Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
Vom Netzwerk:
als zuvor.«
    »Die Kombination braucht ein paar Stunden zum Reifen«, erklärte Olmy. »Dann sollte Korzenowski wieder unter uns weilen.«
    »Mit Körper und so?« fragte Lanier. Patricia stand jetzt neben ihm.
    »Er wird den Werker bewohnen, bis ein Körper angefertigt ist«, erläuterte Olmy. »Er kann jedoch ein Bild von sich projizieren. Das wäre ein Zeichen für seine völlige Wiederherstellung.«
    Patricia nahm Laniers Hand und drückte sie fest. »Danke«, sagte sie.
    »Danke wofür?«
    »Weil du so tapfer warst«, sagte sie.
    Lanier schaute sie völlig verdutzt an.
     
    Patricia, Lanier und Olmy folgten dem medizinischen Werker in die Unterkünfte, wo sie die Nacht verbracht hatten. Olmy meinte, für Korzenowski sei es am besten, in einer einigermaßen vertrauten Umgebung »aufzuwachen«, in einem normalen Raum mit nüchterner Ausstattung, wo nicht zu viele Leute und keine Nichtmenschen seien. Das sahen Ry Oyu und Yates ein. »Außerdem«, sagte der Toröffner, »haben Sie fünf Jahrhunderte auf diesen Augenblick gewartet. Es ist Ihr großer Moment.«
    In der Unterkunft hatten sie fünfzehn Minuten gewartet, bevor Olmy den medizinischen Werker anwies, auch visuell zu zeigen, wie weit die ihm eingepaßte Persönlichkeit gediehen sei. Patricia hielt die Hand vor den Mund, als das Bild sich vor ihnen manifestierte.
    Es war recht verzerrt; eine Körperhälfte war groß und aufgebläht, die andere hingegen klein, ja winzig. Der räumlich-massive Eindruck war nicht überall gelungen; manche Teile waren durchscheinend, andere gar völlig transparent. Blau war der vorherrschende Farbton. Der längliche, seitlich fliehende Kopf schien sie zu betrachten und von Gesicht zu Gesicht zu blicken.
    »Keine Bange«, meinte Olmy dazu. »Das Bewußtsein über die Körperform reift als letztes.«
    Im Laufe der nächsten Minuten korrigierte sich die Verzerrung unmerklich. Das ausgeprägte Blau schlug in eine natürliche Hautfarbe um. Korzenowski rückte sich naturgetreu ins Bild, wie Olmy zufrieden feststellte. Sein Aussehen entsprach dem offiziellen Porträt des Ingenieurs: schlanker, dunkelhaariger Mann mittlerer Größe mit spitzer, langer Nase und neugierigen, belustigt blickenden dunklen Augen.
    Dennoch suchte Olmy nach Abweichungen. Das den Partiellen aufgepropfte Mysterium, das der Korzenowskischen Vorlage entsprach, war freilich nicht hundertprozentig identisch. Allerdings war die Übereinstimmung so groß, daß Korzenowski neues Bewußtsein erlangte, das wiederum die kompletten Erinnerungen der Partiellen derart prägte, daß die Persönlichkeit, die noch vor Olmys Geburt ausgelöscht – ermordet – worden war, ziemlich originalgetreu wiederhergestellt wurde.
    »Willkommen«, sagte Olmy laut.
    Das Bild betrachtete ihn lange und versuchte dann zu sprechen, indem es die Lippen bewegte, über die jedoch kein Laut kam. Plötzlich wackelte das Bild, und als es sich wieder stabilisiert hatte, sagte es: »Ich kenne dich. Ich fühle mich viel besser jetzt – ganz anders. Bin ich rekonstruiert worden?«
    »So gut es ging«, erwiderte Olmy.
    »Ich erinnere mich an so wenig… als hätte ich schlecht geträumt. Du warst ein Kind damals.«
    Olmy spürte eine Emotion in sich aufsteigen, die Ram Kikura als Entwicklungsrückschlag empfunden hätte. »Ein Junge von fünf Jahren«, sagte er. Er erinnerte sich gut an seine erste Begegnung mit den Partiellen des Ingenieurs im Apartmentspeicher, an seine Angst und Faszination angesichts des berühmten – und toten -Mannes.
    »Wie lange bin ich schon zerlegt oder tot oder was immer?«
    »Fünf Jahrhunderte«, gab Olmy zur Antwort.
    Der Fluch des Ingenieurs wäre in seiner Zeit völlig unschicklich gewesen; für Olmy aber klang er altertümlich und drollig. »Warum wurde ich zurückgeholt? Sicher war die Welt ohne mich besser dran.«
    »O nein«, ereiferte sich Olmy. »Es war uns eine Ehre, Sie zurückzuholen.«
    »Ich bin veraltet.«
    »Das läßt sich in wenigen Stunden beheben.«
    »Ich fühle mich nicht… ganz. Wie kommt das?«
    »Sie müssen reifen. Ihre Rekonstruktion ist noch in gang. Sie haben noch keinen eigenen Körper, sondern sind in einem medizinischen Werker untergebracht.«
    Wieder der Fluch, diesmal noch deftiger. »Ich bin hinter der Zeit. Nur eine geistige Mücke ließe sich im fortschrittlichsten Werker unterbringen…« Das Bild neigte den Kopf vor und musterte Olmy neugierig unter den Brauen hervor. »Ich war kaputt, nicht wahr?«
    »Ja«, sagte Olmy.
    »Was hat

Weitere Kostenlose Bücher