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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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ihn zu Wenzel II., dem König von Böhmen, führen. »Meine Enthüllungen sind zuerst für ihn bestimmt. Anschließend werde ich um eine Audienz beim Kaiser ersuchen!«
    Nachdem er Jasomirgott seine Entdeckungen geschildert hatte, beschloss dieser, ihn zu begleiten, selbst wenn er dafür seine Stadt in der Gefahr alleine lassen musste. »Die Sache ist zu ernst.«
    Wie sich zeigte, war ihr Weg mit Hindernissen gespickt. Rainerio sah, dass das Volk durch Hungersnöte und Machtkämpfe um den Thron, die das Königreich seit fünfzehn Jahren heimsuchten, dezimiert und demoralisiert war. Nirgendwo sonst seit seinem Aufbruch aus Rom und auf der langen Wanderung von Kärnten und der Steiermark bis hierher hatte er soviel Elend zu Gesicht bekommen. Bewaffnete Banden regierten das Land. Die Dörfer waren niedergebrannt, die Familien lebten obdachlos auf den Straßen.

    Rainerio entdeckte von ferne behelfsmäßige Lager und durchquerte Weiler, die vor Kurzem Opfer eines Raubzugs geworden waren. Er begriff nun, weshalb die Einwohner von Víska, Mareks Dorf, sich mitten im Wald verschanzt hatten; sie setzten sich lieber der Bedrohung durch Wölfe aus als den marodierenden Banden der Ebenen und Täler.
    Daniel Jasomirgott, der alle Abkürzungen im Wald kannte, sorgte dafür, dass sie nicht in die Nähe der Städte kamen. Aber Rainerio bestand darauf, dass sie in einem Dorf haltmachten, wo er vor dem Altar einer Kirche in sich gehen konnte. Er betrat den heiligen Ort und betete lange mit einer Kerze in der Hand für die Rettung seiner Schwester Zapetta und ihrer beider Eltern, die er in Rom zurückgelassen hatte. Er bat den Himmel um Verständnis für sein Tun.
    Auch als sie in der Umgebung von Most anlangten, mieden sie die Stadt. Nachdem Daniel Jasomirgott Erkundigungen eingezogen hatte, führte er den Jungen in den Wald zu einem Feldlager, in dem sich einige Zelte unter die Bäume duckten und bewaffnete Männer sich um ein Feuer scharten.
    Eine Räuberbande.
    Rainerio wunderte sich. »Wollen wir nicht versuchen, denen auszuweichen?«
    »Das ist der Hof von Wenzel II. von Böhmen«, antwortete der alte Gefährte von Otto Cosmas ungerührt. »Ist das nicht der Ort, zu dem ich dich führen sollte?«
    Überrascht trat Rainerio näher an diese stämmigen, schwarzhaarigen Gestalten heran, die bis zum Schenkel vor Schmutz starrten und sich in nichts von jenen Wegelagerern unterschieden, welche die Straßen unsicher machten. Einzig die Frauen hier trugen eine Haltung und eine Eleganz zur Schau, die sie von den Dirnen unterschieden, die er in anderen Biwaks flüchtig wahrgenommen hatte.

    Die beiden Reisenden stiegen ab. Sofort wurden sie durchsucht. Jasomirgott wurde seiner Waffen beraubt.
    Man geleitete sie in das königliche Zelt. Es war weder geräumiger noch prunkvoller als die anderen. Fünf Männer hockten lauthals lachend am Boden und bissen in Fleischbrocken. Zwei von ihnen erhoben sich und umschlossen den Knauf ihres Schwertes mit der Faust. Schweigen trat ein, alle Blicke wandten sich Rainerio zu. Jasomirgott war mit gesenktem Kopf hinter ihm in die Knie gegangen.
    Rainerio machte einen Schritt auf einen der sitzenden Männer zu, auf den imposantesten, dessen Gesicht wie gemeißelt und mit Narben durchkreuzt war. Er grüßte ihn.
    Der Mann lächelte, und sein Blick wies auf eine andere Gestalt: Erst jetzt erkannte Rainerio, dass König Wenzel II. von Böhmen aus der Dynastie der Premsyliden ein zarter junger Mann von kränklichem Aussehen und höchstens siebzehn Jahre alt war.
    Alle lachten über den Irrtum des Fremden. Die Männer ließen ihre Waffen sinken.
    Rainerio machte einen langen Kniefall.
    »Ich heiße Rainerio«, sagte er, nachdem Wenzel ihn zum Sprechen aufgefordert hatte. »Ich komme aus Rom. Ich war der Schüler von Otto Cosmas.«
    Bei dem Namen Cosmas erhellte sich das noch jugendliche Gesicht des Monarchen. »Cosmas war ein Vertrauter meines verstorbenen Vaters, des Königs. Ich mochte ihn sehr. Er verschwand, als ich etwa sieben Jahre alt war, und ich habe keine Nachricht mehr über ihn erhalten. Abgesehen von der Bekanntmachung seines Todes vor einigen Monaten.«
    Rainerio erzählte ihm vom Werdegang seines Lehrers:
    »Nach seiner überstürzten Abreise aus Prag suchte Otto Cosmas Zuflucht in Rom, wo eine bedeutende mährische Gemeinde lebt. Dort machte er die Bekanntschaft des Erzbischofs von Tournai,
Kardinal Henrik Rasmussen, der am Anfang seiner Karriere als Advocatus Diaboli in der Sacra Congregatione

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