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Äon

Äon

Titel: Äon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bear
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erhalten blieb, herrschte zum ersten Mal seit zwölf Jahrhunderten stockfinstre Nacht in den Kammern.
    Und in der siebten Kammer machten sich an der Grenze des Wegs und am Ende der eigentlichen Kammer mechanische Werker zu schaffen und brachten starke Ladungen an, um das Nordende abzusprengen und den Weg zu kauterisieren.
    All dem standen der Präsident und seine Getreuen ziemlich machtlos gegenüber. Gardner hatte seine Revolte gut organisiert, und seine Anhänger waren mit Eifer bei der Sache. Wieder einmal bewies die Geschichte der Menschheit, daß der schlimmste politische Fehler der ist, seine Gegenspieler zu unterschätzen.
    Van Hamphuis blieb keine andere Wahl als Gardners Schlichtungsvorschlag anzunehmen und seine Regierungsgewalt auf die den radikalen Geshel zugeteilten Bezirke zu beschränken.
    Im schwerelosen Wald der Central City nun begann Pawel Mirski, den ein neomorpher Geshel-Vormund betreute, seinen Entschluß zu bereuen. Er kam sich verloren vor im Alptraum eines Hieronymus Bosch und fragte sich, ob Forscherdrang und Neugier all das Wunderliche und Beängstigende rechtfertigten.
    Es hat stets seine Kehrseite, wenn man sich völlig von seiner Vergangenheit und Kultur lossagt…
    Und Mirski hatte sich der radikalsten Lossagung aller Zeiten unterzogen.

 
62. Kapitel
     
    Olmy stand allein am Gerüst und betrachtete das Klavikel. Er wünschte sich, der Ingenieur könnte in sein Denken eingreifen und sich positiv oder anderweitig zu seinem Handeln auslassen, aber Korzenowski war inaktiv abgespeichert.
    Vasquez und Lanier schliefen noch in ihrem Kämmerchen. Die Vorstellung, acht Stunden am Stück zu schlafen, wirkte befremdend und zugleich verlockend auf Olmy. Ein langer, leerer Abschnitt im Leben, Tag für Tag; Zeit ohne Denken, eingetaucht in ein Nichts, in eine andere Welt… Talsitläuterung war zwar viel wirksamer, dennoch belustigte ihn die Feststellung, daß irgendein primitiver Teil seiner Persönlichkeit sich noch immer nach simplem Schlaf sehnte.
    Er hatte nie näher über die Unterschiede des Menschen von heute und damals nachgedacht; ausgenommen davon waren ihre Bedürfnisse, für deren Erfüllung er zu sorgen hatte. Trotz der vielen Ausstaffierung und Zusätze und Manipulationen seiner Zeit waren ungleich mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede zu registrieren.
    Yates überquerte den weichen grünen Rasen und kam zum Gerüst. Er machte ein grimmiges Gesicht.
    »Unsre Zeit ist beschränkt«, piktographierte er Olmy. »Die Verteidigungsstation bei eins Punkt neun x neun meldet starke Defektstrahlung. Die Jarts haben möglicherweise die Öffnung eines neuen, unheimlich großen Tors eingeleitet.«
    »Tor ins Herz eines Sterns?« fragte Olmy.
    »Anzunehmen. Die Stationsbesatzung bereitet den Rückzug vor.«
    Die Idee wurde schon seit Jahrzehnten in höheren Verteidigungskreisen diskutiert. Es war eine simple, aber verheerende Sache: der Weg berührte an vielen Stellen stellare Körper. Da der Weg praktisch ein hohler, leerer Schlauch war, würde durch ein Tor in den Kern eines Sterns das unter Hochdruck stehende superheiße Plasma einströmen und sich gleichmäßig im Weg verteilen. Barrieren, die zwar aus modifiziertem »Zeit-Raum« des Wegs bestanden, würden der extremen Temperatur nicht standhalten und zusammensacken und mit den Wänden glatt verschmelzen. Der Weg selber bliebe intakt, aber alles andere würde auf Milliarden von Kilometern in dem Inferno einfach in seine Bestandteile zerfallen.
    »Wie schnell würde sich die Plasmafront bewegen?« fragte Olmy.
    »Sie würde nur durch Turbulenzen verlangsamt. Die Endgeschwindigkeit könnte sechstausend Kilometer pro Sekunde erreichen.«
    »Dann blieben uns an die dreißig Stunden, um das Feld zu räumen.«
    »Falls sie das Tor nicht ferngesteuert öffnen…«
    Daß Jarts womöglich imstande war, Tore aus der Ferne zu öffnen, lag den Verteidigungsstrategen seit Jahren schwer im Magen, obwohl die Jarts bisher eine solche Fähigkeit in den von den Menschen kontrollierten Abschnitten noch nicht unter Beweis gestellt hatten; allerdings hatten Störungen im Weg viele Torforscher – einschließlich Ry Oyus Team – zur Annahme veranlaßt, daß die Jarts es hinter 2x9 praktizierten.
    »Ich habe Senator Oyu Bescheid gegeben«, fuhr Yates fort. »Ihr Vater ist bei seinen Forschern. Sie wird ihm schnellstmöglich Meldung erstatten.«
    Olmy sah Patricia und Lanier aus ihrem Kämmerchen in den Unterkünften an der Nordseite des Terminalgebäudes

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