Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte
Deutsch.
Die Neuländer haben sich ihrem Viertel auf ihre Weise angepasst. Sie ließen Videoüberwachungsanlagen an ihren Hauseingängen installieren wegen der Jugendgangs im Kiez. »Früher hätte ich so was spießig gefunden«, erklärte mir eine Neuländerin. »Heute bin ich froh über ein bisschen Überwachungstechnik.« Es wäre natürlich sicherer gewesen, in den Grunewald zu ziehen, meinte die Dame, »Aber im Alter in den Grunewald zu ziehen ist wie die Selbsteinweisung in eine Reha-Klinik. Das Lebendigste dort sind die Bäume.« So kann man es auch sehen.
Die Grünspäne haben andere Probleme: »Gemeinsame Sauna mit Männern und Frauen möchte ich bestimmt nicht«, erklärt Lise. Sie umfasst ihre Teeschale, als müsse sie Energie daraus ziehen. »Für eine gemischte Sauna bin ich zu prüde. Da müssten wir getrennte Zeiten festlegen für Männer und Frauen.« »Die Frage ist auch: Wer trägt die Energiekosten?«, fragt der Herr mit dem Grauwuschel. »Will doch nicht jeder in die Sauna. Das müssten wir dann extra ausrechnen. Oder Eintritt nehmen.«
Extra ausrechnen, Eintritt nehmen – der Gründer eines Wohnprojekts in Berlin-Pankow schilderte mir, das Risiko in einer Hausgemeinschaft bestehe darin, dass man superkleinlich werde. »Dagegen hilft nur Sympathie füreinander«, meinte der Mann. Seine Hausgemeinschaft nahm nur Neulinge auf, die von allen spontan gemocht wurden. Alles ist öko und bio in dem Haus in Pankow, vom Gemeinschaftsgarten bis zur Brauchwasseranlage und dem Einkaufsverhalten. Der Sinn der Ökowirtschaft in den Hausprojekten besteht nicht zuletzt darin, für die Leute einen gemeinsamen Nenner zu schaffen, damit ein Gruppengefühl entsteht.
Jeder Einzelne müsse für sich einen Gewinn aus der Gemeinschaft ziehen, betonte der Gründer aus Pankow. Sieben abgeschlossene Wohnungen gibt es in diesem Haus für Singles, Paare und Kleinfamilien. Jede Woche ist jemand anderes dran mit Kochen in der großen Gemeinschaftsküche im Erdgeschoss. Das gemeinsame Einkaufen und Kochen von Biowaren spare viel Geld und sei daher eine Win-win-Situation für alle, erklärte mir der Gründer. Es klang wie die Philosophie eines modernen Unternehmens.
Die K.-und-K.-Frage
Könnte man Gemeinschaft aber nicht direkter haben mit der Wohnvariante »Golden Girls«? Warum nicht mit den besten Freundinnen und Freunden im Alter eine Wohngemeinschaft gründen? Wo doch die vier alten Frauen in der US -Fernsehserie immer so lustig waren. Doch leider verschwiegen die »Golden Girls« das K.-und-K.-Problem. Die zwei »K.s«– Küche und Klo– mit Leuten teilen zu müssen, die nicht zur Familie gehören, kann für Ältere klaustrophobisch werden, erklärte mir eine Sozialpädagogin, die Wohnprojekte berät.
Das nimmt man nicht mehr so locker wie früher in der Studentenzeit, und damals war es schon nicht leicht. In der WG vor 30 Jahren hat es mich zwar nicht gestört, am Morgen ein bisschen zu warten, wenn Pit das Bad belegt hatte. Zumal ich dort mehr Zeit verbrachte als er. Aber als Pit dann jeden Abend mit seiner Freundin Silke die Küche blockierte, fühlte ich mich schon eingeengt. Bald sprachen wir über eigene Kochplatten in den Zimmern. Und dann das gemeinsame Wirtschaften: Sollte ich Pits Vorliebe für hochpreisigen Schinken mitfinanzieren oder mir lieber Tupperware mit eigenem Brotbelag in den Kühlschrank stellen?
Genau diese Probleme kämen wieder. Würde ich es heute aushalten, nur mal so theoretisch, wenn Britt jeden Tag in meiner, äh, unsrer Küche säße? Mein Gott, muss man dann jeden Abend reden? Oder würden wir es akzeptieren, dass fünf Minuten Gespräch am Tag mit der WG -Partnerin reichen? Viele Eheleute kommunizieren auch nicht länger. Was aber, wenn Britt ständig mit ihren schrägen Bekannten in der Küche hocken würde? Und hat Britt neulich in ihrer Küche zum Abendessen nicht eine Callas- CD mit Opernarien gehört, während ich beim Essen absolute Ruhe brauche?
Lise hat sich die K.-und-K.-Frage schon mal gestellt. Sie überlegte nämlich kurzzeitig, mit ihrer Freundin Inge in einer großen Wohnung im Grünspan-Block zusammenzuziehen. Doch die Autonomie in Küche und Klo war beiden wichtiger. Sie leben jetzt in zwei Wohnungen, aber immerhin als Nachbarinnen, im Grünspan-Block. Und Lise ist begeistert, dass sie sonntags ohne Aufwand mit Inge frühstücken kann.
Vielleicht sollte man eine Internetplattform gründen für Ringtausche von Wohnungen oder Angebote von mehreren Wohneinheiten in
Weitere Kostenlose Bücher