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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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nepalesischen Hocktoiletten gibt es normalerweise kein Papier, sondern eine Kanne mit Wasser. Man bedient sich im Ernstfall nur der Kanne und der linken Hand und so weiter. Wer das mental fertigbringt, ist in einem anderen Globetrotterkosmos angekommen, hat mir Winfried vor Jahren erzählt. Doch auch er hat sich verändert.
    »Das Entscheidende auf einem Campingplatz sind die Sanitärräume«, findet Winnie heute. »Und da können wir hier nicht meckern.« Es stimmt: Die Sanitärräume auf unserem Campingplatz sind blitzblank. Das habe ich gleich festgestellt, als wir ankamen. Mit Wohlgefallen bemerke ich, dass regelmäßig jemand mit Putzlappen durch die Toiletten geht. Alles unter Kontrolle.
    Wir haben die Auberginen, Zwiebeln und Kartoffeln kleingeschnippelt, das Gemüse brutzelt im Topf. Britt öffnet zwei Pakete mit Schafskäse. Es wird langsam dunkel, aber wir sind gut ausgerüstet. Winnie und ich ziehen die Stirnlampen auf. »Campen ist erst dann richtig gut, wenn es dunkel wird«, behauptet Winnie. »Dann siehst du den Mond und die Sterne. Das ist das Spektakuläre am Draußensein.« Der Mensch und die Natur– dieses Verhältnis wird im Alter enger. Wenn wir unsere eigene Sterblichkeit spüren, verbinden wir uns gerne mit Elementen, die nicht so vergänglich sind wie wir. Das ist meine Theorie.
    Kissenschlacht auf der Berghütte
    Der Tee wärmt uns von innen. Britt ist von ihrem Lidl-Thron gestiegen, hat den Stuhl zusammengeklappt und ihre alte Isomatte ausgerollt, die aussieht wie angefressen. »Der Sternenhimmel macht den Unterschied. Das Panorama hast du natürlich nicht, wenn du in einem Bungalow hockst«, verkündet sie und wirft einen Blick zur Seite.
    Dort, in einem dieser winzigen Bungalows, kochen die Lodenbaums gerade ihr Abendessen, ohne den Sternenhimmel über sich. Ich sehe im Fenster des Bungalowseinen bläulichen Schimmer. Haben die da etwa Fernsehen?
    »Man muss doch nicht jeden Sonntagabend Fernsehen gucken«, sage ich. Es klingt etwas unvermittelt. Britt muss etwas Ähnliches gedacht haben. »Wenn du überlegst, dass es Burnout-Kliniken in Arizona gibt, wo die Patienten Hunderte von Dollar am Tag zahlen, nur damit sie ihr Handy und ihren Laptop abgeben und mal ein paar Wochen ohne Mediengequake sein dürfen. Das können wir billiger haben«, meint sie und öffnet eine Rotweinflasche.
    Die Auberginen und Kartoffeln mit den Zwiebeln, dem Knoblauch und dem Tomatenmark köcheln jetzt im Topf. Mir dämmert, dass das Outdoorleben im Alter nicht nur warme Kleidung erfordert, sondern vor allem Geduld und Liebe zu den Menschen.
    Da habe ich schon einige Erfahrungen gemacht. Vor fünf Jahren buchte ich eine Bergwanderwoche für Anfänger in den Dolomiten, hoch oben in einer kleinen Hütte, mit zwölf unbekannten Mitreisenden. Zu acht schliefen wir auf engstem Raum. Vier Doppelstockbetten standen Fuß an Kopf neben- und hintereinander. Schränke gab es nicht. Mein Rucksack lag nachts auf meinen Füßen.
    Im Bett über mir lagerte ein Autoverkäufer aus Sachsen, der manchmal in der Nacht auf dem Handy von seinem Chef angerufen wurde. Im angrenzenden Bett schlummerte ein Unternehmensberater mit traurigen blauen Augen. Über ihm schnarchte ein Sonderschullehrer, den höflicherweise niemand auf seine nächtlichen Geräuschemissionen ansprach. Im Stockbett schräg gegenüber schlief eine Tanzpädagogin; ich vermied es tunlichst, ausführlicher über ihre Eheprobleme zu reden.
    Was soll ich sagen? Die Reise war super, nicht nur wegen der tollen Bergszenerie. Es war einfach mal was anderes. Ich habe inzwischen verdrängt, dass sich vor dem einzigen abschließbaren Waschbecken im Klo am Morgen eine lange Schlange von Wartenden bildete, viele von ihnen mit Jack-Wolfskin-Necessaires ausgerüstet. Außerdem fiel der Strom in der Hütte mehrmals aus. Seitdem gehört eine Stirnlampe für mich zu den unverzichtbaren Ausrüstungsgegenständen in jeder Lebenslage. Und die Kissenschlacht im Hüttenschlafraum am Ende der Reise, als wir froh waren, am nächsten Tag die Enge zu verlassen und wieder ins Tal zu kommen, das war schon lustig für damals fast 50 -Jährige. An diese Woche in den Dolomiten erinnere ich mich noch ganz genau. An viele andere Reisen nicht mehr.
    »Hüttenurlaub könnte ich nie«, hatte Freundin Suse geseufzt, als ich von der Reise erzählte. »Diese Enge in den Gruppenschlafräumen. Stelle ich mir schrecklich vor.« Suse campte zwar mit Jürgen auf einer Wüstentour schon mal unter freiem Himmel,

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