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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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als Kitt, der familiäre Strukturen ersetzensoll.
    Gemeinsamkeiten lassen sich aber nicht erzwingen. Frau K. erzählte mir, wie schwierig allein die Filmauswahl war, wenn die Bewohnerinnen zusammen ins Kino gehen wollten, als Aktivität, um das Gruppengefühl zu fördern. Da wollte eine einen Film von Margarete von Trotta sehen, eine andere stand auf Liebesfilme. Deshalb sei man schließlich gemeinsam in ein Kinocenter gefahren, in dem mehrere Filme parallel liefen. Ein Teil der Truppe ging in den deutschen Kunstfilm, ein anderer verschwand in der Hollywoodschnulze. Die Schlusszeiten stimmten allerdings nicht hundertprozentig überein, was am Ende wieder zu Abstimmungsproblemen führte, wie, ob und wo man gemeinsam noch was trinken wollte.
    Die Interessensgemeinschaft sollte schon vor dem Einzug gegeben sein. Ich würde mich für eine Hausgemeinschaft erwärmen, wenn jeder der Wohnungsnachbarn ein Instrument spielen könnte, und sei es Blockflöte. Ich selbst spiele Klavier. Hausmusik, das wäre was. Tine würde nur in ein Projekt ziehen, wenn es sich bei den Mitbewohnern um Tierliebhaber handelte und sich die Leute gegenseitig bei der Hunde- und Katzenbetreuung unterstützten. Britt träumt von einer Hausgemeinschaft mit Künstlern. Vielleicht mit einer gemeinsamen Werkstatt, wo man zusammen druckt, malt und sich über Grafikprogramme am PC austauscht.
    Bei Grünspan ringt man gerade um Gemeinsamkeit bei der Frage der Nutzung der Räume im Souterrain: »Das Saunathema sollten wir zumindest andiskutieren«, meldet sich der Mann im Sakko zu Wort, der heute offensichtlich noch nicht renoviert hat, sondern direkt von der Arbeit kommt. »Sollen wir im Souterrain einen Wasser- und einen Stromanschluss legen lassen für eine Sauna?«
    »Saunieren kannst du auch im Fitnesscenter«, gibt die Frau mit dem Leotuch zu bedenken. »Den Raum sollte man besser nutzen. Eine Bibliothek zum Beispiel könnte ein richtiger Treffpunkt sein. Vielleicht sogar für die Kinder.« »Ist doch weltfremd. Die Kinder spielen lieber Computer auf ihrer Bude«, entgegnet der Sakkoträger leicht verächtlich.
    »Weltfremd«– so was könnte unter Beleidigung laufen, unter persönlichem Angriff. Lise hatte uns im Vorfeld erklärt, dass in den Montagsmeetings von Grünspandie Regel gelte, niemals persönlich anzugreifen. Und wenndoch, sich am Ende der Sitzung dafür zu entschuldigen.
    Ich gehe zum Tisch, gieße heißes Wasser in eine Tasse und hänge einen Beutel Yogitee rein. Ein bisschen mühsam ist das schon hier bei Grünspan. Aber das ist das reale Leben. Es gibt so viele Illusionen über die »neuen Wohnformen«.
    Neuland betreten
    Sozialexperten haben mal erhoben, dass sich in Berlin Tausende von Leuten, die als Single leben, neue Wohnformen wünschen. Gerne auch mit mehreren Generationen unter einem Dach. Allerdings müssen schon gute Bedingungen gegeben sein. Und da wird es schwierig.
    Die Leute wünschen sich einen leer stehenden Altbau im idyllischen Kiez mit Wohnungen zu bezahlbaren Mieten, die alle Südwestbalkone haben und Bäume vor den Fenstern und Wohnungsschnitte mit mehr als einem Bad. Und Stuck und Erker, ganz abgesehen vom neu eingebauten Aufzug und ausreichend Parkplätzen in der Nähe. So was gibt es aber nicht.
    Wer was Neues will, muss auch was Neues wagen. So wie die Hausgemeinschaft, die in Berlin in einen sogenannten »sozialen Brennpunkt« zog. In einem Betonblock aus dem sozialen Wohnungsbau in Nord-Neukölln standen zwölf Wohnungen leer. Die Gruppe mietete einige davon an und gab sich den Namen »Neuland e. V.«.
    Die Leute hatten sich über Anzeigen kennen gelernt. Zuerst zeigten sich 30 Leute interessiert an einer Hausgemeinschaft fürs Alter. Am Ende blieben zwölf übrig. Zwei Ehepaare, ein schwules Paar in eingetragener Lebensgemeinschaft und einige alleinstehende Frauen sind darunter. Alle sind über 50 , einige auch über 60 . Die Neuländer sind von Beruf Lehrer, Psychotherapeutin, Krankengymnastin oder berentet. Alle verbinden die Liebe zur Hausmusik, der Spaß an Wanderreisen und eine humanistische Weltanschauung.
    Der Wechsel in den Multikulti-Kiez hat für die Neuländer geklappt, bis jetzt ergriff noch keiner die Flucht. In der Gegend gibt es jede Menge kleiner Läden. Wer sich mit exotischem Obst und preiswerten Winterjacken versorgen oder einen Billigflug nach Sri Lanka buchen will, ist am rechten Ort. Außerdem geben die Neuländer einigen Kindern aus der Nachbarschaft Nachhilfeunterricht in

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