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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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weniger naiv gewählt war, als es den Anschein hatte. Die
Wirkung dieser Neuigkeit fiel jedenfalls zu seiner Zufriedenheit aus.
Niemand sagte etwas, aber in der Stille machte Benton das kurze Zischen
jäh angehaltener Luft aus. Für jeden hier war das eine Neuigkeit, und
zweifellos hatte Mogworthy das einkalkuliert. Benton beobachtete ihre
Gesichter, die Blicke, die sie untereinander tauschten. Es war ein
Moment der gemeinsamen Erleichterung, schnell wieder verborgen, aber
unmissverständlich.
    »Erinnern Sie sich an Einzelheiten des Autos?«, fragte
Dalgliesh. »Die Marke, die Farbe?«
    »Eine Limousine. Dunkel. Schwarz, vielleicht dunkelblau. Die
Scheinwerfer waren aus. Jemand saß auf dem Fahrersitz, aber ich weiß
nicht, ob noch jemand da war.«
    »Haben Sie sich das Kennzeichen notiert?«
    »Nein. Warum sollte ich mir Autonummern notieren? Ich bin da
ganz zufällig vorbeigeradelt, auf dem Rückweg von Ada Dentons Cottage,
mit der ich Fish und Chips gegessen habe, wie jeden Freitag. Wenn ich
auf dem Fahrrad sitze, achte ich auf die Straße, und auf sonst nichts.
Ich hab nur gesehen, dass das Auto dort stand.«
    »Um welche Zeit?«
    »Kurz vor Mitternacht. Vielleicht zehn vor zwölf. Ich sehe
immer zu, dass ich um Mitternacht zu Hause bin.«
    »Das ist ein wichtiger Hinweis, Mog«, schaltete sich
Chandler-Powell ein. »Warum haben Sie das nicht gleich erzählt?«
    »Warum? Weil Sie selber gesagt haben, wir sollen nicht über
Miss Gradwyns Tod reden, bis die Polizei hier ist. Gut, und jetzt ist
der Chef von denen hier, und ich erzähle ihm, was ich gesehen habe.«
    Bevor jemand etwas erwidern konnte, flog die Tür auf. Alle
Blicke schossen in die Richtung. Ein Mann kam hereingestürmt, dicht
gefolgt von einem wild gestikulierenden Constable Warren. Seine
Erscheinung war so ungewöhnlich wie sein Auftritt dramatisch war.
Benton sah ein blasses, schönes, etwas androgynes Männergesicht,
leuchtend blaue Augen und blondes Haar, das am Kopf klebte wie die
Marmorlocken antiker Gottesbüsten. Er trug einen langen schwarzen
Mantel, der fast bis zum Boden reichte, über hellblauen Jeans, und
einen Moment lang glaubte Benton, er sei in Pyjama und Morgenmantel
gekommen. Wenn sein sensationeller Auftritt geplant war, hätte er sich
kaum einen geeigneteren Augenblick aussuchen können, nach inszenierter
Theatralik sah er nicht aus. Der Neuankömmling zitterte unter kaum
kontrollierten Gefühlen, vielleicht Trauer, sicher auch Angst und Wut.
Sein Blick sprang von einem Gesicht zum nächsten, er wirkte verwirrt,
und bevor er etwas sagen konnte, ergriff Candace Westhall auf ihrem
Stuhl beim Fenster das Wort.
    »Unser Cousin, Robin Boyton. Er wohnt im Gästehaus. Robin, das
ist Commander Dalgliesh vom New Scotland Yard und seine Kollegen
Inspector Miskin und Sergeant Benton-Smith.«
    Robin ignorierte sie, richtete all seinen Zorn gegen Marcus.
»Du Dreckskerl! Du kalter, hinterhältiger Dreckskerl! Meine Freundin,
eine liebe alte Freundin ist tot. Ermordet. Und du hattest nicht mal so
viel Anstand, es mir mitzuteilen. Und jetzt sitzt ihr alle hier, wanzt
euch bei den Bullen an und kehrt alles schön unter den Teppich.
Hauptsache Mr. Chandler-Powells wertvolle Arbeit wird nicht gestört.
Und sie liegt da oben tot in ihrem Zimmer. Ihr hättet es mir sagen
müssen! Jemand hätte mir das sagen müssen. Ich will sie sehen. Ich will
ihr Lebewohl sagen.«
    Und jetzt weinte er ganz ungehemmt, ließ den Tränen ihren
Lauf. Dalgliesh sagte nichts, aber Benton sah, wie wachsam seine
dunklen Augen waren.
    Candace Westhall machte kurz den Eindruck, als wollte sie sich
erheben, um ihren Cousin zu trösten, blieb aber sitzen. Dafür sprach
ihr Bruder. »Ich fürchte, das ist nicht möglich, Robin. Miss Gradwyn
ist ins Leichenschauhaus gefahren worden. Aber ich habe versucht, es
dir zu sagen. Ich habe um kurz vor neun im Cottage vorbeigeschaut, aber
da hast du wohl noch geschlafen. Die Vorhänge waren zugezogen, die Tür
war verschlossen. Du hast irgendwann mal erwähnt, dass du Rhoda Gradwyn
kennst, aber dass ihr eng befreundet wart, hab ich nicht gewusst.«
    Dalgliesh sagte: »Mr. Boyton, im Moment vernehme ich die
Personen, die zwischen Miss Gradwyns Ankunft am Donnerstag und dem
Auffinden ihrer Leiche um halb acht heute Morgen hier im Hause waren.
Wenn Sie dazugehören, dann bleiben Sie bitte. Wenn nicht, werde ich
oder einer meiner Beamten so bald wie möglich Kontakt mit Ihnen
aufnehmen.«
    Boyton unterdrückte seine Wut. Zwischen Schlucken

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