Adorkable - Zwei, die sich hassen und lieben
standhaft. »Und wie bist du ins Haus gekommen?«
»Na ja, ich musste das ganze Scarlett-bitten-Barney-zu-fragen-Prozedere abziehen – mit der fadenscheinigen Begründung, dass ich dir noch Geld für die Fahrradreparatur schulde. Ich wollte gerade deinen Klingelknopf drücken, als diese beiden Typen rauskamen, während ich da draußen auf den Stufen stand, und als ich ihnen sagte, dass ich zu dir wolle, ließen sie mich rein.« Michael runzelte die Stirn. »Einer von ihnen, ich glaube, er hatte einen deutschen Akzent, sagte, ich solle dir sagen, dass du den Laute-Musik-Vertrag gebrochen hättest und auf jeden Fall mit Vergeltung rechnen müsstest.«
»Gustav, er ist eigentlich Österreicher«, murmelte ich, und mir graute schon vor dem unvermeidbaren Sonntagmorgen, wenn er zu irgendeiner unchristlichen Zeit Deep House aufdrehen würde. »Er ist so was wie mein schwuler Daddy.«
Ich stand also da und Michael stand da, wir beide ziemlich still, als ob wir Angst hätten, irgendwelche plötzlichen Bewegungen zu machen, und irgendwann wurde es einfach zu blöd, nach allem, was passiert war, nicht zur Seite zu treten und zu ihm zu sagen: »Möchtest du reinkommen?«
14
So etwas wie das Innere von Jeane Smiths Wohnung hatte ich noch niemals zuvor gesehen. Es war wie in einer dieser Sendungen über Messies – wohin man auch sah, überall lag haufenweise Kram herum.
Eigentlich nicht mal Kram, sondern einfach nur Chaos, Müll und Gerümpel. Ich hatte Hannah schon für unordentlich gehalten, weil sie immer wieder Projekte angefangen hatte, dann mittendrin durch irgendetwas abgelenkt wurde, sodass ihr Zimmer vermüllt war von unvollendeten Collagen, Strickzeug und Stoffresten. Doch selbst wenn man Hannahs Unordnung nehmen würde und mal hundert multiplizierte, würde das Ergebnis nicht einmal ansatzweise an Jeane Smiths Chaos heranreichen.
»Tja, tut mir leid wegen dem Durcheinander«, sagte Jeane, als sie sich mit knirschenden Schritten ihren Weg durch Jiffy-Bags, Magazine, alte Pizzakartons und Gott weiß was noch alles in einen Raum bahnte, der, wie ich vermutete, wohl mal das Wohnzimmer gewesen war, obwohl es mehr aussah wie ein Slum nach einem Tsunami.
Als Jeane durch das Chaos tänzelnd ihren Weg zum Sofa fand, sah man deutlich, dass das der Ort war, an dem sie offensichtlich die meiste Zeit verbrachte, denn dort erreichte der Müll einewirklich kritische Menge. Auf beiden Seiten des Sofas waren stapelweise Magazine und Zeitungen aufgeschichtet, als ob Jeane alles, was sie gelesen hatte, einfach nur entsorgte, indem sie es auf einen der nächstgelegenen Stapel warf.
Das Sofa war immerhin frei genug, dass sie sich daraufschmeißen konnte. »Oh, lass mich schnell Platz machen«, sagte sie und schaufelte alles, Magazine, Briefumschläge, Bücher und einige leere Bonbonpapiere, zusammen und warf den ganzen Haufen einfach auf den Boden.
Ich hatte noch nie etwas so Schockierendes gesehen, und dabei führte ich wirklich kein überbehütetes Leben, aber man warf doch Sachen nicht einfach so herum. Meine Mutter wäre auf der Stelle fassungslos vor Wut explodiert. Ich stand mit offenem Mund da, bis Jeane demonstrativ den Platz neben sich und dann mich ansah. Ich machte mich vorsichtig auf den Weg durch das Chaos.
Jeane öffnete die Tüte und fing an, all die dampfenden Päckchen auszupacken, die ich ihr gekauft hatte. »Ich wusste nicht, was du magst, aber ich dachte, die meisten Leute essen auf jeden Fall gerne Pommes. Du muss ja auch nicht alles aufessen.«
»Das ist sehr nett. Sag mir, was ich dir schuldig bin«, sagte sie. Es stand ihr nicht, so steif und höflich zu sein, dachte ich, als ich endlich mein Ziel erreicht hatte und mich unbequem auf den Rand des Sofas hockte. Es erschien unvermeidbar, dass sich etwas Zähflüssiges, das auf ihren Kissen klebte, auf meine saubere Jeans übertrug.
»Du schuldest mir gar nichts«, sagte ich, genauso formell. »Es ist mein Friedensangebot an dich, dafür, dass ich mich wie ein Arsch benommen habe.«
»Ja, aber das geht nicht ... Oh! Du hast mir Erbsenbrei mitgebracht? Das ist eigentlich das einzige Gemüse, das ich echt gerne mag. Und kleine Päckchen Essig und Ketchup? Du bist der Hammer, wenn es um warme Mahlzeiten geht«, keuchte sie.
»Die Gewürze sind immer das Schwierigste«, grummelte ich, denn ich wusste, dass wir würden reden müssen, richtig reden, und dieser ganze Smalltalk über das Essen war eine gute Aufwärmübung. »Einige Leute mögen lieber Essig
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