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Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
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sicher zu sich, bevor Sie anfangen, Fußspuren zu vermessen. Kommen Sie weiter. Hier sieht's ein bißchen drunter und drüber aus, aber das stört Sie gewiß nicht.«
    Er führte Wimsey in ein kleines, karg eingerichtetes Wohnzimmer.
    »Ich fand es besser, für ein Weilchen meine Zelte gleich hier aufzuschlagen, solange ich die Hinterlassenschaft des alten Herrn sichten muß. Aber eine höllische Arbeit wird das noch sein bei diesem gräßlichen Theater wegen des Testaments. Na ja, aber ich bin nun mal der Testamentsvollstrecker, da wäre das sowieso an mir hängen geblieben. Riesig nett von Ihnen, daß Sie uns helfen wollen. Großtante Dormer war schon eine komische Sorte. Sie hat's natürlich gut gemeint, aber was sie uns allen für Scherereien damit bereitet hat! Wie kommen Sie denn weiter?«
    Wimsey schilderte ihm seine erfolglosen Bemühungen im Bellona-Club.
    »Da dachte ich, man könnte das Ganze jetzt vielleicht einmal von hier aus angehen«, sagte er. »Wenn wir genau wissen, wann er hier am Morgen fortgegangen ist, müßten wir daraus ungefähr schließen können, wann er im Bellona-Club angekommen ist.«
    Fentiman spitzte den Mund zu einem Pfiff.
    »Aber mein Verehrtester, hat Murbles Ihnen denn nicht gesagt, daß die Sache einen Haken hat?«
    »Nichts hat er mir gesagt. Er hat einfach alles mir überlassen. Was für ein Haken soll das sein?«
    »Ja, wissen Sie denn nicht, daß der alte Knabe abends gar nicht nach Hause gekommen ist?«
    »Nicht nach Hause gekommen? Wo war er denn?«
    »Keine Ahnung. Das ist es ja. Wir wissen lediglich – einen Augenblick, das erzählt Woodward Ihnen am besten selbst. Woodward!«
    »Ja, Sir?«
    »Erzählen Sie Lord Peter doch mal die Geschichte, die Sie mir erzählt haben – von dem Anruf, Sie wissen schon.«
    »Ja, Sir. Gegen neun Uhr –«
    »Einen Augenblick«, sagte Wimsey. »Ich hab's gern, wenn eine Geschichte am Anfang beginnt. Fangen wir mit dem Morgen an – dem Morgen des 10. November. Fehlte dem General an diesem Morgen noch nichts? Körperlich und geistig da, wie immer?«
    »Ganz und gar, Mylord. General Fentiman war es gewöhnt, früh aufzustehen, Mylord, denn er hatte einen leichten Schlaf, was in seinem hohen Alter ganz natürlich war. Um Viertel vor acht nahm er sein Frühstück im Bett zu sich – Tee und Toast mit Butter und ein weich gekochtes Ei, wie an jedem Tag des Jahres. Dann stand er auf, und ich half ihm beim Anziehen – das muß zwischen halb neun und neun Uhr gewesen sein, Mylord. Dann hat er nach der Anstrengung des Anziehens eine kleine Verschnaufpause eingelegt, und um Viertel vor zehn habe ich seinen Hut, Mantel, Schal und Stock geholt und ihn zum Club gehen sehen. Das war sein normaler Tagesablauf. Er schien guter Dinge zu sein – und gesund wie immer. Das heißt, er hatte natürlich schon seit langem ein schwaches Herz, Mylord, aber er kam mir eben nicht anders vor als sonst.«
    »Aha. Und für gewöhnlich saß er dann nur die ganze Zeit im Club herum und kam wieder nach Hause – wann genau?«
    »Ich war es gewohnt, sein Abendessen für Punkt halb acht vorzubereiten, Mylord.«
    »Kam er immer zur gleichen Zeit?«
    »Ohne Ausnahme, Mylord. Immer so pünktlich wie zur Parade. So war der General eben. Gegen drei Uhr nachmittags klingelte dann das Telefon. Das Telefon hatten wir wegen seines Herzens installieren lassen, Mylord, damit wir im Notfall immer sofort einen Arzt rufen konnten.«
    »Und das war auch gut so«, warf Robert Fentiman ein.
    »Ja, Sir. General Fentiman war so liebenswürdig, Sir, zu sagen, er wolle nicht, daß ich im Krankheitsfalle die alleinige schwere Verantwortung für ihn tragen müsse. Er war ein sehr freundlicher, rücksichtsvoller Herr.« Die Stimme des Dieners versagte.
    »Eben«, sagte Wimsey. »Es ist sicher ein schwerer Verlust für Sie, Woodward. Aber damit mußte man doch rechnen, oder? Ich bin überzeugt, daß Sie ganz hervorragend für ihn gesorgt haben. Was ist also um drei Uhr geschehen?«
    »Der Anruf kam aus Lady Dormers Haus, Mylord. Die Dame sei sehr krank, und General Fentiman möchte bitte sofort kommen, wenn er sie noch einmal lebend sehen möchte. Ich bin daraufhin persönlich in den Club gegangen. Telefonieren wollte ich nämlich nicht gern, weil der General doch ein wenig schwer hörte – obwohl er sonst für einen Herrn in seinem Alter noch in sehr guter Verfassung war – und er konnte das Telefon noch nie leiden. Außerdem machte ich mir Sorgen wegen des Schocks, den das für ihn bedeuten

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