Adrianas Nacht
meinen Job vernünftig durchzuziehen. Ich ging ins Bad, duschte, zog mir eine Jogginghose und ein warmes Sweatshirt an und legte mich mit dem Skript zum Lesen auf mein Sofa. Nach wenigen Minuten schlief ich wieder tief und fest.
Ich erwachte vom Klingeln meines Telefons. Als ich es gefunden hatte, sprang schon der Anrufbeantworter an. Es war noch einmal Nicole. Dass auch sie mir eine gute Freundin geworden war, hatte seinen Grund in Adrianas Experimentierfreude und ihrem Mut, Dinge, die sie sich von Herzen wünschte, auch anzugehen. Aber bevor ich dazu kam, mich für Adriana an dieses exquisite Fest der Erotik, das wir zu dritt in Nicoles Haus gefeiert hatten, zu erinnern und es für Adriana niederzuschreiben, musste ich natürlich erst einmal mit Nicole sprechen, die sich augenscheinlich wirklich Sorgen um mich machte. Also rief ich Nicole direkt zurück, ließ den Spott, den sie mit manchem liebevoll ironischen Schatz, Liebling, Darling oder auch Hase verzierte, über mich ergehen, bis wir auf Adriana zu sprechen kamen. Nicole hatte sich zwei Tage zuvor an einen guten Freund, einen renommierten Neurologen, gewandt, der versprach, sich in der Sache einmal mit seinem Kollegen in der Klinik in Verbindung zu setzen und nachzuforschen, wie der genaue Zustand Adrianas einzuschätzen sei und wie man sich ihre Aussichten vorzustellen habe. Aber auch dieser gute Freund hatte Nicole gesagt, man müsse da den Ball wirklich flach halten, und auch er nannte ihr als Schlüssel, Nicole wusste den Fachterminus nicht mehr, aber eben so etwas in der Art eines total glücklich machenden emotionalen Schocks. »Was immer Ralf damit sagen wollte«, grummelte Nicole ins Telefon.
Da wir uns lange nicht gesehen hatten, verabredeten wir uns für den späteren Abend in Nicoles Lieblingsclub, dem Blue Sky im Hilton. Nachdem ich aufgelegt hatte, startete ich meinen Mac und rief Peter an, um mich mit ihm zum sonntäglichen Frühstück im Park Café zu verabreden. Meinem Vater sagte ich einen möglichen Besuch am Sonntagnachmittag zu, und nach einem kurzen Blick auf Simones Dienstplan, den sie mir gemailt hatte, sah ich, dass der Sonntagabend endlich wieder ein Abend an Adrianas Seite sein würde.
Ich saß eine ganze Weile vor meinem leeren Word-Dokument, bis mir die richtige Geschichte für den morgigen Abend einfiel. Unser Rendezvous mit Nicole hatte ich aus dramaturgischen Gründen vertagt, da ich eine langsame Steigerung der erotischen Dosis erreichen wollte, und das Date bei Nicole, das in wirklich ekstatischem Geschrei und unglaublich glücklichem Gelächter geendet hatte, sollte einer der Höhepunkte sein.
8.
An diesem schon lange vergangenen Wochenende hatte Adriana viel freie Zeit. Ihr Mann war auf Geschäftsreise und Toni bei einer Freundin eingeladen. So hatte ich mir einen kleinen abendlichen Sommerausflug für uns ausgedacht. Ich war einige Tage zuvor darauf gekommen, als ich nachmittags bei einem unserer Schauspielerklienten eingeladen war, der sein Domizil aufs Land verlegt hatte, rund eine Stunde von Hamburg entfernt. Als ich zu ihm fuhr, eine wundervolle Strecke über alte Alleen, die zum Teil wie wirkliche Laubtunnel gewachsen waren und die die sommerliche Sonne in ein oscarreifes Blitzlichtgewitter verwandelte, sah ich etwas entfernt ein kleines Freibad. Vermutlich, weil ich mich seit meiner Begegnung mit Adriana mit ständigen erotischen Hintergedanken herumschlug, bog ich in die Seitenstraße ab und nahm das Bad in Augenschein. Ein Becken, ein Sprungturm, ein kleines Gebäude, drei ältere Herrschaften und zwei Jungen schwammen und spritzen da herum. Ein sehr alter Bademeister, der im Notfall der erste zu Rettende gewesen wäre, bewachte milde lächelnd die Szenerie. Vorne prangte ein Schild: Die Wassermänner e.V. von 1956, und die Öffnungszeiten waren wochentags 11.00 bis 17.00 Uhr sowie nach Absprache. Nach Absprache klang gut. Ich ging also zum Herrn Bademeister, stellte mich vor, lachte freundlich und kam sogleich auf mein Thema. Ich würde meiner Freundin gern einen Heiratsantrag machen und dazu einen ganz besonderen Ort suchen für ein tolles sommerliches Picknick und na so lala, er wisse schon, das sei ja heute alles etwas freier, und wir wären da gern wirklich allein. Ich sei natürlich bereit, der Vereinskasse etwas zu spenden, ob ein Betrag von 200,- Euro angemessen sei, wenn ich das Bad am Samstag so vermutlich ab 21.00 Uhr für ein bis zwei Stunden ganz privat nutzen wolle. Es sei eben eine
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