Aerzte zum verlieben Band 55
umgeben, die lernen müssen.â
âWie geht es Jared?â
âEr lernt fleiÃig.â
âWie kommt es, dass er vom Patienten zu einem Freund geworden ist?â
âIch weià es nicht. Wahrscheinlich, weil er nicht weggehen wollte. Und jetzt habe ich ihn am Hals.â
Die brummige Antwort täuschte sie nicht. Hayley sah Tom an, wie viel ihm an Jared lag. âUnd die wahre Geschichte?â
âZwei Monate bevor ich nach Perth ging, habe ich bei ihm ein Hirn-Aneurysma geclippt. Er ist ein heller Kopf, aber wie die meisten Kinder aus den westlichen Vororten hatte er kein leichtes Leben und einen Megakomplex deswegen. Vor der Operation hat er mich eher angegrunzt, als mit mir geredet.â
Sie lächelte. âLass mich raten â du hast mit ihm geplaudert wie mit Gretel, und das hat das Eis gebrochen.â
Eine steile Falte erschien zwischen seinen dunklen Brauen. âIch habe mit ihm gesprochen wie mit allen meinen Patienten.â
âDas glaubst du. Aber einige Patienten sind schwieriger als andere. Vielleicht hast du es noch nicht gemerkt, doch du hast einen besonderen Draht zu Jüngeren.â
âNein.â
âDoch. Bei deinen Vorlesungen für die Medizinstudenten bekommt man nur noch einen Stehplatz, wenn man nicht rechtzeitig da ist â und meistens nicht einmal das.â
âWeil sie alle nachweisen müssen, dass sie teilgenommen haben.â
Scherzhaft stieà sie ihm den Ellbogen in die Rippen. âDas ist nicht der einzige Grund, das weiÃt du genau. Du bist ein auÃergewöhnlicher Dozent, weil du mit ihnen redest, nicht zu ihnen.â
An seinem kantigen Kinn zuckte ein Muskel. âIch würde lieber operieren.â
Sie spürte, wie verzweifelt er war, und fühlte mit ihm. âDas weià ich, Tom, aber das ist nicht möglichâ, sagte sie behutsam. âKönntest du dir nicht vorstellen, dein Wissen auf diesem Weg weiterzugeben? Du bist gern mit jungen Leuten zusammen. Sonst würdest du doch Jared nicht so oft zu dir einladen.â
Er seufzte. âKann sein, dass ich in Jared etwas gesehen habe, das mich an mich in dem Alter erinnert hat. Das und die Tatsache, dass er fünf StraÃen von dem Block entfernt wohnt, wo ich aufgewachsen bin.â
Hayley fiel wieder seine Bemerkung über ihre Kindheit ein. âAlso nicht an den Northern Beaches?â
Sein raues Lachen klang hart. âSo weit davon entfernt wie der Nord- vom Südpol.â
âWo dann?â
âDerrybroke Estate.â
Davon hatte sie gehört, war aber nie dort gewesen. âWie ist es da?â
âHohe Arbeitslosigkeit, die höchste der Stadt. Ein Nährboden für Kriminalität und Drogengeschäfte. Die meisten Kinder verlassen mit sechzehn die Schule.â
Hayley stellte sich Eltern vor, die jedes Opfer brachten, um ihrem intelligenten Sohn eine gute Ausbildung zu ermöglichen. âStudien haben bewiesen, dass finanzielle Umstände keine Rolle spielen, solange in einer Familie viel Wert auf Bildung gelegt wird.â
âDavon weià ich nichtsâ, erwiderte er kalt. âDass ich die Schule nicht abgebrochen habe, hat nicht das Geringste mit meiner Familie zu tun.â
âOh, ich dachte â¦â
âVergiss es.â
âTut mir leid. Aber trotzdem hast du nicht nur die Schule abgeschlossen, sondern dir auch eine beispiellose Karriere aufgebaut.â
âHatte.â
âDass sie inzwischen anders verläuft, heiÃt nicht, dass sie weniger wert ist.â
âWenn du es sagst.â
Er glaubte ihr nicht, und Hayley wünschte, sie könnte ihm begreiflich machen, was für ein wundervoller Dozent er war. âErzähl mir von früher. Bitte.â
Der dunkle Bartschatten verstärkte noch seine finstere Miene. Hayley fragte sich, ob Tom überhaupt weiterreden würde.
âDu lässt nicht locker, wie?â, sagte er, als sie die Hoffnung fast schon aufgegeben hatte.
âNein.â
Er seufzte. âMit vierzehn habe ich die Schule gehasst. Ich langweilte mich zu Tode. Damit war ich auf dem besten Weg in den Jugendstrafvollzug. Ironischerweise hat mich meine erste groÃe Untat davor bewahrt, dass es ernst wurde.â
Sie wollte alles wissen, aber sie ahnte, dass sie ihn nicht drängen durfte, und wartete stumm.
âEines Abends erwischte mich unser FuÃballtrainer auf einem Vordach der Schule. Ich hatte Farbdosen in
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