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Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod

Titel: Adam Dalgliesh 14: Ein makelloser Tod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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hast mal was von einer Schule für Umgangsformen erzählt,
die du mit Jeremy für gesellschaftlich unbeleckte Neureiche einrichten
wolltest. Irgendwie sehe ich dich nicht als Lehrer – schon gar
nicht als Experten für Umgangsformen.«
    »Ich lerne es aus Büchern. Es ist verblüffend einfach. Und der
Experte ist Jeremy, der hat da keine Probleme.«
    »Und warum bringen deine gesellschaftlich Unbeleckten es sich
nicht selber aus Büchern bei?«
    »Das könnten sie zwar, aber es geht ihnen um den
zwischenmenschlichen Touch. Wir impfen ihnen Selbstvertrauen ein. Und
sie bezahlen uns dafür. Wir haben da eine echte Marktlücke aufgetan,
Rhoda. Viele junge Leute – also, vor allem junge Männer, und
nicht nur reiche – sind verunsichert, weil sie nicht wissen,
was sie zu welchen Gelegenheiten tragen sollen, was sie tun müssen,
wenn sie zum ersten Mal ein Mädchen in ein feines Restaurant ausführen.
Sie wissen nicht, wie sie sich in Gesellschaft verhalten müssen, wie
sie Eindruck auf ihren Chef machen können. Jeremy hat ein Haus in Maida
Vale, das er mit seinem Erbe einer reichen Tante gekauft hat, und das
nehmen wir fürs Erste. Natürlich müssen wir diskret vorgehen. Jeremy
weiß nicht, ob er das Haus für gewerbliche Zwecke nutzen darf. Wir
leben in Angst vor den Nachbarn. Im Erdgeschoss haben wir ein Zimmer
wie ein Restaurant eingerichtet, dort machen wir Rollenspiele. Erst
wenn unsere Klienten das nötige Selbstvertrauen haben, gehen wir mit
ihnen in ein richtiges Restaurant. Nicht in solche wie dieses, in
andere, auch keine ganz billigen, die uns Sonderpreise einräumen.
Natürlich auf Rechnung der Klienten. Die Sache läuft nicht schlecht,
das Unternehmen gedeiht, aber wir brauchen ein anderes Haus oder
zumindest eine Wohnung. Langsam stinkt es Jeremy, auf sein Erdgeschoss
praktisch verzichten zu müssen, und dass diese seltsamen Typen auch
noch auftauchen, wenn er Freunde eingeladen hat. Und dann ist da noch
das Büro, das er in einem seiner Schlafzimmer eingerichtet hat. Er
bekommt drei Viertel des Profits, wegen dem Haus, aber ich merke ihm
an, dass er langsam mal meinen Anteil sehen will. Und meine Wohnung
eignet sich beim besten Willen nicht. Du weißt ja, wie es da aussieht,
nicht gerade das ideale Ambiente für unsere Zwecke. Und wer weiß, wie
lange ich da noch bin. Der Hauswirt wird langsam ungemütlich wegen der
Miete. Wenn wir erst eine neue Adresse haben, geht es auch voran. Na,
was meinst du, Rhoda? Interessiert?«
    »Interessiert, davon zu erfahren. Nicht interessiert, Geld in
die Sache zu stecken. Aber vielleicht funktioniert es. Hört sich
vernünftiger an als deine bisherigen Passionen. Ich wünsch dir
jedenfalls viel Glück.«
    »Also ist die Antwort nein.«
    »Die Antwort ist nein.« Spontan fügte sie hinzu: »Da musst du
schon auf mein Testament warten. Karitative Anwandlungen lebe ich
lieber erst nach meinem Tode aus. Man trennt sich leichter von seinem
Geld, wenn man selber nichts mehr damit anfangen kann.«
    In ihrem Testament war er mit zwanzigtausend Pfund bedacht,
nicht genug für die Finanzierung exzentrischer Hirngespinste, aber
immerhin eine gewisse Garantie, dass die Erleichterung, überhaupt etwas
vererbt zu bekommen, die Enttäuschung über die Summe überdauert. Es
machte ihr Spaß, sein Gesicht zu betrachten. Mit einer leisen Reue, der
Scham zu ähnlich, um angenehm zu sein, registrierte sie, dass sie sich
an diesem ersten, maliziös von ihr hervorgerufenen Aufblitzen freudiger
Überraschung, der Gier in seinen Augen und dem raschen Zurücksinken in
realistisches Denken weidete. Weshalb musste sie sich immer wieder
bestätigen, was sie ohnehin über ihn wusste?
    Er sagte: »Du hast dich natürlich für Cheverell Manor
entschieden, und gegen seine Belegbetten im St. Angela's.«
    »Ich will lieber fort von London, da sind die Aussichten
besser, in Ruhe gelassen zu werden. Am 27. fahre ich für zwei Tage zur
Vorbereitung hin. Anscheinend ein Angebot. Es ist ihm lieb, wenn die
Patienten den Ort schon kennen, bevor er operiert.«
    »Das Geld ist ihm auch lieb.«
    »Dir etwa nicht, Robin? Du musst gerade reden.«
    Mit dem Blick auf seinen Teller antwortete er: »Ich würde dich
gerne im Manor besuchen, wenn du dort bist. Ein bisschen Zerstreuung
wird dir nicht schaden. Es gibt nichts Langweiligeres als die Genesung.«
    »Nein, Robin, auf ein bisschen Zerstreuung kann ich bestens
verzichten. Die Leute dort werden hoffentlich dafür sorgen, dass ich
ungestört bleibe.

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