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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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Schriftform fassen und die entsprechenden offiziellen Dokumente später ratifizieren«, sagte Mirski.
    »Wir fordern die Unabhängigkeit aller Bürger des Warschauer Pakts auf diesem Asteroiden«, sagte Belozerski. Vielgorski spitzte den Mund. Mirski stieß unwillig den Stuhl zurück und ging mit Belozerski in eine Ecke, wo sie leise, aber erregt diskutierten. Dabei warf Belozerski immer wieder böse Blicke auf Lanier und Gerhardt.
    Mirski kehrte allein an den Tisch zurück. »Ich befehlige die sowjetischen Soldaten und Bürger«, stellte er fest. »Ich bin folglich Ihr ausschlaggebender Verhandlungspartner.«
     
    Laniers Büro und Schlafraum waren geplündert, aber weiter nicht zerstört worden während der Besatzungszeit. Nachdem er fünf Stunden geschlafen hatte, holte er sich aus dem Ausgabeautomaten in der Cafeteria ein rationiertes Frühstück.
    Kirchner begegnete ihm vor dem Haupteingang zu den Frauenunterkünften. »Ich geh’ wieder hoch zum Bohrloch«, sagte er. »Da droben herrscht noch heilloses Durcheinander. Wir schaffen gerade die Toten runter – unsre und ihre. Ist ein Begräbnisgottesdienst geplant?«
    »Ich habe eine gemeinsame Feier innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden vorgeschlagen. Eine Trauerfeier.«
    Kirchner spitzte den Mund. »Wird schwerfallen, mitten unter diesem Volk zu stehen.«
    »Irgendwo muß man anfangen. Wie geht’s Hoffman? Hat sie ausgeschlafen?«
    »So viel ich weiß schon. Zwei Astronominnen haben sie in Empfang genommen und mich und die Wachen hinausgeworfen.« Er kniff die Augen zusammen und deutete mit einer Kopfbewegung in Richtung Cafeteria. »Was für eine Rolle wird mir zufallen, sobald ihr mit denen fertig seid?«
    »Captain der US Navy, nehme ich an«, sagte Lanier. »Chef der äußeren Sicherheit. Ich gedenke nicht, ihnen den Stein auf dem Präsentierteller zu überreichen.«
    »Sind sie bereit, die Waffen abzulegen?«
    Lanier schüttelte den Kopf. »Noch nicht. Sie wollen in der vierten Kammer ein befestigtes Lager errichten und erst danach über einen Waffenverzicht verhandeln. Ich mach’ heut’ nachmittag eine Privattour mit Mirski… in die Städte, die Bibliotheken.«
    »Herrje, da möcht’ ich gern dabei sein.«
    »Du kriegst auch bald Gelegenheit dazu. Wenn’s nach mir und Gerhardt geht, so sind die Bibliotheken allen zugänglich. Keine Monopole mehr.«
    »Siebte Kammer auch?«
    »In geraumer Zeit. Sie haben diesbezüglich noch nicht nachgefragt?«
    Kirchner zog die Brauen hoch. »Wurde ihnen denn nichts gesagt?«
    »Ich habe keine Ahnung, was sie ihren Militärs sagen. Aber es wird nicht lange dauern, bis sie’s erfahren. Die russischen Wissenschaftler mischen sich zwar nicht gerade unter die Soldaten – offenbar halten sie nicht viel von den Militärs. Aber irgendwann werden sie’s zu hören kriegen.« Er legte eine Pause ein und fragte dann: »Nachricht von der Erde?«
    »Überhaupt nichts. Radaraktivität im Eismeer – vielleicht ein paar Schiffe. Man sieht nicht viel. Dichter Rauch liegt über Europa, Asien und den Vereinigten Staaten. Die kümmern sich jetzt nicht um uns, Garry.«
    Kirchner ging durchs Lager und kletterte auf einen Laster, der zum Eingang des Aufzugs Null fuhr. Lanier klopfte an die Tür. Janice Polk machte auf.
    »Hereinspaziert!« sagte sie. »Sie ist wach. Ich habe ihr gerade etwas zu essen gebracht.«
    Hoffman saß auf der Couch im kleinen Eingangsbereich. Beryl Wallace und Lieutenant Doreen Cunningham, ehemalige Sicherheitsbeauftragte der ersten Kammer, saßen auf Stühlen daneben. Cunninghams Kopf war verbunden nach der Laserverwundung bei der Erstürmung des ersten Lagers durch die Russen.
    Sie erhoben sich, als Lanier eintrat; Cunningham machte Anstalten zum Salutieren, ließ aber dann grinsend die Hand wieder sinken.
    »Meine Damen, Mr. Lanier und ich haben uns viel zu erzählen«, sagte Hoffman und stellte das halbvolle Orangensaftglas auf den Tankplattentisch. Als sie allein waren, setzte sich Lanier und rückte mit dem Stuhl näher.
    »Es wird Zeit, daß ich auf den neuesten Stand gebracht werde. Ich habe nichts mehr gehört seit dem Aufbruch von der Erde. Ist es so abgelaufen, wie’s in den Bibliotheken geschildert wird?«
    »Ja«, sagte Lanier, »und der Lange Winter hat seinen Anfang genommen.«
    »Okay.« Sie kniff sich mit zwei Fingern in die Nase und rieb heftig daran. »Ende der Welt. Ist alles bekannt.« Sie seufzte, und aus dem Seufzer drohte ein Stöhnen zu werden. »Scheiße! Aber schön der

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