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Advocatus Diaboli

Titel: Advocatus Diaboli Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Romain Sardou Hanna van Laak
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erlebt habe. Ich schreibe ihn nieder, um Euch die zwingenden Gründe zu erläutern, die mich zu dieser äußersten Maßnahme getrieben haben:
    Ich habe die Gemeinschaft der Gläubigen von Cantimpré mit dem Kirchenbann belegt.
    A ugustodunensis saß alleine am großen Tisch des Pfarrhauses. Er schrieb dicht gedrängte, zittrige Buchstaben auf das helle Velinpapier. Die Hälfte seines Gesichts trug frische Brandwunden. Er litt solche Schmerzen, dass er sich jedes Wort mühsam abringen musste.

    Seit dem Fortgang von Pater Aba hatte das Schicksal dem Vikar von Cantimpré übel mitgespielt.
    Das unerklärliche Verschwinden des Priesters und die Ermordung Paulins auf der Hochebene hatten die Bevölkerung empört und in Angst und Schrecken versetzt.
    Anschließend hatte eine der schwangeren Frauen im Dorf, verstört durch die Ereignisse, ihr Kind verfrüht zur Welt gebracht.
    Am Tag ihrer Niederkunft stand auf allen Gesichtern, die sie umringten, Besorgnis geschrieben. Augustodunensis spürte eine noch fieberhaftere Erregung als am Tag der Beerdigung des kleinen Maurin. Es schien, als hinge die ganze Existenz der Dorfbewohner vom Ausgang dieser Wehen ab, und es hätte nichts weiter gebraucht, als dass das Neugeborene mit einer Glückshaube, missgebildet, zu behaart oder von der Nabelschnur erwürgt geboren wurde, damit sich ringsum Panik ausbreitete.
    Würde die Geburt unter einem schlechten Stern stehen, so wäre dies ein Zeichen dafür, dass der Kreislauf der Wunder von Cantimpré beendet war …
    Die Antwort auf ihre Befürchtungen war schlimmer als alles, was sie sich ausgemalt hatten: Die Frau erlitt eine Totgeburt.
    Unartikuliertes Schreien und Heulen stieg zum Himmel, Entsetzen überall …
    Angesichts dieser vielen plötzlichen Schicksalsschläge suchten die Dorfbewohner nach einer Erklärung. Nach vielem Hin- und Herschwanken und wiederholten Rückziehern befanden sie schließlich, dass die Anwesenheit von Augustodunensis in Cantimpré die alleinige Wurzel allen Übels sei!
    Die Katastrophen, die über das Dorf hereingebrochen waren, konnten nur von diesem unbekannten Vikar herrühren, der aus dem Norden gekommen war und überall, wohin er ging, Kummer und Tod verbreitete.

    Vor seiner Ankunft, so argumentierten sie, sei Cantimpré glücklich und frei von allem Bösen gewesen: Augustodunensis hatte »den Zauber gebrochen«!
    Das Volk errichtete einen Scheiterhaufen, um den Verantwortlichen darauf zu richten. Man machte Jagd auf den Vikar. Die Männer schlugen mit glühenden Ästen auf ihn ein, um ihn in die Knie zu zwingen und auf den Gluthaufen zu schleppen.
    Nur wenige wagten dazwischenzugehen. Darunter war Esprit-Madeleine, die Mutter Perrots.
    Kurz bevor er den Flammen übergeben werden sollte, gelang es Augustodunensis, seine Brust zu entblößen und ein herrliches Pektorale dem Himmel entgegenzurecken. Es zeigte einen silbernen Christus mit eingelegten Edelsteinen. Augustodunensis trug es heimlich als Talisman am Leibe.
    Mit hocherhobenen Armen donnerte er: » Sacris interdicere, diris devovere, execrari!«
    Das war die Formel der Exkommunikation. » Latae sententiae. « Die schwerste von allen.
    Selbst einfache Dorfbewohner wie die von Cantimpré begriffen die Tragweite dieses Fluches.
    Zu seinem äußersten Glück oder dank einer besonderen Gnade wagte angesichts dieser Drohung niemand mehr, weiter auf den Vikar einzudringen.
    Augustodunensis raste vor Zorn, rannte in die Kirche, warf eine Fackel zu Boden, trat sie mit Füßen, riss den Ornat herunter und schmetterte das große Kreuz zu Boden.
    Er schrie: »Ihr werdet aus dem Schoß der Kirche ausgeschlossen, weil ihr Hand an einen Gesandten Gottes gelegt habt! Keiner von euch wird in die geweihte Erde des Friedhofs gebettet werden! Ihr habt vor Christus gefehlt!«
    Seine Angreifer fielen wie vom Blitz getroffen auf die Knie, als ihnen der Wahnsinn ihrer Taten bewusst wurde; Frauen verloren
die Besinnung, andere flehten ihn an, sein Urteil zurückzunehmen. Doch Augustodunensis jagte die Geächteten von dannen und vernagelte die Tür, damit niemand mehr eintreten konnte.
     
    Seit diesem Tag habe ich mich im Pfarrhaus von Pater Aba verbarrikadiert und halte mich bereit für den Fall, dass die Dorfbewohner sich neuerlich gegen mich erheben.
     
    In seinem Brief an die Oberen in Cahors verlangte Augustodunensis Hilfe: Eine stattliche Truppe sei unerlässlich, um diese Gläubigen wieder auf den rechten Weg zu bringen.
    Doch während der Vikar überlegte, wie

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