Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
»Fahrer kommt zurück fünfzehn Minuten«, sagt sie. »Okay, Zhaybee?«
»Das genügt. Bis dahin ist der Kampf sowieso vorbei. Der Schwarze ist fast am Ende.«
Ming späht zwischen ein paar Zuschauern hindurch. »Ja.«
Nun braucht Walt nur noch fünfzehn Minuten lang vorzutäuschen, dass die Brutalität und das Gemetzel ihn begeistern.
Der Trainer des Schwarzen brüllt Genghis an, damit er den Kampf unterbricht. Der andere Trainer sieht wütend aus, doch das Duell wird nach »Cajun-Regeln« abgewickelt. Dieser Code legt alle Aspekte eines Kampfes strikt fest: vom Waschen, Wiegen und der Betreuung der Hunde bis hin zu Pausen und Neuanfängen und sogar bis zu den Pflichten des Schiedsrichters und des Zeitnehmers. Jeder Hundetrainer mit Erfahrung muss wissen, dass Cajun-Regeln den Betreuern gestatten, beide Hunde anzuschreien.
Zu Walts Überraschung wird Genghis schließlich durch einen scharfen Ruf von Mikes Trainer abgelenkt, und Mike kann sich losreißen, was eine Kampfpause rechtfertigt. Während Mike auf drei Beinen in seine Ecke zurückhinkt, zeigt der Schiedsrichter an, dass der Schwarze versucht hat, die Schlacht abzubrechen. Mikes Trainer stellt sich mit gespreizten Beinen über seinen keuchenden Hund und reibt ihn kräftig ab, nachdem er den verletzten Lauf, der fast mit Sicherheit gebrochen ist, nur oberflächlich angeschaut hat.
»Los dann, Mike!«, brüllt er und schleudert ein blutiges Handtuch beiseite. »Jetzt kriegst du wieder Auftrieb. Ran an die Linie, Junge!«
Um den Kampf fortzusetzen, muss Mike – innerhalb von zwei Sekunden nach dem Signal des Schiedsrichters – über eine Linie im Schmutz rund einen Meter vor ihm hinken und dann Genghis, dessen Trainer sich abmüht, ihn in seiner Ecke zurückzuhalten, freiwillig angreifen. Walt versucht sich vorzustellen, dass ein Boxtrainer seinen menschlichen Schützling ermuntert, mit einer zerfleischten Schulter weiterzukämpfen. Das würde nicht einmal im Ultimate Fighting geschehen.
»Loslassen!«, ruft der Schiedsrichter, und der Zeitnehmer beginnt zu zählen.
Bevor die zweite Silbe verklingt, entzieht Mike sich dem Griff des Trainers und humpelt über die Mittellinie. Die halbe Menge jauchzt beifällig. Auf der anderen Seite der Grube wehrt Genghis sich gegen die Arme seines Trainers; er ist fast rasend vor Begierde, die Schlacht zu beenden. Mike zögert in der Mitte der Arena, zieht den Schwanz ein und will sich abwenden.
»Verflucht, dreh dich nicht um!«, kreischt sein Trainer. »Auf ihn! Auf ihn! Auf ihn!«
Mike wirft einen Blick zurück über die Grube, senkt dann seinen Quadratschädel, rennt durch den blutigen Schmutz, stürzt sich auf Genghis und packt seine Nase mit den Kiefern. Als Genghis’ Trainer ihn loslässt, versucht Mike, ihn auf den Rücken zu rollen, aber wegen des gebrochenen Beines fehlt ihm die nötige Hebelwirkung. Als die vor Speichel schäumenden Hunde zur Seite wirbeln, befreit Genghis seine Nase und springt zurück aus Mikes Reichweite, wonach er den kleineren Hund rammt und auf den Rücken wirft. Genghis schnappt nach Mikes entblößter Kehle, doch dieser verdreht in letzter Sekunde den Rumpf, und die mächtigen Hauer bohren sich stattdessen tief in seine Brust. Die Menge tobt und stampft auf den Boden.
Genghis wirft den Kopf hin und her und erweitert die Wunde mit malmenden Zähnen. Ein Blutstrom ergießt sich über Mikes Rippen und glänzt auf seinem schwarzen Fell. Einen Moment lang rühren sich beide Hunde nicht mehr. Genghis scheint mit seiner Dominanz zufrieden zu sein. Seine Zähne sind in Mikes Brust vergraben, und sein Schwanz ist hoch erhoben. Mike blickt mit umwölkten Augen zurück zu seinem Trainer – wie ein Junge, der seinen Vater enttäuscht hat.
»Steh auf!«, schreit der Trainer. »Du verdammter, wertloser Fleischsack!«
Bei diesem wütenden Fluch zuckt Mike schwach, und seine Hinterläufe rudern durch die Luft, während er sich den schrecklichen Kiefern entziehen will, doch seine Bemühungen veranlassen Genghis, nur noch stärker zuzubeißen. Der Schecke lässt den Kopf mit ungeheurer Kraft hin und her schnellen und schleudert Mike durch die Grube. Die Menge johlt vor wahnsinniger Vorfreude auf die Tötung.
»Mach Schluss mit ihm!«, schreit eine Frau aus dem Gedränge.
»Töte ihn! Schlitz dem schwarzen Köter den Magen auf!«
Walt wird übel, denn er kann die Mischung aus Zorn und Ekel, die von ihm Besitz ergriffen hat, nicht mehr ertragen. Das hier ist so, als stünde man in einem
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