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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Kraft verloren hatte.
    Ein Überrest dieses Gefühls war ihm geblieben. Das zerwühlte
Bett, das Kissen, in dem sich noch ihr Kopf abdrückte, sahen wieder so
harmlos und normal aus, als wäre jemand gerade daraus aufgestanden und
müsste jeden Moment zurückkommen. Für Dalgliesh bekam der Raum seine
dramatische und bedrohliche Symbolik durch das heruntergefallene
Tablett mit dem Teegeschirr gleich hinter der Tür. Die Szene sah aus
wie von einem Fotografen für das Umschlagfoto eines anspruchsvollen
Thrillers arrangiert.
    Nichts von Miss Gradwyns persönlichen Sachen war berührt
worden, und ihre Aktentasche stand neben der Tür, noch immer gegen den
Sekretär im Wohnzimmer gelehnt. Ein großer metallener Rollkoffer stand
neben einer Anrichte mit Schubladen. Dalgliesh stellte seinen
Spurensicherungskoffer – eine Bezeichnung, die sich gehalten
hatte, obwohl es sich dabei längst um eine Art Aktentasche
handelte – auf den Klappstuhl für das Gepäck. Er öffnete sie,
und er und Kate streiften sich die Latexhandschuhe über.
    Miss Gradwyns Handtasche, aus grünem Leder mit silberner
Schnalle und wie eine Gladstone-Tasche geformt, war zweifellos ein
Designerstück.
    In ihr fanden sich ein Schlüsselbund, ein kleines Adressbuch,
ein Taschenkalender und eine Brieftasche mit einem Satz Kreditkarten
und Geldfächern, die vier Pfund in Münzen und sechzig Pfund in Zehn-
und Zwanzigpfundnoten enthielten. Außerdem ein Taschentuch, ihr
Scheckbuch in einem Lederetui, ein Kamm, ein Parfümfläschchen und ein
silberner Kugelschreiber. In einem dafür vorgesehenen Fach steckte ihr
Mobiltelefon.
    Kate sagte: »Normalerweise hätte man das auf dem Nachttisch
erwartet. Sieht so aus, als wollte sie keine Anrufe bekommen.«
    Das Mobiltelefon war klein, ein neues Modell. Es schaltete
sich beim Aufklappen ein, und Dalgliesh untersuchte es nach Anrufen und
Nachrichten. Die alten Textnachrichten waren gelöscht, aber es war eine
neue eingegangen, aufgelistet unter ›Robin‹, und sie lautete: Etwas
sehr Wichtiges ist passiert. Brauche deinen Rat. Muss dich unbedingt
sehen, bitte, schließ mich nicht aus.
    »Wir brauchen den Absender, um zu sehen, ob es so dringend
war, dass er zu ihr ins Manor kommen wollte. Aber das hat Zeit. Ich
möchte noch einen kurzen Blick auf die anderen Patientenzimmer werfen,
bevor wir mit den Verhören beginnen. Dr. Glenister sagt, der Täter
hätte Handschuhe getragen. Er oder sie wird es eilig gehabt haben, sie
loszuwerden. Chirurgenhandschuhe könnte man in Stücke schneiden und
durch die Toilettenspülung entsorgen. Auf jeden Fall sollten wir gleich
danach suchen und nicht erst auf die Spurensicherung warten.«
    Sie hatten Glück. Im Badezimmer der Suite am Ende des Flurs
fanden sie einen winzigen Fetzen Latex, der unter dem Rand der
Toilettenschüssel hängen geblieben war. Dalgliesh löste ihn vorsichtig
mit einer Pinzette ab und steckte ihn in einen Beweismittelbeutel, den
er versiegelte, bevor er und Kate ihre Initialen auf das Siegel
kritzelten.
    Dalgliesh sagte: »Wir müssen es den Leuten von der
Spurensicherung sagen, wenn sie hier sind. Auf diese Suite müssen sie
ein besonderes Augenmerk richten, vor allem auf den Wandschrank; es ist
das einzige Schlafzimmer mit begehbarem Wandschrank. Ein weiterer
Hinweis darauf, dass wir es mit einem internen Täter zu tun haben. Und
jetzt sollte ich langsam mal Miss Gradwyns Mutter anrufen.«
    »Chief Inspector Whetstone hat gleich nach seinem Eintreffen
am Tatort eine Polizistin zu ihr geschickt. Sie weiß also Bescheid.
Soll ich sie anrufen, Sir?«
    »Nein danke, Kate. Sie hat ein Recht, es von mir persönlich zu
hören. Aber wenn sie bereits informiert ist, besteht keine Eile. Lassen
Sie uns mit den Gruppenvernehmungen beginnen. Ich sehe Sie und Benton
in der Bibliothek.«

10
    D ie Hausangehörigen waren versammelt und
warteten bereits zusammen mit Kate und Benton, als Dalgliesh und
Chandler-Powell die Bibliothek betraten. Benton fand es interessant,
wie die Leute sich gruppiert hatten. Marcus Westhall war auf Abstand zu
seiner Schwester gegangen, die auf einem Stuhl am Fenster saß, und
hatte sich in einen Sessel an Flavia Hollands Seite gesetzt, vielleicht
aus professionellem Zugehörigkeitsgefühl. Helena Cressett saß in einem
der Ohrensessel neben dem Kamin, aber da ihr eine zu legere Haltung
wohl unangemessen erschien, saß sie aufrecht, die Hände locker auf die
Lehnen gelegt. Neben ihr stand Mogworthy mit dem Rücken zum Feuer. Er
war der

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