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Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl

Titel: Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Iles
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Gebäude Generationen von weißen Arbeiterfamilien, doch in den vergangenen zehn Jahren sind einige Häuser von afroamerikanischen Familien übernommen worden. Trotz ihres Alters und der billigen Materialien, mit denen sie gebaut wurden, sind die meisten Häuser in gutem Zustand, frisch gestrichen und von gepflegtem Rasen umgeben. Wenn man tagsüber durch die Siedlung fährt, fallen einem die zahlreichen Kinder, Hunde, Fahrräder, Blumen, Rasenornamente und mit Glitzerfarbe gestrichenen Sportfischerboote auf, die auf dem Gras neben den Auffahrten geparkt sind. Tim und Julia kauften sich eines der schäbigeren Häuser, als Julia schwanger wurde, und verbrachten dann acht Monate damit, es für das Baby herzurichten. Montebello ist mit dem eleganten Ortsteil, in dem Jessup aufwuchs, nicht zu vergleichen, doch nach seinem dreißigsten Geburtstag waren Tim solche Dinge ohnehin gleichgültig. Ganz im Unterschied zu seinem Vater. Nach Tims Rückkehr habe ich bemerkt, dass es sich nicht empfahl, seinen Namen zu nennen, wenn ich auf Dr. Jessup stieß. Bei solchen Gelegenheiten sah ich nichts als Scham und Bitterkeit in den Augen des Chirurgen.
    Ich biege an der Parkway Baptist Church vom Highway 61 ab und benutze die Nebenfahrbahn hinunter nach Montebello. Durch ein Gewirr gewundener, durch Bäume beschatteter Straßen wird die Gegend in asymmetrische Abschnitte geteilt; es ist leicht, sich zu verirren, wenn man eine Weile nicht hier gewesen ist. Nachdem ich einmal falsch abgebogen bin, mache ich Maplewood ausfindig und fahre in einer langen Kurve zwischen den geparkten Autos und Pick-ups zu beiden Seiten der Straße hindurch.
    In weniger als einer Minute werde ich das Leben von Julia Stanton Jessup in Schutt und Asche legen, und plötzlich begreife ich, dass meine Empörung über Tims Tod etliche Nummern kleiner ist als das, was Julia nach dem anfänglichen Schock durchmachen wird. Die Explosion wird sich sofort ereignen, denn Julia ist keine Mimose. Sie begann ihr Leben als verhätscheltes Kind, doch das Schicksal beutelte ihre Familie schon bald, und sie überstand die Fährnisse nur dadurch, dass sie robust wurde. Ich erinnere mich, dass ich sie mal auf einer Oberstufenparty geküsst habe, als sie die neunte Klasse besuchte. Wir haben nie darüber gesprochen, aber ich habe ihre damalige Erscheinung – die eines schönen Mädchens, das gerade zur Frau wurde – nicht vergessen. Im Unterschied zu Tim hat sie sich in all den schweren Jahren den Glanz der Jugend bewahrt. Ich fürchte, dass der heutige Schock sie diesen Glanz nun doch kosten wird.
    Sobald ich Julias Haus im Blickfeld habe, weiß ich, dass etwas nicht stimmt. Die Haustür steht weit offen, aber kein Auto wartet an der Auffahrt, und niemand ist zu sehen. Die Tür erscheint als Rechteck aus schwachem gelbem Licht, das tief aus dem Innern des Hauses herrührt, obwohl »tief« für ein derart kleines Haus vielleicht nicht der exakte Begriff ist. Ich hole die Pistole, die ich auf Tims Rat zu unserem Treffen auf dem Friedhof mitbringen sollte, unter meinem Sitz hervor. Das kalte Metall ist mein einziger Trost, als ich die relative Sicherheit meines Autos verlasse und durch den flachen Hof auf das Gebäude zugehe. Vielleicht wäre es besser, Logan anzurufen und ihn um polizeiliche Unterstützung zu bitten, doch Tims Worte von gestern Nacht wollen mir nicht aus dem Kopf: »Du kannst niemandem trauen. Nicht mal der Polizei.«
    Die Gegend ist relativ ruhig. Ich höre das Geräusch von Klimaanlagen, die Mitte Oktober immer noch im Einsatz sind. Die Klänge von zwei oder drei Fernsehern wehen zur mir herüber – aus Häusern, deren Fenster geöffnet sind, um die feuchte, kühlende Nacht einzulassen. Ich drücke den Rücken gegen die Wand neben Jessups Tür und springe dann geduckt hindurch, wie ich es von einem Kriminalbeamten in Houston gelernt habe. Ich habe heute Nacht nun wirklich nicht damit gerechnet, in ein Haus einzudringen, aber in diesem kritischen Moment hat es keinen Zweck, meine Ahnungen zu analysieren.
    Während ich ein Zimmer nach dem anderen betrete, wird deutlich, dass das Haus gründlich durchsucht worden ist. Jemand hat sämtliche Schubladen und Schränke geöffnet, die Bücher von den Regalen gerissen und durchgeblättert und die Matratzen in Stücke geschnitten. Sogar die Matratze des Babys ist aus der Krippe gezerrt und aufgeschlitzt worden.
    Das Haus hat sechs Zimmer, die sich um ein zentrales Badezimmer gruppieren. Ich rufe Julias Namen für den

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