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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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einen Anwalt besorgen und zuteilen…«
    »Das habe ich schon veranlaßt«, teilte Olmy mit.
    Abscheu trat in Tollers Züge. »Wen?«
    »Ser Suli Ram Kikura.«
    »Sie ist mir nicht bekannt.« Er hatte noch nicht zu Ende gesprochen, als ihm schon die komplette Akte »Kikura« zum Piktographieren und Auswerten vorlag. Rasch überflog er die Daten, indem er auf Implantatlogik umschaltete, und fand nichts daran auszusetzen. »Sie scheint akzeptabel zu sein. Sie ist auf Verschwiegenheit zu vereidigen.«
    »Schon geschehen.«
    »Das politische Chaos ist längst perfekt«, sagte Toller. »Was Sie mitgebracht haben, ist brennender Zündstoff für das Pulverfaß, auf dem wir sitzen. Und alles natürlich im Namen der Pflicht.«
    »Werden Sie den Präsidenten unverzüglich informieren?« fragte Olmy und piktographierte mittels Querbalken um Erlaubnis, wieder an die Arbeit gehen zu dürfen.
    »So bald es geht«, erwiderte Toller. »Sie erstellen natürlich einen vollständigen Bericht für uns.«
    »Schon fertig«, sagte Olmy. »Kann ihn sofort übertragen.«
    Toller nickte, und Olmy griff an seinen Halsring. Der Hochgeschwindigkeitstransfer dauerte keine drei Sekunden. Toller griff zur Bestätigung des Empfangs an den eigenen Halsring.
     
    Suli Ram Kikura lebte in einem äußeren Bereich der Central City, und zwar in einer der drei Millionen dichtbesetzten Einheiten, die jungen, alleinstehenden Inkorporierten mit mittlerem sozialen und beruflichen Status vorbehalten waren. Ihre Räume waren kleiner, als es schien; dabei bedeutete ihr die Vortäuschung räumlicher Größe viel weniger als Olmy, der eine einfachere, wenn auch größere Wohnung in Axis Nader hatte. Zu Olmy fühlte sie sich teilweise aufgrund seines Alters und seiner anderen Einstellung hingezogen – und weil er sie hie und da mit wirklich interessanten Arbeiten zu betrauen pflegte.
    »Das ist die größte Herausforderung meines Lebens«, piktographierte Suli Ram Kikura an Olmy.
    »Ich wüßte nicht, wer dazu geeigneter wäre«, erwiderte er. Sie schwebten, einander zugewandt, im diskret beleuchteten Zentralraum ihrer Wohnung, umringt von piktographierten Kugeln, auf die verschiedene faszinierende und entspannende Strukturen projiziert waren. Sie hatten sich gerade geliebt, wie sie sich immer liebten: ohne Intensivierung und nur unter Verwendung der simplen Traktionsfelder der Wohnung.
    Olmy deutete auf die Sphären und verzog das Gesicht.
    »Schlicht?« fragte Ram Kikura.
    »Schlicht, bitte«, bejahte er. Sie dimmte die Beleuchtung, bis nur noch sie selbst angestrahlt wurden, und entfernte die Sphären aus dem Dekor.
    Sie hatten sich kennengelernt, als er sich über das Zulassungsverfahren zur Kindszeugung erkundigte. Er war in erster Linie an einer Persönlichkeitsverschmelzung zwischen sich und jemand Unbestimmtes interessiert gewesen. Das war vor zwanzig Jahren gewesen, als Ram Kikura mit ihrer Tätigkeit begann. Sie hatte ihm das Verfahren erläutert. Für einen homorphen Inkorporierten seines Standes war die Zulassung leicht zu bekommen. Allerdings hatte er den nächsten Schritt, die Antragstellung, unterlassen. Wie sich zeigte, hatte sich Olmy vor allem für die Theorie und weniger für die Praxis interessiert.
    Nun hatte die Sache schon ihren Lauf genommen. Mit Eleganz und gewisser Penetranz hatte sie ihn verfolgt, bis er sich fügte und sich in einer stillen Ecke des null-g-Walds der Central City verführen ließ.
    Olmys Arbeit führte ihn oft jahrelang in die Ferne, so daß ihre Beziehung den meisten Außenstehenden als lockere, flüchtige Bindung mit ständigem Hin und Her vorgekommen wäre. In der Tat hatte sie zwischendurch andere kurzlebige Verhältnisse, obwohl es derzeit wieder einmal der Brauch war, sich auf wenigstens zehn Jahre zu binden.
    Wenn Olmy wiederkehrte, gelang es ihr stets, sich freizumachen für ihn. Sie übten nie Druck aufeinander aus. Was zwischen ihnen existierte, war eine lässige, aber keineswegs läppische Harmonie und ein hoher Grad gemeinsamer Interessen. Sie erzählten sich gern von ihrer Arbeit und mutmaßten gemeinsam, wohin künftige Aufgaben sie führen würden. Immerhin waren sie inkorporal und sinnvoll beschäftigt – ein gewaltiges Privileg. Von den neunzig Millionen Bewohnern der Axis City – den »leibhaftigen« und den in City Memory gespeicherten – hatten nur fünfzehn Millionen eine sinnvolle Arbeit, wovon wiederum nur drei Millionen länger als ein Zehntel ihrer Zeit beschäftigt waren.
    »Dir scheint die

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