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Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect

Titel: Adrenalin - Robotham, M: Adrenalin - The Suspect Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Robotham
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der Nachttischkante. Das Messer in der einen, den geborstenen Flaschenhals in der anderen Hand stand sie ihnen auf der einen Seite des Bettes gegenüber.
    Die Klinge war nur fünf Zentimeter lang, sodass keine der beiden Wunden tief war. Aus der Hotelhalle rief Elisa die Polizei an. Sie erwog ihre Alternativen und erkannte, dass sie keine andere Möglichkeit hatte. Dann machte sie ihre Aussage. Die Jungen hatten alle einen Anwalt an ihrer Seite, als sie befragt wurden, und ihre Aussagen waren absolut übereinstimmend.
    Elisa wurde der Körperverletzung angeklagt, während sich die Jungen eine strenge Predigt vom Sergeant der Wache anhören mussten. Sechs junge Männer – mit Geld, Privilegien und einem Vorsprung im Leben – hatten sie ungestraft vergewaltigt.
    Als sie im Holloway-Gefängnis in Untersuchungshaft saß, fragte sie nach mir persönlich. Obwohl sie inzwischen älter war, wirkte sie noch genauso zerbrechlich. Sie saß auf einem Plastikstuhl, den Kopf zur Seite gelegt, sodass die Haare ihr eines Auge verdeckten. Die fehlende Ecke an ihrem Schneidezahn war mittlerweile überkront worden.
    »Glauben Sie, dass wir selbst bestimmen, wie unser Leben läuft?«, fragte sie mich.
    »Bis zu einem gewissen Grad.«
    »Und wo ist die Grenze?«
    »Da, wo uns etwas passiert, über das wir keine Kontrolle haben: ein betrunkener Autofahrer, der ein Stoppschild missachtet, Lottokugeln, die in der richtigen Reihenfolge fallen,
oder bösartige Krebszellen, die sich in unserem Körper zu teilen beginnen.«
    »Das heißt, mitbestimmen können wir nur über die kleinen Dinge.«
    »Wenn wir Glück haben. Denk an den griechischen Dramatiker Aischylos. Er starb, als ein Adler seinen kahlen Kopf für einen Fels hielt und eine Schildkröte darauf fallen ließ. Ich glaube nicht, dass er das vorhergesehen hat.«
    Sie lachte. Einen Monat später bekannte sie sich schuldig und wurde zu zwei Jahren Gefängnis verurteilt. Sie arbeitete in der Wäscherei des Gefängnisses. Immer wenn sie wütend oder verbittert über das Geschehene wurde, steckte sie ihren Kopf in einen Trockner, schrie laut in die warme silberne Trommel und ließ das Geräusch in ihrem Kopf explodieren.
    Will Elisa, dass ich mich daran erinnere – an meine eigene markige Predigt über Unglück und Schicksal? Sie rutscht von der Couch und tappt auf der Suche nach Zigaretten durchs Zimmer.
    »Du bist also hergekommen, um mir zu sagen, dass wir nicht mehr vögeln werden.«
    »Ja.«
    »Wolltest du es mir sagen, bevor oder nachdem wir im Bett waren?«
    »Ich meine es ernst.«
    »Ich weiß. Es tut mir Leid.«
    Sie lässt die Zigarette von ihren Lippen hängen, während sie den Gürtel ihres Morgenmantels zubindet. Ich erhasche einen kurzen Blick auf eine kleine stramme Brustwarze. Ich weiß nicht, ob sie wütend oder enttäuscht ist. Vielleicht ist es ihr egal.
    »Liest du meine Eingabe ans Innenministerium, wenn ich damit fertig bin?«, fragt sie.
    »Selbstverständlich.«
    »Und wenn ich dich für einen weiteren Vortrag brauche?«
    »Werde ich kommen.«

    Sie küsst mich zum Abschied auf die Wange. Ich will nicht gehen. Ich mag dieses Haus mit seinen ausgebleichten Teppichen, den Porzellanpuppen, dem winzigen Kamin und dem Himmelbett. Aber ich scheine schon zu verschwinden.
     
    Mein eigenes Haus liegt im Dunkeln bis auf ein Licht im Erdgeschoss, das zwischen den zugezogenen Vorhängen im Wohnzimmer nach draußen fällt. Drinnen ist es warm. Der Kamin im Wohnzimmer hat gebrannt. Ich kann den Geruch der rauchfreien Kohle riechen.
    Die letzten Glutbrocken glühen auf dem Rost. Als ich nach dem Lichtschalter taste, zittert meine linke Hand. In dem Sessel am Fenster erkenne ich die Umrisse von Kopf und Schultern. Unterarme liegen auf den breiten Armlehnen des Sessels. Schwarze Schuhe stehen fest auf dem polierten Holzboden.
    »Wir müssen uns unterhalten.« Ruiz macht sich nicht die Mühe aufzustehen.
    »Wie sind Sie hier reingekommen?«
    »Ihre Frau hat gesagt, ich könnte warten.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Sie können aufhören, mich für dumm zu verkaufen.« Er beugt sich ins Licht vor. Sein Gesicht ist aschfahl, seine Stimme klingt müde. »Ich habe den Gerichtsmediziner nach Chloroform gefragt. Sie haben beim ersten Mal nicht danach gesucht. Wenn jemand so viele Stichwunden hat, macht man sich nicht die Mühe, noch groß was anderes zu finden.« Er wendet sich ab und starrt in den Kamin. »Woher wussten Sie es?«
    »Das kann ich Ihnen nicht sagen.«
    »Das ist

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