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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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für die Heiligsprechung stand. Dieser verhandelte damals seinen ersten Fall: eine Heilige aus Böhmen, die eine Vielzahl von Wundern bewirkte. Rasmussens Aufgabe war es, die Beweise zugunsten dieser Nonne zu entkräften. Er hatte den Einfall, sich unter den in Rom lebenden Mähren nach den Geschichten zu erkundigen, die über diese Frau im Umlauf waren. Otto Cosmas gab ihm detaillierte Schilderungen, die ihre turbulente Jugend aufdeckten. Diese Hinweise, zusammen mit Rasmussens Beredsamkeit, genügten, um alle Hoffnungen auf eine Heiligsprechung, für die ihre Anhänger bei der Heiligen Kongregation eintraten, zunichtezumachen. Das war Rasmussens erster Triumph. Der Kirchenanwalt begriff, welchen Nutzen er aus einer gründlichen Kenntnis der unbekannten Stationen im Leben der Heiligen ziehen konnte. In erster Linie aus ihren frühen Jahren. Er bat Cosmas, im Geheimen für ihn einen Abriss von exempla zu verfassen, der alle Erzählungen und Geschichten über die Jugend der großen Heiligen umfassen sollte. Er war überzeugt, dass dieses Instrument ihm ermöglichen würde, Vergleiche zu ziehen, und dass er dadurch besser feststellen könnte, wer sich mit der Veranlagung zum Heiligen brüsten durfte und wer nicht. Darauf gründete sich sein Ruhm in der Heiligen Kongregation! Nie verlor er einen Prozess!«
    Der König lächelte. »Otto Cosmas war für sein Universalwissen und seinen methodischen Geist berühmt. Es verwundert mich nicht, dass er sich in einer Stadt wie Rom als nützlich erweisen konnte.«
    »Er arbeitete unermüdlich im Dienste des Kardinals; dieser versorgte ihn mit Geld und mit Büchern aus der ganzen Welt; bei Bedarf schickte er Emissäre in entlegene Diözesen am Rande der Christenheit, um eine Information über einen Heiligen zu untermauern. Otto Cosmas verließ nie sein Haus. Als er alt und erschöpft wurde, zog er einen Assistenten zu Hilfe: mich.«

    Rainerio erklärte, Rasmussen habe Cosmas so viele Dokumente zukommen lassen, dass das Werk über die Heiligen und ihre Jugend erschreckende Ausmaße annahm und nicht vor dem Tod des Meisters vollendet werden konnte; Rainerio habe sich dann entschlossen, es alleine fertigzustellen. »Ich trat in die Dienste von Kardinal Rasmussen ein, der bei mir die Qualitäten wiederfand, die er bei Otto Cosmas geschätzt hatte: Fleiß und Diskretion. Von nun an ging ich ihm bei der Vorbereitung seiner Plädoyers als Advocatus Diaboli zur Hand, und ich fuhr damit fort, Material für das Leben der Heiligen von Otto Cosmas zu sammeln. Dabei interessierte ich mich besonders für die Fälle von Jungen und Mädchen, die in jüngster Zeit wundersame Gaben gezeigt hatten, welche möglicherweise denen der Heiligen entsprachen.«
    Rainerio erläuterte, dass seine Nachforschungen ihn auf die Spur von Machenschaften geführt hätten, die in der Entführung von Wunderkindern gipfelten, und dass diese Machenschaften von bedeutenden Persönlichkeiten der römischen Kurie gesteuert waren.
    »Zusammen mit Monsignore Rasmussen machte ich eine aufschlussreiche Entdeckung nach der anderen. Das Ergebnis unserer Arbeiten bewies, dass in Rom seit etwa dreißig Jahren ein illegaler Prälatenkonvent namens Meggido existiert, der Mirakel »in Echtzeit«, falsche Wunder, falsche Erscheinungen und vorgeblich in Erfüllung gegangene Prophezeiungen inszeniert, um den Herrschaftseinfluss Roms auf die Gläubigen zu festigen und ihnen enorme Schenkungen abzuverlangen.«
    Unter den Zuhörern rings um den König machte sich Gemurmel breit. Wenzel II. war aufgestanden. Noch ließ er sich seine Überraschung nicht anmerken. Er befahl Rainerio fortzufahren.
    »Dieses geheime Netz, das sich der Autorität des Papstes entzieht, blüht offenbar besonders während Perioden des Interregnums auf. Sobald es politisch wünschenswert erscheint, taucht eine Jungfrau Maria auf, ein Priester steht von den Toten auf, ein
christlicher Schatz wird entdeckt und wendet die allgemeine Meinung zugunsten der Kirche!«
    Diese Enthüllung rief unter den Zuhörern Empörung hervor.
    »Wo sind die Beweise für das, was du vorbringst?«, fragte einer der Männer um den König.
    Rainerio senkte den Kopf.
    »Ich hätte sie Euch zu eigenen Händen übergeben können, wenn ich nicht auf den Straßen Kärntens all meiner Habe beraubt worden wäre. Ich hatte in verschlüsselter Sprache alle Schlussfolgerungen unserer Untersuchung bei mir. Ihr schüttelt den Kopf, meine Herren, das solltet Ihr nicht. Habt Ihr etwas zu

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