Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
Vom Netzwerk:
antwortet er.
    Caitlin schaut mich neugierig an, doch Kelly gibt keine weitere Erklärung.
    Er steuert auf das ferne Ende des Sees zu – das seichte Ende, wie Tim es in der Nacht unserer ersten Begegnung auf dem Friedhof nannte. Das Boot schießt nun mit perfekter Trimmung dahin, macht aber mehr Lärm, als mir lieb ist. Außerdem benutzt Kelly keine Navigationslichter, wirkt aber unbesorgt. Die Häuser werden an diesem Ende des Sees spärlicher, und mit einem Patrouillenboot ist zu so später Stunde nicht zu rechnen.
    Caitlin dreht ihren Kapitänssessel zur Seite und umfasst meine Hand. Normalerweise würde ich erwarten, dass sie über die Ereignisse auf der Magnolia Queen plaudert oder Kelly hartnäckig nach unserem Ziel befragt, doch sie ist verschlossen, wenn nicht gar deprimiert. Zum ersten Mal habe ich den Eindruck, dass sie vielleicht nicht über die jüngere Vergangenheit, sondern über die Zukunft nachdenkt. Darüber, Natchez erneut zu verlassen.
    Mich zu verlassen.
    Während ich über diese Möglichkeit nachsinne, nimmt Kelly das Gas zurück, und der Bug senkt sich. Abgesehen von unserem Kielwasser ist der See völlig glatt, und dünner Nebel schwebt dicht über der Oberfläche. Wir schieben uns mit einem Bruchteil unserer früheren Geschwindigkeit dahin, gleiten zwischen dicken Zypressenstämmen hindurch. Das Brüllen der Ochsenfrösche klingt verblüffend laut, und ein Chor zirpender Insekten schließt sich ihnen an. Der Geruch von Verwesung lässt an den Boden eines Sumpfes denken, der von faulenden Pflanzen und toten Fischen übersät ist und Methangas ausrülpst. Die Stämme sind weniger als einen Meter von beiden Seiten des Bootes entfernt, und die Zypressenäste wölben sich über uns, sodass der Mondschein an manchen Stellen nicht durchgelassen wird.
    »Du fährst zu schnell«, sage ich. »Hier gibt es umgestürzte Bäume unter der Oberfläche.«
    »Tatsächlich?« Kelly starrt in die Dunkelheit.
    »Glaub mir.«
    Hin und wieder ist ein feuchtes Geräusch zu hören, als würde irgendetwas Schweres ins Wasser gleiten. Caitlin drückt meine Hand fester. Ich habe ein ungutes Gefühl. Selbst mit Kelly am Steuer fühle ich mich hier nicht sicher.
    »Hör mal, Kelly, hier gibt es weit und breit nichts außer einem alten Angellager. Was hast du vor?«
    Er nimmt das Gas zurück, bis wir uns kaum noch bewegen, doch es ist zu spät. Eine Sekunde später erzittert das Boot, als wären wir gegen einen Granitblock gestoßen. Mir wird übel, als das Boot abprallt und zurücktreibt.
    »Was tun wir denn bloß?«, ruft Caitlin und betrachtet die hervorstehenden Äste. »Hast du mir nicht gesagt, dass an den Ästen Mokassinschlangen hängen, die sich in Fischerboote fallen lassen können?«
    »Manchmal schon«, gebe ich zu. »Aber wenn das passiert, spring ja nicht über Bord. Im Wasser sind noch viel schlimmere Dinge.«
    Kelly wendet vorsichtig, und das Boot schiebt sich weiter, bis er den Leerlauf einlegt. Die Zypressen umringen uns im Dunkel wie Reihen gigantischer Soldaten – bis hin zu dem von Dickicht überwucherten schlammigen Ufer. Kelly knipst seine Taschenlampe an und richtet sie aufs Deck, das genug Licht reflektiert, um unsere Gesichter erkennen zu lassen.
    »Alles in Ordnung?«
    »Nein«, sagt Caitlin. »Mir reicht die Geheimniskrämerei. Sag uns, was du vorhast.«
    »Sofort. Aber vorher möchte ich euch etwas zeigen.«
    Kelly lässt den gelben Strahl über die Wasserlinie am Fuß der Zypressenstämme streifen. Dort, zwischen dem glatten Knieholz, spiegeln Dutzende von roten Augen das Licht auf gespenstische Art wider.
    Caitlin springt auf und packt meinen Arm. »Was ist das, Penn?«
    Ein weiteres Dröhnen ertönt von unten, doch diesmal erzittert das Boot nicht.
    »Sind wir auf etwas anderes geprallt?«, fragt Caitlin ängstlich.
    Kelly antwortet nicht, sondern lässt den Strahl der Taschenlampe über die Wasserlinie zu beiden Seiten des Bootes gleiten, bevor er das Licht wieder auf die Zypressen richtet. Die roten Augen glühen paarweise. Einige sind nur fünf Zentimeter auseinander, andere viel weiter.
    »Was ist das?«
    »Alligatoren«, erwidere ich. »Die Einheimischen nennen die Stelle hier Alligator Alley.«
    Caitlin schüttelt fassungslos den Kopf, als ein lautes Klatschen über den See hallt.
    »Sie klatschen mit dem Kopf«, erklärt Kelly. »Damit warnen sie uns. Wir sollen verschwinden.«
    »Dann tun wir ihnen den Gefallen!«, verlangt Caitlin beunruhigt. »Das alles ist verrückt!«
    »Das

Weitere Kostenlose Bücher