Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
es nur schwer finden. Die Stange ist in den Boden direkt hinter dem Zaun eingelassen.«
Zwei Minuten später klettere ich die Ausziehleiter aus Aluminium hinauf, die Bobby DeWitt an einen hohen Eichenast gelehnt hat. Knapp dreieinhalb Meter über mir ist ein schlichtes weißes Vogelhäuschen, wie man es in der Hälfte aller Gärten in Mississippi sieht. Allerdings scheint dieses hier von einem fernöstlichen Künstler handbemalt worden zu sein. Um die drei kreisförmigen Löcher in der Wand schlängelt sich ein Flechtwerk aus exotischen Blättern, und mehrere Marienkäfer, die fast naturgetreu wirken, verharren unter der Dachkante.
»Alles klar?«, ruft DeWitt von unten, wo er die Leiter für mich hält.
»Ja.«
Ich unterdrücke meine Erregung, stecke zwei Finger in das erste Loch und taste über die dunkle Fläche, wobei ich hoffe, nicht auf eine Braune Einsiedlerspinne zu stoßen. Im Innern ist nichts als glattes Holz. Das Mittelloch enthält ein paar kleine Zweige und etwas, das sich wie verkrusteter Vogeldreck anfühlt. Aber im linken Loch berühren meine Fingerspitzen einen Gegenstand aus Plastik. Ich bewege die Finger hin und her und weiß sofort, dass ich es mit einem Gefrierbeutel zu tun habe. Er ist mit einem Klebestreifen an der Innenwand des Vogelhäuschens befestigt. Vorsichtig entferne ich den Beutel aus dem Loch und achte darauf, dass DeWitt ihn nicht sieht. Ich betrachte den Gefrierbeutel, während das Herz mir bis zum Hals schlägt.
In dem Gefrierbeutel, der Sandwichgröße hat, ist ein Stapel SD -Karten, wie man sie für Digitalkameras benutzt. Ich zähle fünf, und die oberste trägt das Etikett 2G HIGH SPEED . Die Hand dicht am Körper, lasse ich den Beutel in die vordere Hosentasche gleiten. Ich bin kaum in der Lage, das Gleichgewicht zu halten, als ich die Leiter hinuntersteige, und mir zittern die Hände, als ich die Aluminiumstäbe loslasse.
»Haben Sie was gefunden?«, fragt DeWitt.
»Nein. Ich weiß nicht einmal genau, wonach ich gesucht habe.«
»Hmm, ich hab mir schon Gedanken gemacht. Sie sind nicht der Einzige, der hier gewesen ist und etwas finden wollte. Ein paar Männer haben sein Haus vor zwei Abenden durchsucht, vor dem Feuer. Ich dachte, sie wären Polizisten, aber ich hatte ein komisches Gefühl.«
»Warum?«
»Nun, ich stand draußen, als sie rauskamen. Sie haben mich angeguckt, als wäre ich ein Haufen Hundescheiße. Und das auf meinem eigenen Grundstück.«
»Haben sie Ihnen Fragen gestellt?«
»Nein. Ich hätte ihnen sowieso nicht geantwortet.«
Berauscht vor Hoffnung, klopfe ich DeWitt auf den Rücken. »Wunderbar, Bobby. Bis nächstes Mal.«
»Jederzeit. He, meinen Sie, dass Sie die Schlaglöcher auf unserer Straße füllen lassen könnten?«
Ich lache und drehe den Kopf, während ich zu meinem Auto gehe. »Nächste Woche wird diese Straße so glatt sein wie ein Babypopo, Bobby!«
»Das glaube ich erst, wenn ich es sehe!«
»Sie können sich darauf verlassen!«
64
W ie ich befürchtet habe, sind die Daten auf Ben Lis SD -Karte verschlüsselt. Normalerweise würde ich dadurch mindestens zwei Tage aufgehalten werden, weil ich einen Fachmann ausfindig machen müsste, doch Kelly kennt solche Herausforderungen. Vor dreieinhalb Stunden hat er die Daten einem im Ruhestand lebenden Kameraden vom Army Signal Corps gesandt.
Caitlin hat mittlerweile die Akte gelesen, die Peter Lutjens meinem Vater gestern geschickt hat. Dad hat die Fleischwunden an Caitlins Händen und Füßen behandelt und ihr Verbände angelegt, doch sie bestand darauf, dass er ihre Finger aussparte, damit sie die Seiten umblättern konnte. Anscheinend ist die detaillierte Geschichte von Edward Po, seiner Großfamilie und seinen weltweiten verbrecherischen Transaktionen das Einzige, was Caitlin von den Gräueln ablenken kann, die sie in der Gefangenschaft durchgemacht hat. Sie sitzt immer noch mit gekreuzten Beinen auf dem Sofa in meinem Hobbyraum, als Kelly aus dem Arbeitszimmer hereinstürzt.
»Die Entschlüsselung ist da! Und nach Joeys E-Mail zu schließen, ist es eine heiße Sache.«
Caitlin legt die Akte beiseite und hinkt zum Arbeitszimmer. Bald sind wir drei um meinen Computer versammelt, um uns das Ergebnis von Joeys Bemühungen anzusehen.
Caitlin drückt auf eine Taste an meiner Trackball-Maus, und mehr als hundert Miniaturansichten erscheinen auf dem Display. Einige stehen für Datensätze, andere sind unverkennbar JPEG -Bilder.
»Sind das nackte Menschen?«, fragt Kelly, beugt sich
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