Adrenalin - Iles, G: Adrenalin - The Devil's Punchbowl
hinter uns bringen wollen, in der Dad mein Herz beobachtet, und wir haben einen ausreichenden Dialog getippt, um meinen Vater gründlich über die Umstände von Tims Ermordung zu unterrichten. Ich bin mir ziemlich sicher, dass im oberen Flur keine Videoüberwachung installiert ist – und auch keine für Tastenanschläge sensible Technologie –, denn unsere sporadischen Computergespräche hätten mittlerweile bestimmt einen Anruf durch Jonathan Sands ausgelöst.
»Einsatz«, sagt Dad.
»Entschuldige.« Ich schiebe ein Streichholz mit rotem Zündkopf über die bestickte Oberfläche des Sofakissens.
»Wenn du weiter so spielst, gehört mir dein Haus, bevor die Sonne aufgeht.«
»Tut mir leid, ich bin abgelenkt. Ich habe Angst, dass mein Herz mir wieder zu schaffen macht.«
»Die Sorge kannst du mir überlassen. Spiel lieber Poker.«
Es hat ein paar Unterbrechungen gegeben. Libby Jensen rief zweimal an, starr vor Panik, was ihrem Sohn im Gefängnis zustoßen könnte. Ich beruhigte sie im Rahmen des Möglichen, aber in Wirklichkeit wird es Zeit, dass Soren einen Preis für seine Verfehlungen zahlt. Wenn er sich das Leben ein paar Wochen lang durch Zellenstäbe ansehen muss, wird er schneller als in jedem Behandlungszentrum lernen, dass er für eine Weile genug Drogen geschluckt hat. Bei ihrem zweiten Anruf fragte Libby, ob sie vorbeikommen dürfe, aber ich lehnte ihren Vorschlag mit einer Stimme ab, die keinen Widerspruch duldete.
Zwei Minuten nachdem wir eingehängt hatten, hörte ich, wie ein Auto auf der Straße vor meinem Haus hielt. Da ich dachte, dass Libby meine Weigerung nicht akzeptiert hatte, stand ich auf und ging ans vordere Fenster. Ein Chevy Malibu mit Mietwagenschildern parkte vor Caitlins Villa. Die Beifahrertür öffnete sich, und Caitlin stieg lachend aus. Sie sagte etwas zu dem Fahrer, lief dann zu ihrer Haustür hinauf und winkte zurück. Der bohemehafte Filmemacher, den ich am Vortag kennengelernt hatte, erschien an der Fahrerseite, ging träge – vielleicht in betrunkenem Zustand – zur Veranda hinauf und folgte ihr durch die Tür. Ich konnte die beiden sogar durch mein geschlossenes Fenster lachen hören. Erbärmlicherweise hoffte ich, dass der Motor noch lief, aber das schien nicht der Fall zu sein. Ich blickte auf das Auto hinunter, bis ich merkte, dass mein Vater neben mir stand.
»Was ist los?«, flüsterte er.
»Caitlin.«
»Mhm.«
»Sie ist schon im Haus.« Ich wartete ein paar Sekunden. »Nicht allein.«
Dad dachte darüber nach, seufzte, drückte meinen Arm und setzte sich wieder auf die Couch. Ich hätte ihm folgen sollen, doch ich blieb hartnäckig – und dumm genug – und wartete ab, ob das Licht in ihrem Schlafzimmer angeknipst wurde. Dadurch wäre auch die letzte Hoffnung zerstört worden, dass sie vielleicht meinetwegen und nicht zu einer Party mit ihrem neuen Spielgefährten in die Stadt zurückgekehrt war.
Das Glas beschlug von meinem Atem, wurde klarer und beschlug erneut. Ein dutzend Mal? Hundert Mal? Dann hörte ich einen Knall, und Caitlin rannte aus dem Haus. Sie lachte immer noch, und der Filmemacher schien hinter ihr herzujagen. In einer Hand hatte sie eine Flasche Wein, die sie hochhob, als wolle sie ihm damit den Schädel einschlagen. Diesmal sprang sie auf den Fahrersitz, und der Mann – er heißt Jan, wie ich mich nun erinnerte – konnte sich kaum in den Beifahrersitz zwängen, bevor sie, ohne meinem Haus einen einzigen Blick zu gönnen, die Washington Street hinauf zum Kliff und zum Fluss raste.
Ich ging zum Sofa zurück und versuchte, den in mir aufsteigenden Zorn zurückzudrängen. Nach Tims Ermordung kam mir Caitlins Lachen unpassend vor. Inzwischen hatte sie doch gewiss von seinem Tod erfahren. Tim war kein enger Freund von ihr, aber sie hatte ihn gekannt und gewusst, dass wir einander als Jungen nahegestanden hatten. Doch sie schien nur daran zu denken, sich zu betrinken und ihrem Vergnügen nachzugehen.
Zwei Stunden nachdem sie den Wein geholt hatte, ließ das Geräusch ihres Motors mich wieder ans Fenster treten. Diesmal bog der Malibu in Caitlins Auffahrt ab. Sie stieg unsicher – aber allein – aus und näherte sich der Seitentür. Einen Moment schaute sie über die Straße, zu meinem Fenster hinauf, aber ich war so weit hinter dem Vorhang, dass sie mich nicht sehen konnte. Sie drehte sich um und verschwand im Haus.
»Ich möchte etwas auf Medline nachsehen«, sagt Dad. »Vielleicht werde ich dir ein Medikament verschreiben.« Mit einem
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