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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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sind, Suse und ich. Dabei mag ich sie sehr gern. Tine würde sagen: Wir haben das »Rennmaussyndrom«. Wüstenrennmäuse sind gesellige Tiere. Zwei Weibchen leben aber nur dann harmonisch miteinander, wenn sich eines unterordnet. Sonst gibt es Stress und Gerangel, wobei die Gewinnerin die Unterlegene bespringt und ein Duftsekret aus ihren Bauchdrüsen auf die Gefährtin sprüht. Die so Bedachte kann sich durch den gleichen Akt wieder Überlegenheit verschaffen. Anstrengend. Aber das Rennmausgerangel ist immerhin nicht so zerstörerisch wie die Vernichtungskämpfe unter Wölfinnen.
    Die Sonne ist tiefer gesunken. Mir fällt was ein: »Man kann das Wanduhrprinzip ergänzen«, schlage ich vor. »Zum Beispiel durch die 5 -zu- 1 -Regel.« Die 5 -zu- 1 -Regel ist ein Grundsatz des US -amerikanischen Starpsychologen John Gottman. Nach dieser Regel müssen auf eine negative Interaktion oder eine negative Botschaft zwischen zwei Partnern mindestens fünf positive Interaktionen oder Botschaften kommen, damit die Beziehung hält. Übertragen auf die Kommunikation unter Frauen, erst recht unter älteren Frauen, wäre diese Regel geradezu revolutionär.
    Die 5-zu-1-Regel rettet Frauenfreundschaften
    Nach dieser Regel müssten auf ein Gejammere unter Freundinnen über Gewichtszunahme oder über desinteressierte Männer oder über Doris’ Leiden als Mobbingopfer mindestens fünf positive Botschaften folgen. Also eine Bemerkung über die von Suse vorgeschlagene tolle Location hier an der romantischen Spree, den eigentlich doch ganz gesunden Krautsalat, der den Darm gut putzt, die Feststellung, dass der Biergarten hier bestimmt Griechen gehört, die unser Geld gerade in diesen Zeiten gut gebrauchen können und wir daher hier was Gutes tun. Die Tatsache, dass ich am vorvergangenen Wochenende– vor dem Hexenschuss– eine wunderschöne Wanderung um drei Seen gemacht und bis zum Schluss durchgehalten habe. Und ein Kompliment für den neue Haarschnitt von Suse, mit dem vorteilhaften Schrägpony.
    »Gute Regel, kommt mir aber ziemlich anstrengend vor«, meint Suse, als ich ihr das Prinzip samt Beispielen erklärt habe. Trotzdem grinst sie in sich hinein. Macht sie natürlich, weil sie nicht nur das Kompliment über den Biergarten freut, sondern vor allem das Lob ihres neuen Haarschnitts, das ich geschickt in meine Darlegung eingebaut habe. Wobei ich beim Schrägpony nicht das Wort »vorteilhaft« verwendet habe. Das hätte nämlich schon wieder eine Kränkung bedeutet, denn »vorteilhaft« hieße ja, man wolle damit irgendwelche »Nachteile« verbergen, und Suse hätte darauf garantiert gesagt: »Meinst du wirklich, meine Stirnfalten sind so schlimm, dass ich die Haare drüberhängen muss?«
    Schluss mit den Stirnfalten heute Abend. Inzwischen ist die Sonne schon fast hinter der Häuserkette im Westen verschwunden, man sieht nur noch einen glutroten Streifen. Die Spree schillert grünlich, aber es sieht nicht nach Umweltschmutz aus. Obwohl ich gerne mal wissen würde, wie viel Müll auf dem Grund des Flusses liegt. Einmal haben sie eine Säuberung gemacht und nicht nur ein versunkenes Auto, sondern sogar eine Leiche im Fluss gefunden. Gut, dass man nicht immer alles sehen kann, sondern das Wasser gnädig darübergleitet.
    »Die Idee ist schon gut mit dem Freundschaftsthema im Blog«, meint Suse und stützt ihr Kinn in die Hand. »Ist mal was anderes als dieser heteronormative Terror.« Ihr geht genau wie mir das Paarschema in der Werbung auf die Nerven, immer nur das Doppelpack, Weiblein mit Männlein. Selbst in den PR -Broschüren für Seniorenwohnanlagen sitzen grauhaarige Gentlemen mit den Damen im Restaurant, obwohl sich die Männer in dieser Altersgruppe oft genug schon unter der Erde oder in höheren Pflegestufen befinden.
    Ich denke an meine Großtante Zilly, die ihren Ehemann im Krieg verloren hat und mir erzählte, dass in der Nachkriegszeit die meisten Frauen gar nicht »heteronormativ«, also in einer Zweierpartnerschaft mit einem Mann, leben konnten. Zilly nannte das natürlich nicht so. Es waren einfach keine Männer mehr da. Und die wenigen, die es noch gab, führten sich auf wie die Paschas oder waren durch den Krieg traumatisiert, schilderte meine Großtante.
    In der Nachkriegszeit habe es nur zwei Möglichkeiten gegeben: Entweder die Frauen konkurrierten wie verrückt um die letzten Männer. Oder sie taten sich zusammen und waren solidarisch. Meistens war es ein Hin und Her zwischen beiden Varianten. In den Zeiten, in

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