Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
Vom Netzwerk:
entschlossen
hatte. Es war wichtig, sich ein Gesamtbild zu verschaffen über das, was
seit Rhoda Gradwyns Ankunft im Manor am Nachmittag des 13. Dezember
passiert war, und das Bild konnte nur vollständiger werden, wenn alle
Beteiligten anwesend waren, um zu kommentieren und zu korrigieren. Die
meisten Verdächtigen vermochten mit einiger Überzeugung zu lügen, wenn
sie einzeln verhört wurden – manche brachten es dabei zu
wahrer Meisterschaft. Benton erinnerte sich an Situationen, in denen
weinende, seelisch scheinbar gebrochene Liebhaber oder Angehörige um
Hilfe bei der Aufklärung eines Mordfalls flehten, obwohl sie selber am
besten wussten, wo die Leiche versteckt lag.
    Viel schwieriger war es, in Gesellschaft eine Lüge
aufrechtzuerhalten. Selbst wenn ein Verdächtiger seine Miene unter
Kontrolle hatte, öffneten einem die Reaktionen seiner Zuhörer manchmal
die Augen.
    Dalgliesh sagte: »Ich habe Sie hier zusammengerufen, um mit
Ihnen ein Bild davon zu erarbeiten, was von Rhoda Gradwyns Ankunft bis
zur Entdeckung ihrer Leiche genau passiert ist. Natürlich werde ich mit
jedem von Ihnen noch ein Einzelgespräch führen, aber ich hoffe, dass
wir in der nächsten halben Stunde gemeinsam ein Stück weiterkommen.«
    Es entstand ein Schweigen, das von Helena Cressett gebrochen
wurde: »Mr. Mogworthy hat Miss Gradwyn als Erster gesehen, als er ihr
das Tor geöffnet hat. Das Empfangskomitee, bestehend aus Oberschwester
Holland, Mr. Westhall und mir, erwartete sie im Großen Saal.«
    Klare und sachliche Worte, mit ruhiger Stimme vorgetragen. Für
Benton war die Botschaft klar. Wenn wir diese öffentliche
Scharade schon über uns ergehen lassen müssen, dann wollen wir sie um
Gottes willen rasch hinter uns bringen.
    Mogworthy schaute Dalgliesh an. »Stimmt. Sie war pünktlich,
wenigstens einigermaßen. Miss Helena hat gesagt, dass sie nach dem Tee
und vor dem Abendessen kommt, also hab ich ab vier nach ihr Ausschau
gehalten. Um Viertel vor sieben ist sie dann angefahren gekommen. Ich
hab ihr das Tor aufgemacht, und sie hat den Wagen hinters Haus
gestellt. Ihr Gepäck wollte sie auch selber tragen – ein
einzelner Koffer, und da waren Rollen dran. Eine sehr entschlossene
Lady. Ich bin so lange stehengeblieben, bis sie um die Hausecke herum
war und die offene Tür sehen konnte, wo Miss Helena auf sie wartete.
Dann gab es für mich nichts mehr zu tun, und ich bin nach Hause
gegangen.«
    »Sie haben das Manor nicht betreten«, fragte Dalgliesh,
»vielleicht um ihr den Koffer ins Zimmer hinaufzutragen?«
    »Nein, hab ich nicht. Wenn sie ihn vom Parkplatz hinaufrollen
kann, dachte ich, dann schafft sie es auch bis auf die Patientenetage.
Und wenn nicht, dann würde ihr schon jemand zur Hand gehen. Ich hab sie
nur noch durch die Vordertür ins Haus gehen sehen.«
    »Haben Sie irgendwann nach Miss Gradwyns Ankunft das Manor
noch einmal betreten?«
    »Warum hätte ich das tun sollen?«
    »Weiß ich nicht«, sagte Dalgliesh. »Ich frage Sie, ob Sie es
getan haben.«
    »Nein, habe ich nicht. Und weil wir gerade über mich reden,
ich bin ein Freund klarer Worte. Trage das Herz auf der Zunge. Ich
weiß, was Sie mich fragen wollen, und erspare Ihnen die Mühe. Ich habe
gewusst, wo ihr Schlafzimmer ist – auf dem Patientenflur, wo
sonst? Und ich habe einen Schlüssel für die Gartentür, aber ich habe
sie nicht mehr gesehen, weder tot noch lebendig, nachdem sie durch die
Eingangstür ins Haus gegangen ist. Ich habe sie nicht abgemurkst, und
ich weiß nicht, wer's getan hat, sonst würde ich es Ihnen sagen. Mit
Mord hab ich nix am Hut.«
    »Mog, niemand will Sie verdächtigen«, sagte Miss Cressett.
    »Sie vielleicht nicht, Miss Helena, aber andere. Ich weiß, wie
der Hase läuft. Um das hier mal klar zu sagen.«
    »Danke, Mr. Mogworthy«, sagte Dalgliesh. »Sie haben es klar
gesagt, und das war gut so. Fällt Ihnen sonst noch irgendetwas ein, was
wir wissen sollten, etwas, das Sie gesehen oder gehört haben, nachdem
Sie gegangen sind? Haben Sie vielleicht einen Fremden in der Nähe des
Manor gesehen, jemanden, der Ihnen verdächtig vorgekommen ist?«
    Mog sagte mit fester Stimme: »Jeder Fremde, der im Dunkeln um
das Haus schleicht, ist mir verdächtig. Ich habe gestern Abend
niemanden gesehen. Aber da war ein Auto auf dem Parkplatz beim
Steinkreis. Als ich nach Hause ging noch nicht. Später.«
    Benton, dem Mogs verstohlener Anflug eines zufriedenen
Grinsens nicht entgangen war, vermutete, dass der Zeitpunkt dieser
Mitteilung

Weitere Kostenlose Bücher