Lasten auf ihren Rücken. An den Straßenrändern hatte man provisorische Hütten errichtet, sodass sich an manchen Stellen kaum noch genügend Platz für ein Fahrzeug bot. Die Verwaltung war dagegen machtlos. Auch wenn der Flüchtlingsstrom längst nicht mehr so groß war wie in den vergangenen Jahren, erreichten jeden Tag Hunderte Neuankömmlinge die Stadt.
Schon oft waren die Löschfahrzeuge der Feuerwehr und Krankenwagen in den engen Straßen stecken geblieben. Die Polizei begegnete dem Problem mit der Bildung von Motorradstaffeln. Bei den japanischen und deutschen Maschinen gab es jedoch immer öfter Probleme, weil sich keine Ersatzteile mehr auftreiben ließen. Die Werkstätten mussten bei den Reparaturen wahre Wunder vollbringen.
Adam wusste, dass Delani ganz wild darauf war, einmal zu den Motorradstaffeln zu kommen. Wenn es sie in Zukunft noch gab.
Endlich tauchte der Flughafen vor ihnen auf. Aus der Ferne sahen das Empfangsgebäude und die Terminals so aus, als würde der Cape Town International Airport noch immer von Flugzeugen aus aller Welt angeflogen. Doch als der Wagen vor dem Eingang hielt, konnte man erkennen, dass die Glasfront verschmutzt war. Viele der Scheiben wiesen Risse auf, einige fehlten vollständig.
Die Natur hatte sich den Großteil des Flughafens zurückerobert. Pflanzentriebe hatten den Beton der Landebahnen gesprengt und waren zu dornigen Büschen und Bäumen gewachsen.
Im Gebäude herrschte nur wenig Betrieb. Die Schalter von PanAm, Air France oder der Lufthansa waren längst geschlossen. Flugzeuge gehörten der Vergangenheit an. Daran war nur zum Teil der Mangel an Treibstoff schuld. Südafrika erzeugte zwar mittlerweile Benzin und Diesel aus den heimischen Kohlevorräten, aber bei Weitem nicht genug, um so weiterzumachen wie in früheren Zeiten.
Außerdem waren die Stürme, die seit der Klimaveränderung durch die oberen Luftschichten peitschten, unberechenbar.
Jetzt legten auf dem Flughafen die neuen südafrikanischen Luftschiffe an. Sie flogen in weitaus geringerer Höhe als die Flugzeuge der Vergangenheit und benötigten auch
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