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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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bei ihm. Aber als ich kam, war kein Mensch da, außer dem Portier und der Putzfrau. Ich bin es nicht gewohnt, daß man mich versetzt. Meine Zeit ist kostbar, auch wenn’s die von Etienne nicht ist. Ich habe heute vormittag noch einen Termin im Krankenhaus.«
    De Witt fragte gelassen: »Was meinen Sie mit verschwunden? Ich nehme an, er steckt irgendwo im Stau?«
    Jetzt meldete sich George zu Wort: »Nein, Mr. de Witt, er muß schon hier im Haus sein. Sein Jackett hängt über dem Stuhl in seinem Büro. Ich hab’ dort nachgesehen, als ich telefonisch keine Verbindung bekam. Und als ich heute morgen aufsperren wollte, war die Haustür nicht verschlossen, zumindest nicht mit dem Banham. Ich brauchte bloß den Yale-Schlüssel, um reinzukommen. Und die Alarmanlage war auch nicht eingeschaltet. Miss Claudia ist eben gekommen, sie kümmert sich drum.«
    Wie auf Kommando traten sie alle in die Halle. Claudia Etienne kam, dicht gefolgt von Mrs. Demery, aus Blackies Büro.
    »George hat recht«, sagte sie. »Er muß hier irgendwo sein. Über dem Stuhl hängt seine Jacke, und seine Schlüssel liegen in der oberen rechten Schreibtischschublade.« Und an George gewandt fuhr sie fort: »Haben Sie’s schon in Nummer 10 versucht?«
    »Ja, Miss Claudia. Mr. Bartrum sitzt in seinem Büro, aber sonst ist niemand drüben. Er hat extra nachgesehen und mich dann zurückgerufen. Aber er sagt, Mr. Gerards Jaguar sei da und parke an derselben Stelle wie gestern abend.«
    »Was ist mit der Hausbeleuchtung? War die an, als Sie heute früh kamen?«
    »Nein, Miss Claudia. Und in seinem Büro brannte auch kein Licht. Es war alles dunkel.«
    In dem Moment traten Frances Peverell und Gabriel Dauntsey ein. George sah, daß Mr. Dauntsey ziemlich hinfällig wirkte. Er ging am Stock, und über seiner rechten Schläfe klebte ein kleines Pflaster. Keiner sprach ihn darauf an. George fragte sich, ob es außer ihm überhaupt jemandem aufgefallen war.
    »Gerard ist doch nicht zufällig drüben bei euch in Nummer 12, oder?« fragte Claudia. »Wir können ihn nämlich nirgends finden.«
    »Bei uns war er auch nicht, nein«, sagte Frances.
    Mandy, die eben hereingekommen war und noch im Gehen ihren Helm abnahm, sagte: »Sein Wagen ist da. Er steht am Ende der Innocent Passage, ich bin grade dran vorbeigefahren.«
    Claudia winkte ab. »Schon gut, Mandy, das wissen wir. Ich werd’ mal oben nachsehen. Er muß doch irgendwo im Haus sein. Ihr anderen wartet am besten hier.«
    Sie ging forschen Schrittes auf die Treppe zu, und Mrs. Demery folgte ihr wie ein Schatten. Blackie holte tief Luft und lief dann, als hätte sie Claudias Anweisung nicht gehört, unbeholfen hinterdrein. »Mrs. Demery muß natürlich wieder mal überall dabeisein«, sagte Maggie Fitz-Gerald, aber ihre Stimme klang unsicher, und als niemand reagierte, errötete sie verlegen, als sei ihr bewußt geworden, daß sie besser nichts gesagt hätte.
    Das kleine Grüppchen formierte sich still und, wie George dachte, fast wie von unsichtbarer Hand geschoben, zum Halbkreis. Er hatte die Lichter in der Halle eingeschaltet, und das Deckengemälde leuchtete über ihnen, als wolle es mit seiner zeitlosen Pracht darauf verweisen, wie kläglich ihre Sorgen, wie kleinlich ihre Ängste doch seien. Aller Augen waren nach oben gerichtet. George fand, sie sahen aus wie die Figuren auf einem Heiligenbild, die in Erwartung einer übernatürlichen Erscheinung den Blick gen Himmel lenken. Er stellte sich dazu, um mit ihnen zu warten, auch wenn er nicht recht wußte, ob sein Platz wirklich hier war oder eher draußen am Empfang. Jedenfalls war es nicht seine Sache, die Initiative zu ergreifen und sich der Suche anzuschließen. Er richtete sich wie immer nach dem, was man ihm sagte, doch es wunderte ihn ein bißchen, daß die Chefs sich so brav in die Rolle der Wartenden fügten. Andererseits, warum auch nicht? Es wäre sinnlos, wenn sie alle miteinander in Innocent House herumrennen würden. Drei waren für diese Suchaktion mehr als genug. Wenn Mr. Gerard im Haus war, dann würde Miss Claudia ihn auch finden. Niemand sprach oder rührte sich, mit Ausnahme von James de Witt, der unauffällig neben Frances Peverell getreten war. George kam es so vor, als verharrten sie stundenlang in dieser starren Pose, wie die Akteure eines lebenden Bildes, und doch konnten in Wirklichkeit nur ein paar Minuten vergangen sein.
    Dann rief plötzlich Amy mit vor Angst schriller Stimme: »Da schreit wer. Ich hab’ wen schreien

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