Äon
hektischen Gestik nicht.
»Wenn Pletnew die Wahrheit sagt«, betonte Belozerski, »dann müssen wir eine Feste der Revolution begründen hier auf der Kartoffel.«
»Stein heißt das Ding«, bemerkte Garabedian.
»Kartoffel«, wiederholte Belozerski grimmig.
»Da widerspricht keiner«, sagte Mirski, der vielleicht zu viel Geduld aufbrachte.
»Wir müssen dieses Unternehmen als gleichberechtigte Partner angehen.«
»Sie haben alle Frauen«, bemerkte Mirski. Belozerski musterte ihn, als hätte er einen schlechten Scherz gemacht.
»Ja? Genosse General, ich versteh’ nicht recht…«
»Wir können nicht heimkehren – falls Pletnew recht hat«, sagte Mirski. »Um die Ideale der Revolution fortzuführen, brauchen wir… Frauen. Das ist doch klar.«
Belozerski hatte dazu nichts zu sagen.
»Vielleicht in unsrer Wissenschaftlergruppe…«, mutmaßte Garabedian.
»Die meisten sind Männer«, stellte Mirski fest. »Sehr prestigeträchtig, die Kartoffel. Darum sind nur die ersten Akademiker mit ihren Assistenten hier. Darunter vielleicht fünfzehn Frauen, auf die siebenhundert Soldaten kommen.« Er lachte glucksend und blies den Zigarettenrauch gegen das Betonfundament.
Belozerski saß mit dem Rücken zum Beton und starrte auf seine Hände, die auf die angewinkelten Knie gestützt waren. »Nicht alles in Rußland ist zerstört«, brachte er vor. »Da gibt’s Schanzen, Festungen. Davon haben Sie sicher gehört, Genosse General.«
»Die es nicht wissen müssen, denen wird nichts gesagt«, wandte Mirski ein. »Ein Gerücht ist nicht gleich Wirklichkeit.«
»Aber in Podlipki – die geheimen Hangars, die bereitstehenden Helikopter und Flugzeuge… Sicher wird der Parteisekretär, der Verteidigungsrat…«
»Vielleicht«, sagte Mirski, eher um dem Mann den Mund zu stopfen als ihm beizupflichten.
»Sie werden also mit uns in Verbindung treten.« Belozerski erhob mit strahlenden Augen den Blick. »Wir brauchen einen eigenen auswärtigen Kommunikationskanal. Wenn wir verhandeln, müssen wir verlangen…«
»Daran habe ich bereits gedacht«, sagte Mirski. »Und nun seien Sie bitte still. Ich muß über vieles nachdenken, bis Pletnew eintrifft.«
Der Laster rollte an den Schützenlöchern und den vom wissenschaftlichen Lager abmontierten Stacheldrahtzäunen vorbei. Russen in ungereimter, arktischer Tarnkleidung, von denen manche noch den Helm des Raumanzugs trugen, musterten sie skeptisch. Die eigentlichen Raumanzüge waren längst beiseitegeschafft worden und füllten nun die Deponien, zusammen mit den Schilden und den Leichen der glücklosen Soldaten. »So’n Kampf«, sagte Pletnew tonlos. »Nie wieder!« Major Annenkowski – der Vertreter der Russen in der ersten Kammer – blickte traurig aus dem Wagenfenster und strich sich durchs ziegelrote Haar. »Ich bin dankbar, daß ich noch lebe.«
Lieutenant Rudolph Jaeger übersetzte halblaut für die beiden eskortierenden Mariner. Der Laster passierte den Kontrollpunkt beim demolierten Wachhäuschen und fuhr nordwärts.
Am nördlichen Ende der Brücke Null warf Lanier einen Blick auf seine Uhr: 14:00 Uhr. Die Mariner nickten einander zu, setzten sich langsam in Bewegung und überquerten vereinbarungsgemäß die Brücke zu Fuß.
»Ich hoffe nur, diese verdammten Aufrührer wissen Bescheid«, sagte der junge Sergeant und blickte zurück auf Alexandria.
Durch Kameras in der Bohrlochöffnung der ersten Kammer überwachte Kirchner die Fahrt des Lasters auf derselben Anlage, die vor gerade dreißig Stunden die Aufnahmen vom Ende der Welt präsentiert hatte. Hinter ihm fuhr Link auf ihrem Stuhl hoch und stellte flugs ein Funksignal ein.
»Es nähert sich ein OTV«, meldete einer der wachhabenden Soldaten in der äußeren Mulde. »Kein russisches, sondern eins von uns.«
Link gestikulierte mit der einen Hand, während die andere in rascher Folge über die Tasten huschte. »Captain Kirchner, wir kriegen ein OTV von Station Sechzehn. Es ist beschädigt und konnte nicht zur Mondsiedlung ausweichen… Sir, es heißt, sie haben Judith Hoffman an Bord.«
Kirchner wirbelte auf seinem Drehstuhl herum. »Wundert mich nicht«, meinte er. »Reinholen! Miss Pickney, wo habe ich nur mein Jackett gelassen?«
32. Kapitel
Mirski marschierte langsam über das Feld – nicht so sehr aus Vorsicht, sondern eher um seine Würde zu demonstrieren und einen ersten Eindruck ihrer Verluste zu gewinnen. Lanier, Lieutenant Jaeger, Major Annenkowski und Pletnew näherten sich
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