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Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut

Titel: Adam Dalgliesh 09: Wer sein Haus auf Sünden baut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Demerys Miene spiegelte sich lebhafte Dankbarkeit.
    »Ja, was denken Sie, Mrs. Demery, Sie und Ihr Bruder gehören praktisch zur Folklore des Dorfes.«
    »Was Sie nich’ sagen! Na, das freut mich aber. Ham’ Sie auch das von Mr. Stuarts Ferkeln gehört?«
    »Mr. Stuart erinnert sich jedenfalls noch gut. Er ist zwar inzwischen weit über achtzig, aber ein paar Dinge sind dem Gedächtnis so fest eingebrannt, die vergißt man nicht.«
    »War ’n Pfundsrennen geworden. Wir hatten die kleinen Scheißer auch schon so ziemlich in Reih und Glied am Start, aber wie’s losging, da gab’s kein Halten mehr. Die sind wie verrückt in der Gegend rumgerannt. Na ja, die meisten pfeilgrad auf die Norwicher Landstraße. Aber mein Gott, was war das grauslich in dem Dorf! Und so still! Nachts sind wir wach gelegen und ham’ ihr regelrecht zugehört, dieser Stille. Man kam sich vor, wie wenn man tot gewesen wär’. Und dunkel war das erst! So was von dunkel hab’ ich nie wieder erlebt. Pechschwarz, sag’ ich Ihnen. Wie wenn einer einem ’ne große schwarze Wolldecke aufs Gesicht preßt, bis man am Ersticken is’, so’n Gefühl war das. Billy und ich, wir ham’ das nich’ ausgehalten. Ham’ nie Alpträume gehabt, wir beide, bis zur Evakuierung nich’. Wenn unsere Mum uns besuchen kam, ham’ wir die ganze Zeit nur geflennt. Ich weiß das noch wie heute, wie Mum uns durch diese mopsige olle Gasse geschleift hat, und Billy und ich wir ham’ in einem fort geheult, daß wir wieder nach Hause wollen. Wir ham’ ihr erzählt, daß Miss Pilgrim uns nix zu essen geben tät’ und daß sie uns dauernd eins mit’m Pantoffel überzieht. Das mit dem Essen war gar nich’ mal gelogen, die ganze Zeit, die wir da waren, ham’ wir nich’ einmal ’n gescheiten Happen gekriegt. Am Ende hat Mum uns tatsächlich wieder mit heimgenommen, bloß damit sie ihre Ruhe hatte. Von da an ging’s uns wieder gut. Wunderbar ham’ wir’s gehabt, besonders als die Bombardiererei losging. Wir hatten einen von diesen kleinen Anderson-Bunkern im Garten, und da drin hatten wir’s ganz gemütlich mit Mum und Großmutter und Tante Edie und später dann, als sie ausgebombt war, auch noch Mrs. Powell von Nummer 42.«
    »Aber war es denn nicht auch in so einem Anderson-Bunker arg finster?« fragte Dalgliesh.
    »Schon, aber dafür hatten wir ja unsere Taschenlampen, oder? Und wenn grade kein Angriff war, konnte man rauskriechen und den Suchscheinwerfern zuschauen. Wunderhübsche Kreuzmuster ham’ die an den Himmel gemalt. Und ein Krach war das, zum Gotterbarmen! Wenn die Flak zugange war, also da hätt’ man meinen können, ein Riese stampft Wellblech ein. Ach ja, es ist schon so, wie unsere Mum immer gesagt hat: Gib deiner Brut eine glückliche Kindheit, und sie ist gegen’s Leben gefeit.«
    Dalgliesh hielt es nicht für ratsam, diese optimistische Erziehungstheorie anzuzweifeln. Er suchte noch nach einer möglichst taktvollen Überleitung zum eigentlichen Thema, als Mrs. Demery ihm zuvorkam.
    »So, jetzt ist aber genug von alten Zeiten geschwärmt. Sie wollen doch bestimmt wissen, wie das mit dem Mord gewesen is’, nich?«
    »Ach, Sie glauben also, daß es Mord war, Mrs. Demery?«
    »Na logisch. Die Schlange hat er sich ja wohl nich’ selber um’n Hals gepfriemelt. Erwürgt ham’ sie ihn, stimmt’s?«
    »Wie er gestorben ist, werden wir erst nach der Obduktion sagen können.«
    »Also für mich sah’s aus wie erwürgt, mit dem roten Gesicht, und dann hatte er ja auch Hissing Sid im Rachen stecken. Ich sag’ Ihnen, mir is’ noch nie ’ne Leiche untergekommen, die so was von gesund ausgesehen hat. Sah im Tod besser aus als wie lebendig, der Mann, und dabei war das auch im Leben schon ein hübscher Kerl. Ja, der hat wirklich was hergemacht. Für mich hat er ja immer ’n bißchen wie der junge Gregory Peck ausgesehen.«
    Dalgliesh bat sie, ihm genau zu schildern, was sich an dem Tag seit ihrer Ankunft in Innocent House zugetragen hatte.
    »Also ich komm’ jeden Werktag von neun bis fünf – außer am Mittwoch. Mittwochs kommt diese Putzkolonne von der Heinzelmännchen AG. So jedenfalls schimpft sich der Laden. Faulpelz AG tät’ allerdings besser zu denen passen. Angeblich machen die einmal die Woche hier gründlich sauber. Na ja, wahrscheinlich tun sie ihr Bestes, aber es ist halt ganz was anderes, wenn man sich persönlich mit so’m Haus verbunden fühlt, nich? George kommt mittwochs immer ’ne halbe Stunde früher und läßt sie rein.

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