Adolescentia Aeterna - Die Entdeckung der Ewigen Jugend
er keinen Funken Verantwortungsgefühl?
„Aber Vater …“
Neuerlich wurde er unterbrochen. „Er hat mir sehr viel Geld für dich geboten.“ Sein Vater ließ ein klimperndes Säckchen von einer Hand in die andere hüpfen. „Ich wüsste nicht, warum ich sein Angebot ausschlagen sollte.“
Mit vor Entsetzen geweiteten Augen stolperte der Junge zurück. Sein Vater wirkte mit dem Arrangement zufrieden. Der Blick von Tertianus glitt mit begehrlichem Funkeln über die schmächtige Gestalt des Jungen. Sie schienen sich bereits geeinigt zu haben, ohne ihm eine Wahl zu lassen.
„Ich gehe niemals mit diesem … diesem perversen Schwein!“, schrie er. „Der Lüstling will sich nur an mir vergehen!“
„Du ungehobelter Bauerntölpel!“, schimpfte Tertianus. „Du hast kein Recht, solche Anschuldigungen auszusprechen. Weißt du denn nicht …?“
Den Rest von Tertianus‘ Worte verstand der Junge schon nicht mehr. Er wandte sich um und lief davon. Er würde sich nicht wehrlos ergeben. Das Leben bei seinem Vater war hart. Aber wenigstens wurde er nur dann geschlagen, wenn er seinen Vater dazu provoziert hatte. Er hatte ein löchriges Dach über dem Kopf und eine mit einfachem Essen gefüllte Schale vor sich. Niemals würde er das gegen die ekligen Dinge tauschen, die Tertianus von ihm verlangen würde.
Beinahe eine Stunde rannte er, ohne sich umzusehen. Dann fiel er keuchend zu Boden. Es machte keine n Sinn, kopflos zu flüchten. Es gab keinen Ort, an den er gehen könnte, an dem es ihm besser ginge als bei seinem Vater. Sollte er sich ein paar Tage lang verstecken?
Ihm wurde klar, dass sein Vater umso wütender werden würde, je länger er von zuhause fernblieb. Er musste seinen Vater um Gnade anflehen. Vielleicht würde die Strafe dann nicht zu hart ausfallen.
Und er würde seinem Vater versprechen, noch härter zu arbeiten und sich niemals wieder zu beschweren. Dann würde ihm möglicherweise das Leben bei Tertianus erspart bleiben.
S pät am Abend schlich er zurück auf den Hof. Sein Vater war nirgends zu entdecken. Aber der Junge gab sich nicht der Illusion hin, leicht davonzukommen. Er konnte nicht einfach am nächsten Morgen wie gewohnt zur Arbeit erscheinen.
Mit hängendem Kopf trat er in den Hauptraum des Hauses. Sein Vater saß schnarchend am Tisch, vor sich einen leeren Becher. Er hatte die Zeit der Abwesenheit seines Sohnes genutzt, um sich zu betrinken.
Obwohl der Junge sich bemühte, leise zu sein, hob sein Vater sofort den Kopf. Seine Augen hatten offensichtlich Schwierigkeiten, ihn zu fixieren. „Du wagst es zurückzukommen?“, brüllte er dann. „Was hast du dir nur gedacht? Vermutlich bist du zu einem vernünftigen Gedanken gar nicht in der Lage.“
Der Junge schwieg. Er musste die Schimpf tirade über sich ergehen lassen. Doch Worte waren nicht alles, was ihn erwartete.
Sein Vater stand mit unsicheren Beinen auf und taumelte auf ihn zu. „Du nichtsnutziger Tölpel hast mir das Geschäft meines Lebens zunichte gemacht. Tertianus ist von deinem Verhalten abgestoßen. Er versteht gar nicht, warum du ihn dermaßen beleidigt hast.“
Entgegen seines Vorsatze s ergriff der Junge das Wort. „Aber er wollte mich in seinem Bett!“
„Wie kannst du so etwas Abscheu liches auch nur andeuten? Tertianus ist ein wohlhabender Ehrenmann!“ Seine Hand landete mit einem lauten Klatschen im Gesicht seines Sohnes. „Undankbarer Balg!“
Der Junge schluchzte auf und ging ein paar Schritte zurück. „Elias hat mir erzählt, was Tertianus mit ihm gemacht hat. Elias‘ Vater musste sich Geld von Tertianus borgen, und deshalb …“
„Erzähl keine Lügen!“ Sein Vater folgte ihm. Neuerlich erhob er die Hand gegen den Jungen.
Dieser stolperte über den Türsturz und fiel zu Boden. Sein Vater zeigte kein Mitleid und setzte seine Folter mit Tritten fort. Der Junge versuchte seinen Kopf zu schützen. Als die Tritte sich auf seinen Oberkörper konzentrierten, rollte er sich zu einer Kugel zusammen. Er wagte nicht, sich gegen seinen Vater zur Wehr zu setzen. Vielleicht wäre er sogar in der Lage gewesen, den Älteren in seinem angetrunkenen Zustand niederzustrecken. Doch dazu hatte er kein Recht.
Er kroch vorwärts. Weg vom Haus. Weg von seinem Vater. Weg von den Schmerzen.
Er kam nicht weit.
Der Mann über ihm geriet in Rage. Die Fäuste prasselten wie Hagelkörner auf den Jungen nieder. Die Schmerzen verstärkten sich. Der Junge wimmerte leise.
„ Wage es nicht, vor mir zu fliehen! Du Feigling!
Weitere Kostenlose Bücher