Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

befreit zu werden. Ihr stehen weitere Vergewaltigungen, schlimmere Schmerzen und am Ende ein schrecklicher Tod bevor. Quinn beabsichtigt, sie an die Hunde zu verfüttern, wenn er ihrer müde geworden ist, und sie weiß, dass er genau das tun wird. Er hasst sie, weil sie Sands’ Favoritin und deshalb für ihn nicht verfügbar war. Manchmal schnüffelte er um die Devil’s Punchbowl herum, aber er konnte es nicht oft riskieren, weil die Kameras immer in Betrieb waren und Sands ihn aus der Sicherheitssuite oder aus dem Verhörraum hätte sehen können. Trotzdem hatte Linda gespürt, wie Quinns Blicke ihren Körper abtasteten, wenn er in der Nähe war. So viele Male hatte sie sich umgedreht und war von ihm angestarrt worden, dass sie seinen gierigen Blick mit den behaarten schwarzen Raupen verglich, vor denen sie sich als Kind so geekelt hatte – diese Biester, die ihr Opfer stachen und ihm dabei ein Betäubungsmittel spritzten. Wenn man hinunterschaute und eines der ekligen Dinger an seinem Bein sah, wusste man, dass es sich schon lange dort aufhielt und sein Gift absonderte. Eine halbe Stunde später fing das Brennen an.
    Und nun kann Quinn mit ihr anstellen, was er will. Linda hat noch nie so viel geballten Hass und Zorn bei einem Mann erlebt, aber sie weiß, dass sie seine Gefühle wird ertragen müssen, bis sie es nicht mehr aushält. Also betet sie ohne Hoffnung um wer weiß was, während der Wind die Zäune rattern lässt und die Hunde durch den Schmutz jenseits der Sperrholzwand streifen.
    »Herr, hilf mir«, jammert sie in der toten Luft des Zwingers. »Bitte, schick mir einen Engel. Ich bin zu krank, um mir selbst zu helfen.«

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    C aitlin ist nicht zu Tims Beisetzung gekommen. Heute Morgen hat sie mich angerufen, um mir mitzuteilen, dass Tims Leben nicht durch Trauer in einer Kirche, sondern durch die Fortsetzung seiner Arbeit gewürdigt werden solle. Wenn wir dazu nicht in der Lage seien, könne sie es nicht ertragen, in der Kirche zu sitzen und sein Andenken zu beschmutzen. Auf meine Frage, was sie stattdessen tun wolle, antwortete Caitlin, sie werde zur Zeitungsredaktion fahren, über die Geschehnisse nachdenken und versuchen, Entscheidungen über ihre Zukunft zu treffen. Ihr Tonfall machte deutlich, dass ich kein Teil dieses Vorgangs sein würde.
    Nicht zur Beerdigung zu gehen ist für mich keine Alternative, denn ich bin einer der Sargträger. Acht von uns sitzen hinter der Familie Jessup auf den Mittelbänken von St. Mary’s, einer schönen neugotischen Kathedrale, die 1843 gebaut wurde. Die meisten Sargträger in Natchez sind alte Männer und mittlerweile zu gebrechlich, um die Särge mit ihren toten Freunden in die Höhe zu wuchten, doch heute sitze ich inmitten von sieben kräftigen Männern, mit denen ich die Highschool besucht habe und die aus jedem Winkel des Landes eingeflogen sind – aus Los Angeles, Chicago, Wisconsin, Oregon, Atlanta, Washington D.C. und anderen Orten. Zu meiner Erleichterung und Überraschung hat kein Einziger von denen, die Tims Vater zur Erfüllung dieser Pflicht aufgefordert hat, eine Ausrede vorgebracht, um nicht erscheinen zu müssen. Noch überraschender ist, dass mindestens fünfundzwanzig von den zweiunddreißig Personen aus unserem letzten Schuljahr gekommen sind, und die meisten haben lange Anreisen hinter sich. Vorher haben wir so etwas wie ein inoffizielles Klassentreffen außerhalb der Kathedrale veranstaltet und Klatsch und Tratsch sowie die neuesten Informationen über Kinder und Karriere ausgetauscht. Als wir Sargträger dann unsere Anweisungen erhielten, stellten zwei meiner alten Freunde ein paar gezielte Fragen nach dem, was uns heute zusammengeführt hatte. Ich ließ sie nur wissen, dass Tim sein Leben bei dem Versuch verloren hat, der Stadt zu helfen, und dass er sich vor seinem Tod gewandelt habe.
    Nach dem Einzug in die Kirche stellte ich erstaunt fest, dass die St. Mary’s fast gänzlich gefüllt war. Ich hatte befürchtet, dass Tims Beerdigung kaum Trauergäste anziehen würde, aber anscheinend hat die Gemeinde trotz des von Charlotte McQueen verspritzten Gifts beschlossen, Tim und seine Angehörigen zu unterstützen.
    Pater Mullen hat am Ende die richtige Wahl getroffen, und Tim erhält eine würdevolle katholische Trauermesse. Dies – sowie die Anwesenheit meiner Freunde und die hohe Teilnehmerzahl – wärmt mir das Herz, doch während der Messe löst sich diese Wärme im riesigen Gewölbe der Kathedrale auf. Pater Mullen, der ein weißes