Aerzte zum verlieben Band 39
Gemma hatte Mühe, sich hindurchzudrängen. Am Ende der Gasse loderten helle Flammen, Sirenengeheul der nahenden Feuerwehr mischte sich mit den Schmerzensschreien der Verletzten.
Endlich hatte Gemma den Unglücksort erreicht. Ein tiefer Krater klaffte in der StraÃe, es musste eine mächtige Explosion gegeben haben. Nicht weit davon entfernt entdeckte sie Yusef in seiner wallenden weiÃen Kandoura, aber ohne seine Kopfbedeckung. Er trug eine verletzte Frau zu einem freien Platz am Ende der Gasse. Bei Gemmas Anblick verdüsterte sich seine Miene. Dennoch folgte Gemma ihm ungerührt dorthin, wo schon an die zwanzig Verletzte lagen. Dann eilte sie zu einem der Stände und griff nach einem Ballen Baumwollstoff. Der Besitzer verstand anscheinend, was sie wollte, denn er reichte ihr eine Schere. Gemma schnitt und riss Stücke vom Ballen ab, mit dem sie die schlimmsten Verbrennungen abdecken wollte. Wenn sie die Tücher mit Wasser befeuchtete, würde das helfen, die Schmerzen der Verletzten zu lindern.
âHierher, hierher!â, rief jemand, und sie hastete zu dem Mann, der ein Kind auf dem Schoà hielt. Der Junge hatte sich offensichtlich das Bein gebrochen, aber zum Glück keine Verbrennungen erlitten. Während Gemma das Bein mit Stoffstreifen stabilisierte, fielen Blutstropfen auf den provisorischen Verband. Erst jetzt bemerkte Gemma die Armwunde des Vaters, verursacht durch eine Glasscherbe, die tief im Fleisch steckte. Das Blut schoss zwar nicht aus der Wunde, aber es sickerte pulsierend daraus hervor, sodass Gemma vermutete, dass die Scherbe eine Arterie verletzt hatte. Sie band den Arm mit zwei Stoffstreifen fachgerecht ab und bedeutete dem Mann, ihn nicht zu bewegen.
Inzwischen waren auch einige Krankenwagen eingetroffen. Gemma winkte einen der Sanitäter heran, um ihm die Wunde mit der Glasscherbe zu zeigen. Glücklicherweise sprach der Mann ein wenig Englisch. Er brachte Vater und Sohn mit dem ersten Transport umgehend ins Krankenhaus.
Unwillkürlich blickte Gemma sich suchend nach Yusef um. Wo war er? Zwei Löschfahrzeuge hielten am Unglücksort, und Feuerwehrleute in Spezialanzügen arbeiteten sich in den zerstörten Bereich vor, in dem noch Verletzte vermutet wurden. Gemma ahnte, dass sich auch Yusef dort befand. Trotz ihrer Sorge um ihn hatte sie doch alle Hände voll mit der Erstversorgung der Verletzten zu tun. Sie reinigte Wunden, bandagierte und versuchte die Verletzten vor Infektionen zu warnen, auch wenn die meisten sie wohl nicht verstanden. Aber sie bedankten sich, und einige berührten scheu ihre roten Haare, denn ihr Kopftuch hatte längst Verwendung als Armschlinge gefunden.
âDu hast hier nichts zu suchen!â
Yusef klang so wütend, dass Gemma, die gerade einem Jungen das Gesicht gereinigt hatte, erschrocken zusammenfuhr. âVerstoÃe ich vielleicht gegen irgendeine Sitte?â, konterte sie aufgebracht. âIst es in deinem Land einer Frau verboten, Verletzten zu helfen? Ich sehe hier nämlich auch andere Frauen, die sich nützlich machen.â
Er sah sie sichtlich zornig an. âDu weiÃt, was ich meine. Du hättest mit Noura gehen sollen. Ich will nicht, dass du dich in Gefahr bringst. Es könnte weitere Explosionen geben.â
âUnd du bringst dich nicht in Gefahr? Ich war wenigstens vernünftig genug, hier drauÃen zu bleiben, aber du bist in die beschädigten Häuser gegangen. Stell dir vor, eines wäre eingestürzt und hätte dich unter sich begraben â¦â Ihr wurde ganz schlecht bei dem Gedanken. Erst jetzt wurde ihr bewusst, welche Ãngste sie seinetwegen ausgestanden hatte.
âDas war meine Pflichtâ, erwiderte er sehr kühl und förmlich.
Oh, er verwies sie auf seinen Platz. Das hatte sie davon, dass sie Seine Hoheit angefaucht hatte!
âUnd meine ist es, Verletzten zu helfenâ, erwiderte sie stur.
Nach kurzem Zögern nickte er in Richtung StraÃe, wo mit Blaulicht und heulenden Sirenen weitere Krankenwagen heranbrausten. âJetzt ist ausreichend Hilfe daâ, sagte er, und es klang ein wenig sanfter. âIch muss bleiben, während die Brandsachverständigen versuchen, die Explosionsursache herauszufinden. Mein Fahrer wird dich zurückbringen.â
âAber ich muss mit Noura redenâ, begann sie, doch Yusefs fester Griff um ihren Arm lieà sie verstummen.
âWenn du dich jetzt sehen könntest, würdest du nicht
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