Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
in der Dunkelheit. Nachdem der Fahrer herausgesprungen ist und die Hecktür geöffnet hat, hilft Walt seiner Begleiterin ins Auto und lässt sich dann auf dem Sitz neben ihr nieder.
»Ein Zeichen vom Hubschrauber?«, fragt Walt.
»Er ist in Richtung Fluss weggeflogen«, antwortet der Fahrer.
»Gut.«
»Fahren wir zum Boot zurück?«, erkundigt sich der Fahrer.
Ming umklammert Walts Hand und legt die Lippen an sein Ohr. »Hotel jetzt. Lass dich Hunde vergessen. Ja?«
Walt lehnt sich zurück und schaut in ihre unergründlichen Augen. Auf der Queen , außerhalb der Devil’s Punch Bowl, hatten diese Augen dunkel gewirkt, aber jetzt hat er das Gefühl, sich in ihren Tiefen verlieren zu können.
Er blickt auf und sieht, wie der Chauffeur sie mit selbstgefälliger Missbilligung im Innenspiegel beobachtet.
»Eola Hotel«, sagt Walt. »Und wenn du noch einmal zurückguckst, schneide ich dir das rechte Ohr ab. Kapiert?«
»Ja, Sir.«
»Dann los.«
59
C aitlin steht wachsam auf dem Blechdach des Zwingers. Ihre Ohren haben sich den leisesten Geräuschen angepasst. Ein paar Sekunden lang glaubte sie, das ferne Dröhnen eines Hubschraubers gehört zu haben, doch es verklang so rasch, dass es der Nachhall der Vibration ihrer Füße auf dem Blech gewesen sein muss. Und selbst wenn ein Helikopter nach ihr suchte, könnte man sie unterhalb des Schuppens, der den Zwinger vom Himmel abschirmt, unmöglich entdecken.
Es hatte zwei Stunden gedauert, doch endlich war es ihr gelungen, zwei Säcke Welpenfutter aufs Dach zu schleppen. Die Bully Kuttas gaben keinen Laut von sich außer einem erstickten Husten, und Caitlin begriff, dass sie zu bellen versuchten. Die Tiere waren ihr so unerbittlich gefolgt wie Haie, und Caitlin fragte sich, ob Linda vielleicht doch recht hatte: dass die Hunde zu clever waren, um sich durch einen Haufen Welpenfutter ablenken zu lassen. Caitlin hatte den Lagerraum nach anderen möglichen Ablenkungen durchsucht, doch keine gefunden. Auch keine Drogen zur Betäubung der Hunde. Quinn hatte alles weggeschafft, was für einen Fluchtversuch nützlich sein könnte.
Vorsichtig trägt Caitlin einen schweren Futtersack zu dem Loch über ihrer Zelle. Sie hat den Maschendraht vom Dach aus betrachtet und den Schluss gezogen, dass sie ihn barfuß in Angriff nehmen sollte. Die Bully Kuttas sind riesig, und Caitlins Instinkt sagt ihr, dass ein kraftvoller Sprint, gefolgt von einem Sprung nach der höchsten Stelle, die sie erreichen kann, ihr die beste Chance zur Flucht bietet. Und nackte Zehen passen besser in die Maschen des Zaunes als die Spitzen ihrer Schuhe. Wahrscheinlich wird es teuflisch wehtun, aber verglichen mit den Kiefern der Hunde, die sie verfolgen werden, ist ein solcher Schmerz bedeutungslos.
Aber diese Logik scheitert kläglich, wenn sie an Linda denkt. In Wirklichkeit wird sie Linda – vermutlich geknebelt, damit sie nicht vor Schmerz aufschreit – im Schneckentempo über die offene Fläche zerren. Sobald sie versucht, Linda hochzuschieben, wird der Draht gegen die Pfosten klirren, und mindestens einen der Hunde wird das Geräusch neugierig machen.
Caitlin fragt sich, ob sie den Mut haben wird, auf dem Boden zu bleiben, wenn die Hunde herbeirennen und Linda zu langsam klettert. Wird sie riskieren, bei lebendigem Leib aufgefressen zu werden, um jemandem zu helfen, der kaum eine Chance hat, den Zaun ohne sie zu überwinden? Oder kann sie mit der Erinnerung leben, auf der anderen Seite des Zaunes in Sicherheit zu sein, während vier Hunde eine hilflose Frau in Stücke reißen?
Genug, mahnt sie sich und hievt den zweiten Sack auf der Schulter über das Dach. Alles zu seiner Zeit.
Etliche Male hat sie daran gedacht, allein über den Maschendraht zu steigen, loszurennen und Hilfe zu holen, bevor Quinn zurückkehrt, um Sands’ Befehle auszuführen. Wahrscheinlich ist Linda in der Lage, aufs Dach zu klettern und sich dort zu verstecken, und Caitlin könnte das Blech wieder an seinen Platz rücken, bevor sie die Flucht ergreift. Eine solche List würde vielleicht Erfolg haben – natürlich nicht bei Sands, aber möglicherweise bei Seamus Quinn.
Caitlin bleibt neben dem Loch über ihrer Box stehen und erwägt, mit Linda über den Plan zu sprechen. Linda wäre bestimmt damit einverstanden, denn sie will ohnehin nicht riskieren, von den Hunden angefallen zu werden.
»Du weißt ja nicht mal, ob du ihr die Kette abnehmen kannst«, murmelt Caitlin. »Hör auf, dir unnötige Sorgen zu machen.«
Sie
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