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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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seiner Eltern nach
Desinteresse schmeckte, gar nicht weit entfernt von emotionaler Kälte.
So stellte er sich elterliche Verantwortung nicht vor.
    Die Reaktion seines Vaters auf seine Berufswahl war ihm ein
wenig abgedroschen vorgekommen. »Zwei Dinge solltest du bei der Wahl
deines Berufs beachten: Er sollte das Glück und das Wohlergehen anderer
befördern und dir selbst Befriedigung geben. Der Polizeidienst erfüllt
die erste Bedingung und hoffentlich auch die zweite.« Nur mit Mühe
hatte er sich verkneifen können, ihm mit ›Danke, Sir‹ zu antworten.
Trotz alledem liebte er seine Eltern und ahnte im Stillen, dass die
Entfremdung nicht nur von ihnen ausging und er sie viel zu selten
besuchte. Dieses Mittagessen war auch eine Art Wiedergutmachung für
Vernachlässigung.
    Um fünf vor elf – er war dabei, sich eine Auswahl an
biologisch angebautem Gemüse zusammenzustellen – erreichte ihn
der Anruf auf seinem Diensthandy. »Wir haben einen Fall«, sagte Kate.
»Wie es aussieht ein Mord an der Patientin einer Privatklinik. Es ist
ein Manor in Stoke Cheverell, Dorset.«
    »Mal was anderes, Ma'am. Aber warum das Team? Warum nicht die
Polizei von Dorset?«
    Sie klang ungeduldig. Für Plaudereien war keine Zeit. »Weiß
der Himmel. Wie immer halten sie sich bedeckt, aber Number Ten scheint
dahinterzustecken. Sie erfahren alle Einzelheiten, wenn wir unterwegs
sind. Ich schlage vor, wir nehmen Ihren Wagen. Commander Dalgliesh
wünscht, dass wir zusammen im Manor eintreffen. Er selbst nimmt den
Jaguar. Ich bin so schnell wie möglich bei Ihnen. Meinen Wagen lasse
ich in Ihrer Garage stehen. Er stößt dort zu uns. Ich nehme an, Ihr
Spurensicherungskoffer steht bereit. Und nehmen Sie Ihren Fotoapparat
mit. Vielleicht brauchen wir ihn. Wo sind Sie gerade?«
    »In Notting Hill, Ma'am. Mit Glück kann ich in knapp zehn
Minuten in meiner Wohnung sein.«
    »Gut. Vielleicht sollten Sie ein paar Sandwiches oder so
einpacken und etwas zu trinken. AD ist sicher nicht begeistert, wenn
wir mit knurrendem Magen dort ankommen.«
    Als Kate auflegte, hatte Benton das Gefühl, es bereits geahnt
zu haben. Er musste nur zwei Anrufe machen, einen bei seinen Eltern,
einen bei Beverley. Seine Mutter nahm ab, und ohne ihn aufzuhalten,
drückte sie rasch ihr Bedauern aus und legte auf. Beverley ging nicht
an ihr Handy, und das war ihm eigentlich ganz recht. Er hinterließ ihr
eine kurze Nachricht, dass aus ihren Plänen nichts wurde und er sich
später bei ihr melden würde.
    Er brauchte nur ein paar Minuten, um Sandwiches und Getränke
zu kaufen. Als er im Dauerlauf vom Markt zur Holland Park Avenue
joggte, rollte der 94er Bus gerade auf die Haltestelle zu; mit einem
Zwischenspurt schaffte er es gerade noch, bevor die Türen zuklappten.
Seine Pläne für den Tag waren vergessen, er war mit den Gedanken
bereits bei der schwierigeren Aufgabe, seinen Ruf im Team
aufzupolieren. Er bedauerte es, wenn auch nur ein wenig, dass dieses
Gefühl, die Vorfreude auf die vor ihm liegenden Tage, die Aufregung und
Herausforderung versprachen, von der Leiche einer Unbekannten abhing,
die kalt und steif in einem Herrenhaus in Dorset lag, von Trauer also,
von Schmerz und von Angst. Nicht ohne ein paar Gewissensbisse musste er
sich eingestehen, dass es eine Enttäuschung wäre, in Dorset anzukommen
und feststellen zu müssen, dass es sich um einen ganz gewöhnlichen Mord
handelte und der Täter bereits entlarvt und hinter Gittern war. So war
es allerdings noch nie gewesen, und es war auch nicht damit zu rechnen.
Zu einem ganz gewöhnlichen Mord hätte man nicht die Spezialeinheit
gerufen.
    Er stand vor der Bustür und wartete ungeduldig, dass sie sich
öffnete, dann sprintete er zu seinem Wohnblock. Er schlug auf den
Fahrstuhlknopf, konnte es kaum erwarten, dass die Kabine herunterkam.
Erst jetzt und ohne das geringste Bedauern bemerkte er, dass er die
Tüte mit dem sorgsam ausgewählten Biogemüse im Bus vergessen hatte.

4
    E s war halb zwei, sechs Stunden waren seit
der Entdeckung der Leiche vergangen, aber für Dean und Kimberley
Bostock, die in der Küche darauf warteten, dass man ihnen sagte, was zu
tun war, schien der Vormittag kein Ende nehmen zu wollen. Dies war ihre
Domäne, der Ort, an dem sie zu Hause waren, sich auskannten, wo sie von
niemandem zur Eile getrieben wurden, wo sie und ihre Arbeit hohes
Ansehen genossen, und auch wenn nicht viel darüber geredet wurde,
wussten sie um ihre Fertigkeiten, und sie waren zusammen, das
Wichtigste von

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