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Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte

Titel: Aelter werden ist viel schoener als Sie vorhin in der Umkleidekabine noch dachten - Neues aus der Lebensmitte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barbara Dribbusch
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zuhause ist. Das sind immer anderthalb Stunden.
    Suses Freundin Doris buchte einen Kraulschwimmkurs. Kraulen sei die ideale Technik für die zweite Hälfte des Lebens, viel besser als Brustschwimmen, weil es die Halswirbelsäule nicht so belaste, behauptete sie. Im Sommer sah ich Doris durch den Schlachtensee pflügen, den Kopf eingetaucht ins Wasser und mit den Beinen rhythmisch schlagend. Eine ältere Frau, die keine Rücksicht auf ihre Frisur nimmt und ein vertrauensvolles Verhältnis zum Wasser hat– das ist wirklich ein romantisches Bild.
    Suse versuchte es nach dem Reiten mit dem Segeln. Doch sie konnte sich an Bord dem Kapitän nicht unterordnen. Wenig später buchte sie in einer Halle in Berlin einen Kletterkurs für Späteinsteiger. Der Kurs war ein Erfolg. Suse schilderte mir, wie toll es sei, sich abzuseilen wie Batman. Man brauche auch nicht die schweren Touren zu klettern, sondern könne auf den größeren Tritten und an den breiteren Griffen emporsteigen. Das Klicken der Karabiner, die Seilkommandos und der Anblick gut gebauter Männer würden eine aufregende Atmosphäre schaffen. Suse nahm sich daraufhin im nächsten Urlaub einen Privatbergführer in den Dolomiten. Suse mit Helm neben dem braungebrannten Hannes vor der 200 -Meter-Felswand am Sellajoch: Dieses Foto ließ vergessen, dass die Tour kein besonderes Können erforderte und das Seil eines Bergführers eine verlässliche Lebensversicherung ist.
    Ich mache demnächst auch Klettersport, der Kurs für Späteinsteiger ist bereits gebucht. Ich bin schon als Kind gerne geklettert. Ich will Romantik und Abenteuer. Sport muss zuerst der Seele dienen, dann dem Körper. Was anderes halte ich sowieso nicht mehr durch.

Wenn die Kinder ausziehen: »Wir skypen dann mal!«
    Ist schon merkwürdig: Allerorten wird über die Vereinbarkeit von Beruf und Familie lamentiert, die Mehrfachbelastung der Mütter beklagt und der Stress der neuen Väter bejammert. Aber das ist Kleinkram gegenüber dem, was wir in den späten Jahren erleben. Dem Eigentlichen. Dem, was überall totgeschwiegen wird. Wozu der Politik nichts einfällt. Was man nicht mit Geld aufwiegen oder sonstwie entschädigen kann. Dabei sind 7 , 4 Millionen Menschen davon betroffen.
    7 , 4 Millionen– das sind die Mütter und Väter jener Kinder, die zwischen 17 und 20 Jahren alt sind. Die Eltern von Kindern, die weggehen. Oder die nicht weggehen, was auch ein Problem sein kann. Das kleinere, wie ich finde.
    »Loslassen«, sagt Theresa. »Du musst loslassen können.« Solche Sprüche sollte man verbieten. Jedenfalls heute. Anna, Suses Tochter, zieht aus. Suse steht traurig vor dem Haus. Sie hat Theresa und mich gebeten, seelische und praktische Unterstützung zu leisten und mitzuhelfen beim Auszug.
    Anna, 20 Jahre alt, zieht in eine Wohngemeinschaft nach Würzburg. Bis heute wusste ich gar nicht so genau, wo das liegt. In Unterfranken übrigens. Anna beginnt ein Studium in »Political and Social Studies«. Ein völlig neu konzipierter Studiengang sei das, lobt sich die Universität. So was gibt es nur in Würzburg, einer Stadt, die stolz darauf ist, mehr als 100 000 Einwohner zu haben.
    »Mit dem blauen Müllsack siehst du aus wie ein Überschwemmungsopfer, das nur ein paar Habseligkeiten retten konnte«, bemerkt Suse. Anna hat einen prall gefüllten blauen Müllsack aus dem Haus geschleppt. Da ist ihr Bettzeug drin. »Hättest du nicht eine richtige Tasche benutzen können?«, fragt Suse. »Außerdem brauchst du zwei Bettgarnituren, ihr müsst doch auch mal waschen in der Provinz.«
    Vor dem Haus steht ein alter Ford Transit, den Jürgen von irgendwem geliehen hat, für die Überführung der Habseligkeiten von Suses Tochter nach Franken. Es ist schon schräg: Der Nachwuchs entschwindet in die Provinz, während wir, Suse und ich, damals nach dem Abitur schnurstracks aus der westdeutschen Provinz nach Berlin gezogen sind– weg von den Eltern–, um aufzubrechen in ein aufregendes Metropolenleben, das unsere Kinder selbstverständlich weiterführen sollten. Welch ein Irrtum.
    »Was heißt hier Provinz, Mama«, antwortet Anna genervt und verzieht das Gesicht. »Die Uni in Würzburg hat einen guten Ruf. Ist außerdem ein Vorteil, wenn du alles mit dem Fahrrad erreichen kannst.« Anna hat Berlin satt und nichts gegen eine kleinere Stadt, die etwas überschaubarer ist, wie sie behauptet. »Ist mal was Anderes.« Außerdem verlangen die Studienbeschränkungen in Berlin einen Notendurchschnitt im Abi, den nur

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