Aerzte zum verlieben Band 43
Fensternische. An den Wänden hingen Landschaftsgemälde. In dem einen Zimmer eher traditioneller Art, in dem anderen modern und bunt, was mit den antiken Möbeln nicht so ganz harmonierte.
Rose trat näher heran, um die Bilder genauer zu betrachten. Der Maler besaà jedenfalls ein sicheres Auge und liebte Farben. Im Gegensatz zu den beschaulichen Landschaftsszenen nebenan waren diese Bilder mit kühnem Pinselstrich gemalt worden und zeigten wilde, stürmische Motive, die von Leidenschaft und Trauer zeugten. Wer diese Gemälde ausgesucht hatte, war ein Mensch mit einem ungewöhnlichen Geschmack.
Ein höfliches Hüsteln ertönte hinter ihr, und Rose fuhr herum. An der Tür stand ein Mann Ende zwanzig, der einen sehr formellen Anzug mit Krawatte und schwarze, auf Hochglanz polierte Schuhe trug. Das hellbraune, etwas zu lange Haar fiel ihm in die Stirn. Er hatte ein schmales Gesicht mit einer geraden Nase, und über den auffallend grünen Augen wölbten sich dunkle Brauen. Der breite Mund mit den nach oben gerichteten Mundwinkeln wirkte, als würde dieser Mann oft und gerne lachen.
âVerzeihungâ, entschuldigte Rose sich. âSie wollen sicher zum Doktor. Ich habe Sie nicht hereinkommen hören.â Dummerweise konnte sie sich nicht mehr an den Namen des ersten Patienten erinnern.
âUnd Sie sind?â Er sprach leise mit einem leichten Unterton von Verwunderung.
âIch bin Rose Taylor, die Vertretung für die Sprechstundenhilfe.â Sie ging auf die Tür zu, aber der Mann rührte sich nicht vom Fleck.
âWo ist Tiggy? Ich meine Mrs Smythe-Jones.â
âSie ist nicht da. Wenn Sie jetzt bitte im Wartezimmer Platz nehmen würden? Dann suche ich sofort Ihre Patientenakte heraus.â
âMeine Patientenakte?â Sein Lächeln vertiefte sich. âVerstehe. Ich könnte nicht zufällig eine Tasse Kaffee bekommen, solange ich warte?â
âSelbstverständlichâ, antwortete Rose sofort. âIch stelle gleich den Wasserkocher an.â
Als sie mit einem Tablett aus der Küche zurückkam, saà der Unbekannte auf ihrem Stuhl, die Arme hinter dem Nacken verschränkt, die langen Beine auf dem Schreibtisch.
âEntschuldigen Sie, Sir.â Es kostete Rose Mühe, höflich zu bleiben. âIch dachte, wir hätten uns darauf geeinigt, dass Sie im Wartezimmer Platz nehmen.â
Allmählich ärgerte der Kerl sie. Er tat ja gerade so, als würde ihm der Laden gehören. Aber an ihrem ersten Tag wollte sie keinen groÃen Wirbel veranstalten. Sie brauchte diesen Job. Er war ausgesprochen gut bezahlt, und die Arbeitszeit so flexibel, dass Rose genügend Zeit blieb, sich um ihren Vater zu kümmern. Vielleicht benahmen sich hier alle Patienten so? Immerhin war die Harley Street berühmt für ihre Privatpraxen. Trotzdem fand sie es unverschämt von dem Kerl, sie in eine solch unangenehme Lage zu bringen. Was wäre, wenn ihr Chef hereinkam und feststellte, dass sie einem Patienten gestattet hatte, ihren Platz einzunehmen? Das würde Dr. Cavendish wohl kaum gefallen.
Der Mann sprang auf, nahm ihr das Tablett ab und stellte es auf den Schreibtisch. Er sah die einzelne Tasse und hob fragend die Augenbrauen. âWas ist mit Ihnen? Wollen Sie nicht auch einen Kaffee?â
Rose zwang sich zu einem Lächeln. âNein, danke.â Rasch setzte sie sich auf ihren Stuhl, ehe er ihn wieder besetzen konnte. âAlso, wie sagten Sie noch, war Ihr Name?â
âJonathan.â Er streckte ihr die Hand entgegen. âJonathan Cavendish.â
âSie sind mit Dr. Cavendish verwandt?â
Sein Lächeln wurde noch breiter. âIch bin Dr. Cavendish.â
Rose schrak zusammen. âAber Sie sind so jungâ, stammelte sie. Sofort spürte sie, wie ihre Wangen heià wurden. Was für eine blöde Bemerkung.
Er wirkte erstaunt. âSiebenundzwanzig, wenn Sie es genau wissen wollen. Und wie alt sind Sie?â Dr. Cavendish musterte sie von oben bis unten. âNein, sagen Sie nichts. Fünfundzwanzig?â
âSechsundzwanzigâ, gestand sie widerstrebend. Er amüsierte sich über sie, und das machte sie verlegen. âMein Name ist Rose Taylor. Die Agentur hat mich geschickt, um so lange auszuhelfen, bis Ihre Sprechstundenhilfe wieder da ist.â
âWas sagten Sie, wo ist Mrs Smythe-Jones? Mir hat sie jedenfalls nichts davon erzählt, dass sie in Urlaub
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