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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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tief auf einen Haufen Nägel und Scherben gefallen ist, lässt sich schwer erklären, wie er sich solche Verletzungen zugezogen hat.
    »Ich habe ihn umgedreht«, sagt Jewel Washington aus der Dunkelheit hinter mir. »Habe mir sofort gewünscht, ich hätte es nicht getan. Hast du so was schon mal gesehen?«
    Ich habe Schlimmeres gesehen, erwidere ich stumm, aber nicht bei einem Menschen, den ich gut gekannt habe.
    »Du meinst seine Arme?«, frage ich.
    »Ja. Solche Wunden kommen nicht von einem Sturz.«
    Ich beuge mich über Tim und betrachte das zerrissene Fleisch. »Könnten das Tiere gewesen sein?«
    »Möglich. Das werden wir durch Histamintests erfahren. Aber wenn du mich fragst, ist es vor Eintritt des Todes passiert.«
    »Mein Gott«, flüstere ich.
    »Ja. Mein Gott. Die Welt ist offenbar verrückt geworden.«
    Jewel spricht mit der müden Resignation einer schwarzen Frau mittleren Alters, die eine Menge geopfert hat, um ihre beiden Söhne aufs Junior College schicken zu können. Da sie früher eng mit meinem Vater zusammengearbeitet hat, weiß ich, dass sie mir helfen wird, so gut sie kann.
    Ich richte mich auf. »Hat der Sturz ihn getötet?«
    »Kann ich nicht sagen. Jedenfalls noch nicht. Er hat am Bein ein paar Wunden, die wie gebratenes Schweinefleisch riechen. Müssen Verbrennungen sein, aber ich weiß nicht, woher sie kommen.« Jewels blutunterlaufene Augen starren mich an. »Du vielleicht?«
    Ich schüttle den Kopf und versuche, Bilder zu verdrängen, auf denen Tim gefoltert wird, damit er Informationen preisgibt.
    »Wir werden mehr erfahren, wenn das Autopsieergebnis aus Jackson vorliegt«, meint Jewel.
    »Dann sollten wir dafür sorgen, dass die sich beeilen.« Ich drehe mich wieder zu ihr um und gestatte ihr, einen Teil meiner Wut zu erkennen. »Lass nicht die kleinste Kleinigkeit aus, Jewel. Fordere jeden denkbaren Test an. Toxikologie, einfach alles.«
    »Das habe ich vor.« Sie räuspert sich. »Hoffen wir, dass der Bezirksstaatsanwalt mitmacht.«
    Ich stoße einen Seufzer aus bei dem Gedanken, dass Shad Johnson für Tims Fall zuständig sein wird. »Ich muss jetzt die Frau des Opfers benachrichtigen.«
    »Mein Gott«, sagt Jewel leise. »Das ist ein Besuch, auf den ich gern verzichte.«
    »Wenn jemand dich heute Nacht fragt – der Sturz hat ihn getötet, und er war auf der Stelle tot. Okay?«
    Sie nickt. »Damit kann ich bis morgen leben. Ich hoffe nur, dass es die Wahrheit ist.«
    Ich neige mich vor und schaue ihr in die dunklen Augen. »Hat jemand die Leiche durchsucht?«
    »Nicht, seitdem ich eingetroffen bin. Sie müssen es vorher getan haben.« Rufe hallen von der Spitze des Kliffs an der Mauer wider, und betrunkene Zuschauer spähen zu Tim und uns herunter. »Wir sollten Eintritt verlangen«, sagt Jewel bitter. Sie sieht, wie mein Kinn bebt, und drückt meinen Arm. »Das Zelt wird gleich gebracht.«
    Ihre kleine Geste des Mitgefühls lässt den Panzer bersten, den ich über meine Emotionen gelegt hatte. Tief in meinem Innern wallt eine ätzende Mischung aus Schuldbewusstsein und Zorn auf und sucht nach einem Ventil. Jewel drückt meinen Arm fester.
    »Nur mit der Ruhe.«
    »Wir sind zusammen aufgewachsen«, flüstere ich.
    Jewel nickt mitleidig. »Der Junge hat bestimmt kein leichtes Los gehabt. Ich habe manchmal mit seinem Dad zusammengearbeitet. Ich konnte Dr. Jessup nie leiden. Kalt wie ein Skalpell.«
    Sie hat den Kern von Tims familiären Problemen genau getroffen. Der auf dem Boden liegende Körper war fünfundvierzig Jahre lang am Leben, doch die Seele, die in ihm wohnte, war bis heute Nacht nie der Kindheit entkommen.
    »Bleiben wir in Verbindung?«, frage ich.
    Jewel bedenkt mich mit einem traurigen Lächeln der Ermutigung. »Das weißt du doch.«
    Ich kehre an den trüben Rand des Lichtes zurück, wo Chief Logan mit einem Mann im Schatten spricht. Als ich mich den beiden nähere, erkenne ich den Neuankömmling. Es ist Shadrach Johnson, der Bezirksstaatsanwalt von Natchez, den ich vor zwei Jahren bei der Bürgermeisterwahl besiegt habe. Die Wahlkampfnarben sind noch nicht verheilt, doch unsere Auseinandersetzungen hatten bereits fünf Jahre vorher begonnen.
    »Wen haben wir denn da?«, sagt Shad mit spöttischer Ehrerbietung. »Sie sind ja noch sehr spät unterwegs, obwohl an diesem Wochenende so viele Bürgermeisterpflichten auf Sie warten.«
    Shad wurde in Natchez geboren, zog jedoch in seiner Jugend nach Chicago. Dort erhielt er ein Stipendium, besuchte die Universität und

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