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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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Kopfes.
    »Ich habe eine Nachricht Eures Vaters erhalten«, sagte er. »Monsignore Broca ist unterwegs. Er wird in drei Tagen bei uns sein.«
    Até nickte beifällig.
    Der Abt wandte sich an Perrot.
    »Ich bin Vater Domenico Profuturus.«
    »Ich heiße Perrot«, erwiderte der Junge mit schüchterner Stimme.
    Der Abt lächelte.
    »Ich weiß, wer du bist.«
    Er ergriff ein Pergamentblatt, das auf seinem Schreibtisch lag,
und las mit lauter Stimme vor, wobei er sich Até de Brayac zuwandte: »Dieser Junge hat binnen weniger Tage zwei Leprakranke, eine Pestkranke und einen am Antoniusfeuer Leidenden geheilt. Er hat eine Blutung gestoppt, zwei Wahnsinnigen die Vernunft zurückgegeben, die Brustabszesse eines Alten aufgebrochen und die Körpersäfte dreier Mönche wieder in Einklang gebracht.«
    Até erbleichte.
    »Ist Euch ein derartiges Phänomen schon einmal begegnet?«, fragte sie.
    Der Geistliche schüttelte den Kopf.
    »Nie! Nicht einmal in den Schriften der Vergangenheit!«
    Perrot aber protestierte: »Ich habe nichts von dem, was Ihr sagt, getan, mein Pater! Das schwöre ich Euch … Wenn das geschehen ist, dann ohne mein Zutun.« Er wandte sich verzweifelt an Até. »Sagt es ihm, Madame, Ihr wisst es genau, dass ich nichts dafür kann!«
    Doch die Frau schwieg. Sie war mehr und mehr von ihrem kleinen Gefangenen beeindruckt.
    Profuturus schüttelte den Kopf, bevor er sich wieder seinem Pergament zuwandte.
    »Wir haben mehrere Kranke hinter Perrots Zellenmauer untergebracht. Sobald sie die ersten Anzeichen der Besserung zeigten, entfernten wir sie schrittweise, um durch diesen Versuch herauszufinden, wie weit seine Heilkräfte reichen. Wir kamen zu dem Schluss, dass sie mehr als zweihundert Fuß im Umkreis umfassen!«
    Er betrachtete das Kind und frohlockte: »Wir haben auch bewiesen, dass deine Gabe wirkte, während du schliefst. Gewöhnlich beschränken sich Wunder auf einen Ort oder einen bestimmten Zeitpunkt. Du hingegen bist eine Art permanentes und sofortiges Wunder!«
    Até fragte beunruhigt: »Was werdet Ihr mit ihm machen?«

    »Wir werden uns bemühen, seine Kräfte zu erproben, um herauszufinden, welche davon er eines Tages vollkommen beherrschen kann. Es ist normal, dass er das Gefühl hat, er könne nichts dafür. Auch die Wundertäter der Vergangenheit wie unsere großen Heiligen waren als Kinder über ihre außerordentlichen Fähigkeiten erschrocken. Hochverehrte Persönlichkeiten wie Asklepios, Apollonius von Tyana, Mithras, Honi, der Kreiszieher, Attis und Adonis oder Theophilus der Inder haben ihre natürliche Begabung gefürchtet. Hat nicht auch Jesus zugelassen, dass seine göttliche Mission bis ins dreißigste Lebensjahr verschleiert blieb?«
    Er wandte sich an das Kind.
    »Wenn du, Perrot, durch Gottes Gnade ein Geschöpf dieser Art bist, dann wäre es schade, wenn man dich ins Verderben laufen oder mit dieser Bürde allein ließe. Du kannst dich bei Até de Brayac bedanken, sie hat dir das Leben gerettet. Die meisten unserer Mitbrüder in der Kirche denken, dass ein Wunder - ob es sich um eine Heilung oder eine Erscheinung handelt - das Werk des Teufels ist, der den Menschen etwas vorspiegelt, um sie besser in Versuchung führen zu können. Sie glauben, dass Gott dem Teufel freie Hand lässt, um unseren Glauben so auf die Probe zu stellen. Wunder, selbst wahrhafte und erwiesene, müssen mit Gewalt bekämpft werden. Das geht so weit, dass die Kirche die Erste wäre, die Jesus von Nazareth auf den Scheiterhaufen schicken würde, wenn er zurückkäme und die gleichen Wunder wirkte, die er zu seiner Zeit vollbrachte! Du kannst sicher sein, dass außerhalb dieser Mauern ein übereifriger Bischof früher oder später im Namen der natürlichen Ordnung deinen Tod gefordert hätte.«
    Profuturus ging zur Tür. Er gab dem Mönch, der dahinter wartete, ein Zeichen. Dieser rannte davon. Schweigen trat ein, dann kehrte der Mönch zurück und reichte dem Geistlichen einen Gegenstand, der mit einem ungebleichten Stoff bedeckt war.
    Profuturus legte ihn auf den Tisch.

    »Tritt näher.«
    Perrot gehorchte.
    Der Geistliche hob den Stoff hoch. Er verbarg ein Reliquiar aus Bergkristall, in dessen Innerem ein großer schwarzer Stein ruhte.
    Doch mit jedem Schritt, den Perrot näher kam, begann dieser sich zu verwandeln und mehr zu verflüssigen. Zuerst wurde er zu einer dunklen Paste und wenige Augenblicke später zu hellem, rubinrotem Blut, das glänzte, als wäre es soeben aus den Adern eines Kindes

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