Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Aerger im Bellona-Club

Aerger im Bellona-Club

Titel: Aerger im Bellona-Club Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy L. Sayers
Vom Netzwerk:
Und dann habe ich ihn schon bei Gatti essen sehen und sonst noch ein paarmal. Aber ich habe nicht die mindeste Ahnung, wo er wohnt und was er treibt.«
    »Soldat?«
    »Nein – Ingenieur oder so etwas, glaube ich.«
    »Wie sieht er aus?«
    »Nun ja – groß, dünn, graue Haare und Brille. Dem Aussehen nach um die fünfundsechzig. Könnte auch älter sein – muß wohl, wenn er ein alter Freund von Großvater ist. Soweit ich ihn verstanden habe, ging er seiner Arbeit – was das auch immer war – nicht mehr nach und wohnte irgendwo in einer Vorstadt, aber ich will tot umfallen, wenn ich noch weiß, in welcher.«
    »Das ist nicht sehr hilfreich«, sagte Wimsey. »Wissen Sie, manchmal finde ich, es geht doch nichts über die Frauen.«
    »Was haben denn die damit zu tun?«
    »Nun, ich meine, diese oberflächliche Art der Männer, Bekanntschaften zu machen, ohne die mindeste Neugier, ist ja ganz schön und ehrenwert und alles – aber sehen Sie doch mal, wie unpraktisch das ist! Bitte sehr, da sitzen Sie und geben zu, daß Sie dem Mann schon ein paarmal begegnet sind, und alles, was Sie über ihn sagen können, ist, daß er groß und dünn ist und sich in irgendeine nicht näher bezeichnete Vorstadt zurückgezogen hat. Eine Frau hätte bei den gleichen Gelegenheiten erfahren, wo er wohnt, was er tut, ob er verheiratet ist, wie viele Kinder er hat – mitsamt deren Namen und Berufen –, wer sein Lieblingsschriftsteller ist, was er am liebsten ißt, wie sein Schneider, sein Zahnarzt und sein Schuhmacher heißen, seit wann er Ihren Großvater kennt und was er von ihm hält – eine Fülle nützlicher Informationen!«
    »Das stimmt allerdings«, meinte Fentiman grinsend. »Darum habe ich ja auch nicht geheiratet.«
    »Ganz meine Meinung«, sagte Wimsey, »aber Tatsache bleibt, daß Sie als Informationsquelle ein glatter Reinfall sind. Reißen Sie sich um Gottes willen mal zusammen und versuchen Sie sich an Genaueres über den Kerl zu erinnern. Es kann für Sie eine halbe Million bedeuten zu wissen, um welche Zeit Großpapa am Morgen von Tooting Bec oder Finchley oder sonstwo aufgebrochen ist. Wenn es ein abgelegener Vorort war, würde das erklären, warum er ziemlich spät im Club angekommen ist – was für Sie von Vorteil wäre, nebenbei bemerkt.«
    »Das glaube ich gern. Ich werde mir Mühe geben, mich zu erinnern. Aber ich bin nicht sicher, ob ich es je gewußt habe.«
    »Es ist eine heikle Situation«, sagte Wimsey. »Die Polizei könnte sicher für uns herausfinden, wer der Kerl ist, aber das ist ja kein Fall für die Polizei. Und ich glaube auch nicht, daß Sie gern eine Annonce aufgeben möchten.«
    »Nun – vielleicht müssen wir das noch tun. Aber wir sind natürlich nicht scharf auf öffentliches Aufsehen, wenn es sich vermeiden läßt. Wenn ich mich doch nur noch genau erinnern könnte, was er über die Arbeit gesagt hat, der er nachging!«
    »Eben – oder was das für ein Anlaß war, bei dem Sie ihn zum erstenmal kennengelernt haben. Dann könnte man sich eventuell eine Gästeliste besorgen.«
    »Mein lieber Wimsey – das war vor zwei, drei Jahren!«
    »Oder vielleicht kennt man ihn bei Gatti.«
    »Das ist ein Gedanke. Dort habe ich ihn verschiedentlich gesehen. Ich sag Ihnen mal was. Ich gehe hin und erkundige mich, und wenn man ihn dort nicht kennt, werde ich von jetzt an ziemlich regelmäßig dort essen. Irgendwann muß er ja wieder auftauchen.«
    »Richtig. Tun Sie das. Und in der Zwischenzeit haben Sie vielleicht nichts dagegen, wenn ich mich in der Wohnung ein bißchen umsehe?«
    »Natürlich nicht. Brauchen Sie mich dazu? Oder wäre Ihnen Woodward lieber? Er kennt sich nämlich hier viel besser aus.«
    »Danke. Dann nehme ich Woodward. Kümmern Sie sich einfach nicht um mich. Ich stöbere nur herum.«
    »Tun Sie das ruhig. Ich muß hier noch ein paar Schubladen Papiere durchgehen. Wenn ich auf etwas stoße, was mit diesem Oliver zu tun hat, schreie ich nach Ihnen.«
    »Gut.«
    Wimsey verließ das Zimmer, damit Fentiman weiter arbeiten konnte, und gesellte sich zu Woodward und Bunter, die sich im Zimmer nebenan unterhielten. Ein Blick sagte Wimsey, daß es sich um das Schlafzimmer des Generals handelte. Auf einem Tisch neben einem schmalen Eisenbett stand ein altmodisches Schreibpult. Wimsey hob es hoch, wog es kurz in der Hand und ging damit zu Fentiman.
    »Haben Sie das schon geöffnet?« fragte er.
    »Ja – nur alte Briefe und dergleichen.«
    »Sie sind dabei nicht zufällig auf Olivers Adresse

Weitere Kostenlose Bücher