Adrianas Nacht
Dank kleine Schauer der Freude in den Körper zauberte. Niemand, der nicht solchen Akt der gleichzeitigen Intimität und Lust steigernden Verweigerung erlebt hat, wird nachvollziehen können, wie nah ich daran war, mir Simones Körper doch zu nehmen oder sie zumindest auf Knien anzuflehen, sie wenigstens lecken zu dürfen. Ich rieb mit der ganzen Wollust (und Wut), die ihr galt, viel zu schnell und viel zu hart mein pochendes Glied, und während Simone ihr Becken hob und senkte, nun mit vielen kleinen fingernden Bewegungen sich dort Lust verschaffte, kam ich schon heiß und zuckend, einen leisen, brummenden, klagenden Laut ausstoßend.
Im Moment meines Höhepunktes hielt ich meine Augen geschlossen, war ganz bei mir. Als ich sie wieder öffnete, sah ich Simones Gesicht dicht vor mir. Die Hand noch reibend zwischen ihren Beinen hatte sie sich aufgerichtet, zog mit einem sanften Ruck meinen Kopf zu ihrem, meinen Mund auf ihren. In wilder Gier schoss ihre Zunge zwischen meinen Lippen, meinen Zähnen hindurch und fiel über meine Zunge her. Ein Überraschungsangriff. Dann warf sie auch ihren schmächtigen Oberkörper gegen mich, legte ihren Kopf auf meine Schulter, und mit einem Geräusch, das klang, als würde alle Luft aus ihrem Körper entweichen, kam auch sie.
Ich genoss es noch eine Weile, sie im Arm zu halten, und sie machte keinerlei Anstalten, sich mir zu entwinden. So trat Stille ein. Eine angenehme, von herrlichem Gefühl durchzogene Stille, wie ich sie lange nicht erlebt hatte.
5.
Kaum hatte ich wenig später das Krankenhaus, Adriana und die überraschende Simone verlassen, traf mich meine Einsamkeit wie ein tonnenschwerer, grauer Stein. Adriana war in den letzten Monaten so sehr ins Zentrum meines Lebens gerückt, dass dort nun ein großes Nichts klaffte. Kein Gefühl, eine leere, eisige Fläche, auf der ich dahinglitt durchs scheinbar völlig graue Nichts meiner Existenz. Ich stand an meinem Wagen auf dem Parkplatz des Krankenhauses, den frischen Geruch von Simones Parfüm noch an mir haftend, meine Geschichte für Adriana noch im Ohr, und wusste nicht mehr, wohin. Zu mir nach Hause? Dort erwartete mich nichts. Zu einem Freund? Da fiel mir keiner ein, zu dem ich jetzt, so spät, hätte fahren wollen. Wieder zu Canan? Nein. Ich stieg ins Auto, schloss mein iPhone an, wählte eine Playlist mit Songs, die ich für Adriana zusammengestellt hatte, und fuhr wieder ziellos durch die Nacht.
So eine Playlist, die man früher Mixtape nannte, war für mich immer die beste Gelegenheit, meiner zukünftigen Geliebten zu ermöglichen, schon einmal in Gedanken Lust zu bekommen, mit mir zu schlafen, sich die Atmosphäre unserer Zusammenkunft zu erträumen und damit auch zu ersehnen. Ich schuf mit meiner musikalischen Auswahl (und deshalb konnte es wirklich lange dauern, bis so ein Mixtape vollendet war) also einen Rahmen für ihre Vorfreude, falls die schon vorhanden war. War meine Angebetete noch gar nicht auf den Gedanken gekommen, dass sie mit mir schlafen wollte, so hoffte ich immerhin auf einen Achtungserfolg. Wenn einer so tolle, sinnliche Musik hat und so toll mixt, vielleicht ist es dann ja auch ganz toll, mit ihm zu schlafen?
Mein Mixtape für Adriana war natürlich auf diese Art viel zu spät dran. Wir hatten uns bereits einige Male getroffen, bevor ich es Adriana geben konnte. Ich hatte dort auch weniger ihre mögliche Vorfreude auf tollen Sex mit mir antizipiert als vielmehr meine Sehnsucht, mein Sehnen und meine Sucht nach Sex mit Adriana verewigt und gehofft, ihr ginge es ähnlich wie mir. Da war natürlich auch schon angelegt, dass das schwierig werden könnte mit der dauerhaften, auf ausgefallenen Sexabenteuern fußenden Beziehung, bei einer Frau, die ansonsten recht glücklich verheiratet war, deren Leben keinen Anlass zur Trennung bot, es sei denn, es trennten sich alle Ehen auf der Stelle. Das Scheitern meiner Sehnsucht, das vollkommen unhappy end war in die Musik bereits eingeflochten, die Furcht vor dem Alleinsein, Schmerz, Zerrissenheit, alles dabei. So tappte ich also in die eigene Falle, als ich mein eigenes Mixtape hörte, fiel erneut ins Nichts, mit vielen Geigen im Soundtrack, Ukulele und wenigen tiefen, ruhigen Beats. Die Musik brach jetzt mir mein Herz, erzählte sie doch von der Sehnsucht nach dem vermutlich Unwiederbringlichen, vom Heiligen Gral aller Popmusik, vom Elend des Verlusts, vom gebrochenen Herzen, und all diesen Schmerz erlebte ich gerade wirklich.
Ich bin nicht der Typ von
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